Grünes Gift
müssen.
»Was liegt denn da vorne auf dem Kieshaufen?« fragte Beau. »Wo?« fragte Randy zurück.
Beau ging zu dem Kieshaufen und bückte sich. Er nahm eine seiner schwarzen Scheiben aus der Hosentasche und tat so, als würde er sie aufheben. Er trug sie auf seiner geöffneten Hand, ging zu Randy und hielt sie ihm hin.
»Ich habe keine Ahnung, was das ist«, sagte Randy. »Aber ich habe in den letzten Tagen ein paar von meinen Assistenten mit solchen Dingern herumlaufen sehen. Aus welchem Material ist die Scheibe?«
»Ich weiß es nicht«, erwiderte Beau. »Aber sie ist ziemlich schwer. Möglicherweise aus Metall. Nehmen Sie sie doch mal! Vielleicht haben Sie eine Ahnung, woraus sie sein könnte.«
Randy nahm das Objekt und wog es in der Hand. »Das kleine Ding scheint eine ziemlich hohe Dichte zu haben. Und eine ausgesprochen glatte Oberfläche. »Sehen Sie mal diese streng symmetrisch um den Rand angeordneten Kuppen!«
»Aua!« schrie Randy plötzlich und ließ die Scheibe fallen. Er untersuchte seine Fingerkuppe, auf der sich ein Tropfen Blut zeigte.
»Das verdammte Ding hat mich gestochen!«
»Ist ja seltsam«, bemerkte Beau. »Zeigen Sie mal!«
»Es gibt noch mehr Menschen, die unter Persönlichkeitsveränderungen leiden«, erklärte Cassy. »Der Rektor der Schule, an der ich zur Zeit hospitiere, verhält sich zum Beispiel total anders, seitdem er die Grippe hatte. Das gleiche habe ich auch von anderen gehört, allerdings habe ich es nicht mit eigenen Augen gesehen.«
»Genau diese Veränderung der Psyche ist es, die mich am meisten beunruhigt«, erwiderte Sheila.
Cassy, Pitt und Sheila waren unterwegs zum Büro von Dr. Halprin. Da sie nun über neue Informationen verfügten, war Sheila zuversichtlich, daß der Chefarzt anders reagieren würde als am Tag zuvor. Doch bei ihrer Ankunft wurden sie enttäuscht.
»Tut mir leid«, sagte Mrs. Kapland. »Dr. Halprin hat heute morgen angerufen und sich ein paar Tage frei genommen.«
»Das gibt’s doch nicht!« entgegnete Sheila. »Dr. Halprin nimmt sich doch sonst nie frei. Hat er einen Grund genannt?«
»Er hat gesagt, er müsse mal ein paar schöne Tage mit seiner Frau verbringen«, erwiderte Mrs. Kapland. »Aber er hat versprochen, ab und zu anzurufen. Soll ich ihm etwas ausrichten?«
»Nein«, sagte Sheila. »Wir kommen wieder.« Sie drehte sich auf dem Absatz um und stürmte davon. Cassy und Pitt eilten hinter ihr her. Am Fahrstuhl hatten sie sie eingeholt. »Was machen wir jetzt?« fragte Pitt.
»Es ist höchste Zeit, daß sich jemand mit den Spezialisten in Verbindung setzt, die man in einem solchen Fall zu Rate ziehen sollte«, erwiderte sie. »Daß Dr. Halprin sich in der jetzigen Situation einfach ein paar Tage Urlaub nimmt, ist wohl mehr als seltsam.«
»Ich hasse Selbstmorde«, sagte Vince, als er nach rechts in die Main Street einbog. Vor einem Haus parkten bereits einige Polizei- und Krankenwagen. Um die Schar der Schaulustigen abzuhalten, war der Ort des Geschehens mit Klebeband abgesperrt. Es war später Nachmittag und wurde bereits dunkel. »Mehr als Morde?« fragte Jesse.
»Ja«, erwiderte Vince. »Bei einem Mord hat das Opfer keine Chance. Bei Selbstmorden verhält es sich gänzlich anders. Ich kann mir wirklich nicht vorstellen, wie es ist, sich umzubringen. Mir läuft ein kalter Schauer den Rücken herunter, wenn ich daran denke.«
»Du hast vielleicht seltsame Ansichten«, entgegnete Jesse. Er sah die Sache genau anders herum. Gerade die Schuldlosigkeit eines Mordopfers war es, die ihm zu schaffen machte. Einem Selbstmörder konnte er längst nicht soviel Mitgefühl entgegenbringen. Wenn sich jemand umbringen wollte, war es doch seine eigene Angelegenheit. Das einzige Problem bestand darin herauszufinden, ob ein Selbstmord auch tatsächlich ein Selbstmord war und nicht etwa ein verdeckter Mord. Vince fuhr so nah wie möglich an den Tatort heran. Die Leiche lag auf dem Bürgersteig und war mit einer gelben Plane bedeckt. Außer einem kleinen Rinnsal, das in den Abfluß sickerte, war kein Blut zu sehen.
Die zwei Detectives stiegen aus und sahen nach oben. Im fünften Stock waren etliche Ermittler dabei, das Fensterbrett zu untersuchen.
Vince nieste plötzlich zweimal heftig. »Gesundheit«, sagte Jesse automatisch.
Er ging auf einen uniformierten Beamten zu, der in der Nähe der Absperrung stand. »Wer ist hier verantwortlich?« fragte er.
»Der Captain selbst«, erwiderte der Beamte. »Ist Captain Hernandez etwa
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