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Grüne Tomaten: Roman (German Edition)

Grüne Tomaten: Roman (German Edition)

Titel: Grüne Tomaten: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fannie Flagg
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sitzt denn da mit Mr. Jesus am Tisch?‹
    Ruth versuchte nett zu sein und antwortete: ›Das sind Mr. Jesus und die Brüder.‹
    Sipsey starrte sie an und sagte: ›Oh – eh – ich dachte, Miz Mary hätte nur einen Jungen bekommen.‹ Dann fegte sie wieder den Boden. Beinahe wären wir vor Lachen gestorben. Natürlich wusste sie ganz genau, wer auf dem Bild war, aber es machte ihr Spaß, die Leute zum Narren zu halten.
    Julian und Cleo hatten vier Holznischen im Café gebaut und das Hinterzimmer abgeteilt, damit Idgie und Ruth einen Wohnraum hatten. Die Trennwände waren aus knorrigem Georgia-Kiefernholz, der Boden bestand aus alten Brettern.
    Ruth bemühte sich, alles schön herzurichten. Sie hängte ein Bild von einem Schiff auf, das im Mondlicht segelte, aber Idgie nahm es gleich wieder runter und ersetzte es durch ein Bild von ein paar Hunden, die an einem Spieltisch saßen, Zigarren rauchten und pokerten. Darunter schrieb sie: ›Der Dillgurkenclub.‹ So hieß dieser verrückte Club, den sie mit ihrem Freund Grady Kilgore gegründet hatte. Sonst kam keine Dekoration mehr dazu außer dem Weihnachtsschmuck, den Idgie im ersten Jahr anbrachte und nie mehr entfernte, und einem alten Eisenbahnkalender. Sie hatten nur vier Tische und mehrere wackelige Stühle.«
    Lachend fuhr Mrs. Threadgoode fort: »Bei denen wusste man nie, ob sie zusammenkrachen würden, wenn man sich draufsetzte.
    Ihre Einnahmen verwahrten sie in einer alten Roy-Tan-Zigarrenkiste, und aus der nahmen sie auch das Wechselgeld. An der Theke bekam man Kartoffelchips, knusprige Schweinehautstücke am Spieß, Kämme und Kautabak. Fischköder und kleine Maiskolbenpfeifen. Idgie öffnete das Lokal bei Tagesanbruch und schloss es erst, ›wenn der letzte Hund besoffen war‹, wie sie’s ausdrückte.
    Der große L & N-Rangierbahnhof lag nur zwei Blocks weiter unten an der Straße, und alle Leute von der Bahn aßen im Café, Weiße und Schwarze. Den Farbigen gab Idgie das Essen an der Hintertür. Vielen Weißen missfiel es natürlich, dass sie auch Schwarze bediente, und deshalb hatte sie oft Ärger. Aber sie erklärte, niemand dürfe ihr sagen, was sie tun und was sie lassen solle. Cleo meinte, sie hätte es ganz allein mit dem Ku-Klux-Klan aufgenommen und nicht mal vor denen Angst gekriegt. So gutmütig sie war – wenn’s auf Biegen und Brechen ging, konnte sie knallhart sein …«

W HISTLE S TOP C AFÉ
    W HISTLE S TOP , A LABAMA
    22. März 1933
    Idgie trank Kaffee und unterhielt sich mit ihrem Landstreicherfreund Smokey über nichts Besonderes. In der Küche brieten Sipsey und Onzell eifrig grüne Tomaten für die Mittagsgäste, die um halb zwölf erwartet wurden. Sie hörten gerade »Wings Over Jordan Gospel Hour«, als Ocie Smith an die Hintertür klopfte.
    Sipsey kam ins Café und wischte sich die Hände an der Schürze ab. »Miz Idgie, da ist ein schwarzer Bursche, der unbedingt mit Ihnen reden will.«
    Idgie eilte hinaus und erkannte sofort Ocie Smith, einen ihrer farbigen Freunde aus Troutville, der im Rangierbahnhof arbeitete. »Hallo, Ocie, wie geht’s Ihnen?«
    »Gut, Miz Idgie.«
    »Was kann ich für Sie tun?«
    »Miz Idgie, da drüben im Rangierbahnhof schuftet ein ganzer Haufen Jungs. Seit etwa zwei Monaten riechen wir täglich Ihr Barbecue, und das macht uns halb wahnsinnig. Und deshalb möchte ich fragen, ob Sie uns ein paar Barbecue-Sandwiches verkaufen?«
    Seufzend schüttelte sie den Kopf. »Ich sag Ihnen was, Ocie. Also, wenn’s nach mir ginge, müssten Sie zur Vordertür reinkommen und sich an einen Tisch setzen. Aber Sie wissen ja – das geht nicht.«
    »Klar, Ma’am.«
    »In dieser Stadt gibt’s Leute, die würden mein Lokal niederbrennen, und dann könnte ich nichts mehr verdienen.«
    »Das verstehe ich, Ma’am.«
    »Aber richten Sie Ihren Freunden vom Rangierbahnhof aus, wenn sie was wollen, sollen sie zur Küchentür kommen.«
    Er grinste. »Ja, Ma’am.«
    »Sagen Sie Sipsey, was Sie möchten, dann wird sie’s für Sie zurechtmachen.«
    »Ja, danke, Ma’am.«
    »Sipsey, gib ihm seine Barbecue-Sandwiches und alles, was er sonst noch will. Und pack auch was vom Obstkuchen dazu.«
    »Sie werden noch Riesenärger mit den Ku-Kluxes kriegen«, murmelte Sipsey. »Und dann muss ich weg von hier, und Sie sehen mich nicht wieder, Ma’am.« Aber sie richtete die Sandwiches her und packte sie mit Traubensaftflaschen und Obstkuchen in eine große Papiertüte.
    Etwa drei Tage später kam Sheriff Grady Kilgore, der als Detektiv

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