Grünes Gift
Ausschau, doch er konnte sie nirgends entdecken. Er seufzte laut. Es war wirklich zum Verzweifeln! Da war sie ihnen während des gesamten Essens auf die Nerven gegangen, und jetzt, da er sie suchte, war sie nirgends zu sehen.
»Sie ist hinter dir«, sagte Cassy und deutete über Pitts Schulter. »Sie steht an der Kasse und unterhält sich angeregt mit Costa.«
Pitt drehte sich um. Im selben Moment sahen Marjorie und Costa ihn an; sie durchbohrten ihn förmlich mit ihren Blicken. Ihre Augen leuchteten so intensiv, daß es Pitt kalt über den Rücken lief.
Ruckartig wandte er sich wieder Cassy zu. »Laß uns so schnell wie möglich von hier verschwinden«, drängte er. »Ich glaube, ich leide tatsächlich unter Verfolgungswahn. Frag mich nicht, warum ich mir so sicher bin - aber ich weiß genau, daß die beiden gerade über uns geredet haben.«
Beau war noch nie zuvor in Santa Fe gewesen, aber er hatte nur Gutes über die Stadt gehört und sich deshalb auf den Besuch gefreut. Er wurde nicht enttäuscht: Santa Fe gefiel ihm auf Anhieb.
Er war zur geplanten Zeit auf dem bescheidenen Flughafen gelandet und von einem Jeep Cherokee mit langem Radstand abgeholt worden. Da er ein derartiges Fahrzeug noch nie zuvor gesehen hatte, erschien es ihm auf den ersten Blick ein wenig skurril. Doch nach der Fahrt war er überzeugt, daß der Wagen bequemer war als eine normale Limousine. Allerdings mußte er sich eingestehen, daß er noch nicht gerade oft in einer Limousine durch die Gegend kutschiert worden war. Auch wenn ihm Santa Fe im allgemeinen recht reizvoll erschien - die Stadt gab ihm nur einen leisen Vorgeschmack auf die prachtvolle Anlage von Cipher Software. Als sie das Sicherheitstor passiert hatten, hatte er den Eindruck, sich in einer großzügigen, piekfeinen Hotelanlage zu befinden. Zwischen den weitläufig verstreuten, gut proportionierten, modernen Gebäuden erstreckten sich saftig-grüne, hügelig angelegte Rasenflächen. Dichte Nadelwälder und Teiche, in denen sich die Sonne spiegelte, vervollständigten das Bild. Beau wurde vor dem Hauptgebäude abgesetzt, das wie die anderen Häuser auch aus Granit gebaut und mit gold-getönten Fenstern versehen war. Etliche Leute, die er bereits getroffen hatte, begrüßten ihn und teilten ihm mit, daß Mr. Randy Nite bereits in seinem Büro auf ihn warte.
Als Beau inmitten des üppig mit Pflanzen ausgestatteten Atriums mit seinen Begleitern in einem gläsernen Fahrstuhl nach oben fuhr, wurde er gefragt, ob er hungrig oder durstig sei. Er erwiderte, daß er im Augenblick weder etwas zu essen noch zu trinken wünsche.
Das Büro von Randy Nite war riesig. Es erstreckte sich beinahe über den gesamten Westflügel der zweiten und letzten Etage des Gebäudes. Der Raum war mehr als zweihundert Quadratmeter groß; drei Seiten Wände waren verglast. In der Mitte des Raumes stand Randys Schreibtisch; die Platte war aus zehn Zentimeter dicken schwarzem, goldgerändertem Marmor. Als Beau hineingeführt wurde, telefonierte Randy gerade, doch er erhob sich sofort und gab seinem Gast durch ein Handzeichen zu verstehen, daß er es sich in einem schlichten, modernen schwarzen Ledersessel bequem machen solle. Dann bedeutete er ihm, daß sein Gespräch noch ein paar Minuten dauern werde. Die Männer, die Beau in das Büro begleitet hatten, zogen sich leise zurück.
Beau hatte Randy schon oft auf Fotos und im Fernsehen gesehen. Mit seinem roten Haarschopf und den vielen lustigen Sommersprossen, mit denen sein breites, gesund aussehendes Gesicht übersät war, wirkte er auch in natura jungenhaft frisch. Seine graugrünen Augen strahlten Fröhlichkeit aus. Er war etwa so groß wie Beau, allerdings nicht ganz so muskulös, obwohl er durchaus fit wirkte.
»Die neue Software wird ab nächstem Monat ausgeliefert«, sagte Randy zu seinem Partner am Telefon. »Die Werbekampagne startet nächste Woche, und sie wird voll einschlagen. Es könnte kaum besser laufen, glauben Sie mir! Unsere Programme werden im Nu die Welt erobern.«
Randy legte auf und grinste breit. Mit seinem blauen Blazer, ausgewaschenen Jeans und Tennisschuhen war er leger gekleidet. Es war kein Zufall, daß Beau sich ähnlich angezogen hatte.
»Herzlich willkommen!« rief Randy und schüttelte Beau zur Begrüßung die Hand. »Ich muß sagen, daß mein Team mir noch nie jemanden so warm empfohlen hat wie Sie. In den letzten achtundvierzig Stunden wurde nur noch über Sie gesprochen. Das hat mich schwer beeindruckt. Wie
Weitere Kostenlose Bücher