Grünes Gift
Arzneimittel«, entgegnete Pitt zögernd. Er gab sich Mühe, positiv zu klingen. »Vielleicht gelingt es ja tatsächlich, ein Mittel zu entwickeln.«
»O Gott, Pitt«, brach Cassy hervor. »Ich hoffe so, daß es klappt.« Sie war den Tränen nahe.
Pitt mußte schlucken. In gewisser Weise freute er sich, daß Beau von der Bildfläche verschwunden war, so häßlich solche Gedanken auch sein mochten. Aber er freute sich überhaupt nicht, wenn Cassy unglücklich war. Tröstend nahm er sie in die Arme. »Hey, Leute, guckt mal!« rief Jesse plötzlich und klopfte Pitt auf die Schulter, ohne ihn anzusehen. Sein Blick war auf einen kleinen Fernseher hinter der Kasse gerichtet.
Pitt und Cassy ließen voneinander ab. Jonathan drückte sich von hinten an sie heran. Es war CNN eingeschaltet, und gerade begann der Nachrichtenblock.
»Hier ist CNN mit den neuesten Nachrichten«, begann der Sprecher. »Gestern nacht ist ein Meteoritenschauer niedergegangen, der auf der Hälfte unserer Erdkugel zu sehen war, und zwar vom äußersten westlichen Zipfel Europas bis nach Hawaii. Die Astronomen gehen davon aus, daß die Sternschnuppen überall niedergegangen sind, jedoch in den übrigen Teilen der Welt wegen des Sonnenlichts nicht sichtbar waren. Da der Meteoritenschauer die Astronomen völlig überrascht hat, ist die Ursache des Phänomens noch gänzlich unbekannt. Wir informieren Sie, sobald wir mehr über dieses sensationelle Ereignis in Erfahrung gebracht haben.«
»Könnte das irgend etwas zu tun haben mit - ach, Sie wissen schon?« fragte Jonathan.
»Ob das heißt, daß es jetzt noch mehr schwarze Scheiben gibt?« rätselte Jesse. »Genau! Das muß es gewesen sein!«
»Ach du meine Güte!«, rief Pitt. »Dann wäre bald die ganze Menschheit infiziert.«
»Und wir können nichts mehr dagegen tun«, fügte Cassy hinzu und schüttelte frustriert den Kopf.
»Was ist los mit Ihnen?« fragte Costas, der Restaurantbesitzer. Jesse, vor dem noch einige andere Gäste gewartet hatten, war an der Reihe zu zahlen.
»Nichts«, sagte Pitt schnell. »Alles okay. Das Frühstück war bestens.«
Jesse zahlte, und sie gingen.
»Haben Sie sein Grinsen gesehen?« fragte Jonathan. »Total künstlich. Er ist infiziert. Darauf wette ich fünf Dollar.«
»Ich glaube, du mußt mit jemand anders wetten«, entgegnete Pitt. »Wir wußten schon, daß er die Seite gewechselt hat.«
Nach einer kurzen Pause, in der Nancy und Sheila die Damentoilette aufgesucht und sich etwas erfrischt hatten, kehrte das Trio in Dr. Marchands Büro zurück. Sheila war immer noch ziemlich aufgebracht, deshalb fuhr zunächst Nancy mit den Erklärungen fort.
»Wir wissen sehr wohl, daß es unserem Bericht an handfesten Daten und Beweisen mangelt«, erklärte sie. »Tatsache ist aber, daß hier drei Fachleute mit einwandfreiem Leumund vor Ihnen stehen, die sich ernsthafte Sorgen machen.«
»Selbstverständlich wollen wir Ihre Beweggründe nicht in Frage stellen«, entgegnete Dr. Marchand, »wohl aber Ihre Schlüsse. Da wir bereits einen Epidemiologen zu Ihnen geschickt haben, müssen Sie verstehen, daß wir unsere Zweifel an der Geschichte haben. Dr. Horns Bericht liegt uns vor.« Dr. Marchand hielt eine Aktennotiz hoch, die nicht einmal eine Seite lang war. »Diesem Bericht zufolge ist es ein relativ harmlos verlaufender Influenzatyp. Weiterhin heißt es, daß unser Experte sich ausführlich mit Dr. Halprin, dem Leiter des Krankenhauses, unterhalten hat.«
»Als Dr. Horn bei uns war, wußten wir noch gar nicht, womit wir es zu tun hatten«, erklärte Sheila. »Außerdem war Dr. Halprin zu diesem Zeitpunkt bereits selbst infiziert. Wir haben versucht, Ihrem Epidemiologen dies klarzumachen.«
»Ihr Bericht ist ziemlich oberflächlich«, wandte sich Dr. Eggans an Sheila. »Das meiste sind bloße Vermutungen, das wenigste in Ihrem Bericht hat wirklich Substanz. Wenngleich…« Sheila mußte sich zusammenreißen, um nicht wütend aus dem Raum zu stürmen. Es war ihr absolut unverständlich, wie diese passiven, intellektuellen Dilettanten es geschafft hatten, in der CDC-Hierarchie auf so hohe Posten zu gelangen. »Wenngleich«, setzte Dr. Eggans erneut an und fuhr sich nachdenklich durch den Vollbart, »diese Geschichte immerhin so spannend klingt, daß ich mir das Ganze gerne mal vor Ort ansehen würde.«
Sheila sah Nancy an. Sie war nicht sicher, ob sie richtig gehört hatte, doch Nancy schien das gleiche verstanden zu haben. Jedenfalls reckte sie ihren Daumen nach
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