Grüne Schnüre mit Apfelgeschmack (German Edition)
„Liebe geht durch den Magen?“ Soll wohl eher heißen, sie liegt wie ein Stein im Magen. Liebeskummer geht anscheinend direkt in die Eingeweide und sorgt dafür, dass man innerlich verfault und sich schlecht fühlt.
5.Kapitel
„Komm rein, wir haben das Haus für uns.“ Ida öffnet im Schlafanzug.
„Warum bist du denn schon im Schlafdress?“
„Ist doch eine Pyjamaparty, los zieh dich um. Wir machen es uns richtig gemütlich.“
Ich schlafe gerne bei Ida. Wir kuscheln uns in ihr Himmelbett, quatschen die halbe Nacht oder hören CDs. Wir lieben beide die alten Bibi und Tina Kassetten. Schon als Kinder haben wir die zusammen angehört und nachgespielt. Als Pferde dienten Besenstiele oder Schirme. Damit ritten wir durchs ganze Haus und stritten uns, wer Bibi sein sollte und den Teppichboden, beziehungsweise den Wassergraben, in ein rosa Blütenmeer verhexen durfte.
Ich bin froh, eine so gute Freundin zu haben, wenn ich schon Einzelkind bin. Ida hat nur einen acht Jahre älteren Bruder, Ben. Der studiert in Köln und wohnt in einer WG. Mit zehn Jahren haben wir uns deswegen feierlich zu Blutsschwestern verbündet. Es hat lange gedauert, bis wir uns trauten die Nähnadel in den Finger zu picken. Wie immer war es Ida, die mutiger war.
„Gib her, ich mach das“, beschloss sie fest, nahm zuerst meinen Zeigefinger, drückte ihn zusammen und stieß von oben mit der Nadel ins pralle Fleisch. Ohne mit der Wimper zu zucken führte sie die gleiche Prozedur bei sich durch. Danach quetschten wir jeder einen Bluttropfen aus der Miniwunde und vermischten unser Blut.
Es ist gut sich heute abzulenken und einen Girlie-Abend zu machen. Mein Anti-Tim Programm weist nämlich keine großen Fortschritte auf. Genau einen Tag habe ich es geschafft früher aufzustehen, um ihm nicht zu begegnen. Gestern bin ich dann doch mit unserem Bus gefahren. Habe es einfach nicht ausgehalten und wurde enttäuscht. Vor den Ferien verschieben sich viele Stundenpläne und anscheinend hatte er später Unterricht.
„Tatatata.“ Ida öffnet ihre Zimmertür und strahlt. Mindestens zwanzig Teelichter brennen im Raum verteilt, im CD Player läuft Eros Ramazotti und auf dem Boden steht Cola, eine Schale mit Süßkram, eine Riesenschüssel unserer Lieblingschips und zwei halbe Gläser Rotwein.
„Hat meine Mutter spendiert“, grinst sie und deutet auf die Gläser.
Eigentlich mag ich keinen Wein, der stößt einen immer so sauer hoch. Ich mag überhaupt keinen Alkohol. Auf dem Vereinsfest letztens war mir ganz schön schlecht.
„Ach komm, ein Glas zum Anstoßen“, bettelt Ida, als hätte sie meine Gedanken gelesen.
„Schon in Ordnung. Ich spül den Wein mit Chips runter.“ Meine Mutter würde mir offiziell nie erlauben Alkohol zu trinken, außer an Silvester Sekt zum Anstoßen und das nur mit O-saft verdünnt. Für sie bin ich noch ein Kind.
Wenn Ida nach den Sommerferien Vierzehn wird, darf sie in der Kellerbar ihrer Eltern eine richtige Party steigen lassen. So coole Eltern müsste man haben!
Mein Dreizehnter Geburtstag im Oktober war wieder mal erwartet unspektakulär. Mama hatte wie üblich den engsten Verwandtenkreis eingeladen. Ich saß mit Nina und Ida zwischen den ganzen Grufftis und kam mir wie ein Kleinkind vor. „Jetzt bist du ja bald eine richtige junge Dame“, sagte Onkel Frank und musterte mich unverhohlen.
„Wie groß du geworden bist. Die Jungs müssen dir ja scharrenweise hinterherlaufen“, meinte Tante Bine.
„Ach, soweit ist Paula noch nicht. In manchen Dingen ist sie doch noch sehr kindlich, nicht wahr Schatz?“ antwortete daraufhin meine Mutter, während ich die Augen verdrehte und wünschte, ich hätte meine Freundinnen nicht eingeladen. Meine Mutter kann sowas von peinlich sein.
Idas Mutter hingegen ist einfach toll. Obwohl sie nicht viel jünger als Mama sein kann, sieht sie viel jugendlicher und hipper aus. Sie trägt diese extra schmal geschnittenen Rock & Republic Jeans von Victoria Beckham. Sie kann so was tragen bei der Figur. Wie oft habe ich schon versucht meine Mutter für ausgeflipptere Teile zu begeistern. Aber sie läuft stur in ihrem Spießer Look rum. Idas Mutter war letztens sogar mit uns shoppen und anschließend noch ein Eis bei Franko essen. Ich habe genau gesehen, wie der Kellner sie angeflirtet hat. Wie lässig sie damit umgegangen ist, gelacht hat sie und ihm kokett zugeblinzelt. „Deine Mutter ist so cool“, schwärme ich oft über Britta, denn wir dürfen sie sogar duzen.
Ida
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