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Grüne Tomaten: Roman (German Edition)

Grüne Tomaten: Roman (German Edition)

Titel: Grüne Tomaten: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fannie Flagg
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einen Teilzeitjob bei der Bahn hatte, aufgeregt ins Café. Der große, bärenstarke Mann war ein Freund von Idgies Bruder Buddy gewesen. Wie immer hängte er seinen Hut an den Ständer und erklärte, er habe etwas Ernsthaftes mit Idgie zu besprechen. Sie brachte eine Tasse Kaffee in eine Nische und setzte sich zu ihm. Grady beugte sich über den Tisch zu ihr und nahm seine unangenehme Aufgabe in Angriff. »Du solltest diesen Niggern kein Essen verkaufen, Idgie, das weiß du doch. In dieser Stadt wohnen einige Leute, die gar nicht glücklich darüber sind. Niemand will in einem Lokal essen, wo Nigger hinkommen. Es ist nicht richtig, was du da tust. Lass es lieber bleiben.«
    Sie überlegte kurz, dann schüttelte sie zustimmend den Kopf. »Du hast recht, Grady, ich sollte es nicht tun.« Während er sich erleichtert zurücklehnte, fuhr sie fort: »Komisch – immer wieder tun die Menschen Dinge, die sie nicht tun dürften. Zum Beispiel du selber. Sicher finden viele Leute, du solltest am Sonntag nach dem Gottesdienst nicht über den Fluss zu Eva Bates gehen. Vor allem Gladys wäre es lieber, wenn du drauf verzichten würdest.«
    Grady, derzeit Vorbeter in der Baptistenkirche und mit der ehemaligen Gladys Moats verheiratet, die für ihr ungezügeltes Temperament bekannt war, wurde sichtlich nervös. »Ich finde das gar nicht komisch, Idgie.«
    »Ich schon. Und genauso verdammt komisch finde ich eine Bande erwachsener Männer, die sich besaufen und Bettlaken über ihre Köpfe ziehen.«
    Grady rief zur Theke hinüber. »Ruth, würdest du mal herkommen und versuchen, ihr ein bisschen Vernunft einzutrichtern? Auf mich hört sie nicht. Ich will ihr nur klar machen, dass sie sich nicht in Schwierigkeiten bringen soll, das ist alles. Wenn ich auch keine Namen nennen möchte – in dieser Stadt gibt’s ein paar Leute, die was gegen ihre Geschäfte mit den Niggern haben.«
    Lächelnd zündete sich Idgie eine Camel an. »Ich sag’ dir was, Grady. Wenn diese Leute das nächste Mal herkommen – zum Beispiel Jack Butts und Wilbur Weems und Pete Tidwell, werde ich sie fragen, ob sie unerkannt bleiben wollen, wenn ihr eure albernen Paraden veranstaltet. Seid ihr denn zu blöd, um andere Schuhe anzuziehen?«
    »Moment mal, Idgie …«
    »Ach, zum Teufel, Grady, ihr könnt niemanden hinters Licht führen. Deine Treter Größe vierzehn würde ich überall wiedererkennen.«
    Er schaute auf seine Füße hinab und merkte, wie schnell er den Kampf verlor. »Sicher, ich muss mal mit ihnen reden. Aber wirst du nun mit dem Unsinn aufhören oder nicht? Ruth, komm her und hilf mir, dieses störrische Maultier umzustimmen.«
    Ruth schlenderte zum Tisch. »Oh Grady, was kann’s denn schon schaden, wenn sie an der Hintertür ein paar Sandwiches verkauft? Diese Kundschaft kommt doch nicht zur Vordertür rein, und sie setzt sich auch an keinen Tisch.«
    »Ach, ich weiß nicht, Ruth … Ich werde mal mit den Jungs sprechen.«
    »Die Schwarzen tun niemandem weh.«
    Er dachte eine Weile nach. »Nun ja, erst mal ist das wohl okay«, entgegnete er und zeigte mit dem Finger auf Idgie. »Aber du gibst acht, dass sie immer nur zur Hintertür kommen, verstanden?« Er stand auf, nahm seinen Hut und wandte sich noch einmal zu ihr. »Spielen wir am Freitag Poker?«
    »Ja, um acht. Und bringt viel Geld mit. Ich hab’ eine Glückssträhne.«
    »Ich sag Jack und den anderen Bescheid … Bye, Ruth.«
    »Bye, Grady.«
    Idgie beobachtete, wie er das Lokal verließ, und schüttelte den Kopf. »Du hättest diesen Riesenochsen vor drei Jahren am Fluss sehen sollen, Ruth. Sternhagelvoll und tränenüberströmt wie ein Kind, weil Joe gestorben war, der alte Schwarze, der ihn aufgezogen hat. Ich hab’ wirklich keine Ahnung, was die Leute heutzutage als Gehirn benutzen. Stell dir mal vor, diese Kerle getrauen sich nicht, beim Essen neben einem Nigger zu sitzen, aber sie mampfen Eier, die direkt aus Hühnerärschen kommen.«
    »Oh Idgie!«
    »Tut mir leid.« Idgie lachte. »Aber ab und zu macht mich so was wahnsinnig.«
    »Ich weiß, aber so sind die Menschen nun mal, und du wirst sie nicht ändern.«
    Idgie lächelte und fragte sich, was wohl geschehen wäre, wenn sie Ruth nicht hätte, bei der sie gelegentlich Dampf ablassen konnte. Und die Freundin erwiderte das Lächeln. Wie sie beide wussten, musste eine Entscheidung getroffen werden. Und das taten sie auch. Nach diesem Tag wurde nur eine einzige Veränderung vorgenommen. Von nun an war auf der Speisekarte, die an

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