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Grüne Tomaten: Roman (German Edition)

Grüne Tomaten: Roman (German Edition)

Titel: Grüne Tomaten: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fannie Flagg
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sich ein Haushaltsvorstand nach seiner Meinung verhalten musste. Im Lauf der Jahre war er immer verschlossener geworden. Samstags wanderte er im Heimwerkerladen umher und suchte etwas, wusste aber nicht, was. Er ging jagen und angeln und sah sich wie andere Männer seine Football-Spiele an, doch mit der Zeit argwöhnte Evelyn, dass auch er nur eine Rolle spielte.
    Sie starrte in den leeren Eiscreme-Pappbecher und fragte sich, wohin das lächelnde Mädchen von den Schulfotos verschwunden war.

T HE W EEMS W EEKLY
    (W HISTLE S TOP , A LABAMA , W OCHENBLATT )
    2. November 1932
    W HISTLE -S TOP -S CHWEINECLUB GEGRÜNDET
    Vom Alabama-Weiterbildungsservice ermutigt, formierte sich ein regionaler Schweineclub. Wer sich informieren will, soll Mrs. Bertha Vick in ihrem Haus anrufen. Sie berichtete, eine Miss Zula Hight aus Kittrel, North Carolina, habe nach nur siebentägiger Zucht eines als reinrassig registrierten chinesischen Schweins einen Preis gewonnen. Das könne man auch hinkriegen, wenn man sich ernsthaft bemühe. Ein reinrassiges Schwein zu besitzen sei eine Auszeichnung und würde dem glücklichen Eigentümer und seiner ganzen Gemeinde zu Wohlstand verhelfen. Damit könne man die Grundlage für ein gesichertes Einkommen und einen sorgenfreien Lebensabend schaffen.
    Neulich stellte Idgie ihr brandneues Philco-Radio im Café auf. Jeder, der »Arnos ’n’ Andy« oder andere Sendungen hören will, ist willkommen und muss nichts zum Essen bestellen. Sie meint, abends klinge der Apparat besonders gut.
    Übrigens, weiß jemand, wie man Hundespuren in Zement los wird? Wenn ja, rufen Sie mich bitte an, oder kommen Sie bei mir im Postamt vorbei.
    Dot Weems

P FLEGEHEIM R OSE T ERRACE
    O LD M ONTGOMERY H IGHWAY , B IRMINGHAM , A LABAMA
    21. Januar 1986
    Evelyn öffnete ihre Handtasche und gab Mrs. Threadgoode eins von den Paprikakäse-Sandwiches, die sie in Butterbrotpapier gewickelt und von zu Hause mitgebracht hatte.
    Die alte Dame war entzückt. »Oh, danke! Ich liebe gute Paprikakäse-Sandwiches. Eigentlich mag ich jedes Essen, das so hübsche Farben hat. Finden Sie nicht auch, dass Paprikakäse eine wunderbare Farbe hat? So fröhlich. Rote Pfefferschoten liebe ich auch, und früher aß ich so gern kandierte Äpfel, aber das kann ich jetzt nicht mehr wegen meiner Zähne. Wenn ich’s recht bedenke – mir gefällt alles, was rot ist.«
    Sie dachte eine Weile nach. »Wir hatten mal eine rote Henne namens Sister. Jedes Mal, wenn ich in den Hinterhof ging, sagte ich: ›Wenn du an meinen Zehen pickst, Mädchen, brate ich dich und serviere dich mit Klößen.‹ Da legte sie den Kopf schief und trippelte seitwärts von mir weg. Sie pickte an den Zehen aller Leute, nur mich und meinen kleinen Sohn Albert verschonte sie. Diese Henne konnten wir nie essen, nicht mal während der Wirtschaftskrise. Sie starb an Altersschwäche. Wenn ich in den Himmel komme, hoffe ich, dort bei all meinen Lieben auch Sister und den Waschbären Cookie zu treffen. Die alte Sipsey ist sicher da, das weiß ich. Ich habe keine Ahnung, woher sie stammte. Bei den Schwarzen lässt sich das nie feststellen. Mit zehn oder elf fing sie für Momma Threadgoode zu arbeiten an, und da war sie aus Troutville gekommen, dem Schwarzenviertel jenseits der Gleise. Sie sagte, sie heiße Sipsey Peavey und suche einen Job, und Momma behielt sie gleich. Sie half ihr, alle Threadgoode-Kinder großzuziehen.
    Sipsey war ein dünnes kleines Ding und so komisch. Ständig spukte ihr der uralte Aberglauben der Farbigen im Kopf herum. Ihre Mutter war Sklavin gewesen, und Sipsey hatte eine Heidenangst vor bösem Zauber. Sie erzählte Momma, ihre Nachbarin in Troutville habe einem Mann jeden Abend gelbes Pulver in die Schuhe gestreut, und deshalb sei er impotent geworden. Am allermeisten fürchtete sie sich vor Tierköpfen. Wenn man ihr ein Huhn oder einen Fisch brachte oder wenn Big George ein Schwein schlachtete, rührte sie das Fleisch nicht an und begann es erst zu kochen, wenn der jeweilige Kopf draußen im Garten vergraben war. Sie behauptete, wenn man den Kopf nicht verscharre, würde der Geist des Tieres in die Köchin eindringen und sie zum Wahnsinn treiben. Poppa vergaß das mal und brachte Schweinskopfsülze nach Hause. Da schrie Sipsey wie ein Höllengespenst und rannte heim. Sie kam erst wieder in unser Haus, nachdem eine ihrer Freundinnen den bösen Geist weggezaubert hatte. Sie muss ein paar hundert Köpfe im Garten beerdigt haben. Sicher wuchsen bei uns nur deswegen

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