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Grüne Schnüre mit Apfelgeschmack (German Edition)

Grüne Schnüre mit Apfelgeschmack (German Edition)

Titel: Grüne Schnüre mit Apfelgeschmack (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angelika Hesse
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verpasse ich. Ich war noch nie im MC, ich habe nie Zeit, auch nicht für einen Freund.“
„Aber du liebst doch den Tanz.“
Sie zuckt die Achseln. „Ja, schon. Aber während ihr neue Leute kennenlernt, euch Baguettes reinhaut und um Jungs streitet, hänge ich ständig zwischen lauter Mädchen und muss mir jedes Stück Schokolade verkneifen. Als alte Jungfer will ich auch nicht enden.“
So habe ich das noch nie gesehen. Nina schwärmte eine Zeit für Jurij, den Neffen von Frau Zagrowa. Frau Zagrowa war wegen eines Magenleidens mehrere Wochen im Krankenhaus, Jurij sprang als Lehrer ein. Ida und ich staunten Bauklötze, dass sich Nina für einen richtigen Mann interessierte. Immerhin war Jurij mindestens zwanzig. Nina behauptete steif und fest, er wäre nicht schwul und träumte schon von einem gemeinsamen Leben mit ihm auf der Bühne. Sie Dornröschen, er der Prinz, sie Odette, er Siegfried, sie Giselle, er Prinz Albrecht. Es gab unzählige Varianten in ihrem Märchentraum. Aber Frau Zagrowa kam wieder und Jurij ging zurück in die Ukraine.
     
    Für mich war völlig klar, Nina würde sich niemals für normal sterbliche Jungs interessieren. In ihrem Zimmer hängen überall Bilder von einem italienischen Balletttänzer mit Namen Roberto Bolle, einem Primoballerino, der selbst in diesen lächerlichen glänzenden Herrenganzanzügen und in Strumpfhosen total sexy aussieht, perfekt definierter Körper, ein makelloses Modelgesicht. Nina hat die Messlatte schon verdammt hoch angesetzt. Bei ihr kann nur einer landen der beim Pas de Deux eine gute Figur macht,- dachte ich zumindest bisher.
     
    Und jetzt stelle ich fest, dass sie nicht anders denkt wie wir.
Mein schlechtes Gewissen meldet sich wieder. „Tut mir leid, dass ich die ersten drei Akte von Schwanensee verpasst habe. War schon blöd von uns. Und das alles wegen ein bisschen Singstar und einen Streit mit Ida.“
Nina winkt ab. „Schwamm drüber. So toll war die Vorstellung auch wieder nicht und unser geliehener Siegfried war echt schlecht. Wir hatten ja mal wieder keinen gescheiten Typ für die männliche Hauptrolle. Bei uns gibt es nur Weiber. Der Zickenkrieg im Studio ist schon schwer zu ertragen und jetzt zicken auch noch meine Freundinnen rum.“ Sie schielt und schneidet eine lustige Grimasse.
    „Okay, okay. Ich verspreche dir, ich werde Montag den ersten Schritt tun. Aber wehe, Ida hat die Sache mit Lauras Handy rumerzählt, das wäre echt link von ihr.“
     
    Erster Schultag nach den Osterferien. Ich werde Tim sehen, ich werde mich mit Ida wieder vertragen. Ob er heute im Bus ist? Nervös trippele ich von einem Bein auf das andere und atme tief durch, als ich in den Bus steige. Tims Arschloch-Freund sitzt direkt an der Tür und tippt mit gesenktem Kopf auf seinem Handy herum. Der hat mir gerade noch gefehlt. Finster schlängele ich mich durch die Reihen und bin bemüht, so schnell wie möglich an ihm vorbeizukommen, ohne auf mich aufmerksam zu machen. Zwei Reihen hinter ihm ist ein letzter Platz frei. Tim wird sich zu seinem Freund stellen und ich kann ein wenig spionieren.
     
    „Am Friedhof.“
    Er steigt ein, oh mein Gott. Nach der Tim-Oster-Diät bin ich völlig ausgehungert. Poch, poch, poch, jeder Kardiologe würde mir jetzt blutdrucksenkende Mittel spritzen. Tim begrüßt Arschloch per Handschlag und plaudert mit ihm. Worüber ist nicht rauszukriegen, dafür sitze ich zu weit entfernt.
    „Mozartstrasse.“
    Da steht der blonde Engel. War ja klar, dass die heute auch noch auftaucht. Lea! Mein persönlicher Alptraum hat jetzt einen Namen. Ihr Pferdeschwanz tanzt im Wind, fröstelnd presst sie ihre Tasche vor den Körper. Der Aprilmorgen ist noch knackig kalt. Von meinem Beobachtungsposten versuche ich die Szenerie mitzukriegen. Er redet mit Arschloch und dreht nicht mal den Kopf zu ihr. Lea wirkt unsicher, schaut ein paar Mal in seine Richtung, Arschloch hebt kurz die Hand zum Gruß. Sie grüßt verspannt zurück, blickt erwartungsvoll zu Tim, der ignoriert sie. Ich bin mit einem Mal hellwach. Ein interessantes Intermezzo, was sich da live und in Farbe vor mir abspielt. Sollte die große Liebe etwa so schnell wieder abgekühlt sein? Ich habe es ja gewusst, sie ist nicht die Richtige für ihn. Schadenfroh grinse ich in mich hinein. Der Tag fängt gut an, jetzt muss ich nur noch die Sache mit Ida in die Bahn kriegen.
     
    In der Schule werde ich auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt. Ida spricht kein Wort mit mir. Hocherhobenen Hauptes stolziert

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