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Gruenkohl und Curry

Gruenkohl und Curry

Titel: Gruenkohl und Curry Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hasnain Kazim
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dachte meine Mutter.
    Sie verabschiedete sich in Karatschi von meinem Vater und er versprach, dass sie sich bald wiedersehen würden – wo auch immer. Dann legte die »Steinfels« ab.
    Was nun? Meine Mutter verbrachte ihre Tage wieder bei ihren Schwiegereltern, besuchte zwischendurch ihre eigene Familie und machte nun konkrete Pläne für einen Umzug nach Deutschland.
    Afsar Begum versuchte, sie davon abzubringen. »Warum um Himmels willen willst du ausgerechnet jetzt Pakistan verlassen? Du bist schwanger, was willst du alleine mit deinem ersten Kind in einem Land, wo du keinen Menschen kennst? Du hast keine Erfahrungen als Mutter, niemanden, der dir dort helfen kann, was soll das also?« Ihre Einwände klingen für mich nachvollziehbar und vernünftig. Meine Mutter, habe ich das Gefühl, wundert sich heute selbst ein bisschen über ihre Starrköpfigkeit – und ihren Mut. Aber damals wollte sie partout nicht auf ihre Schwiegermutter hören. Afsar Begum wandte sich an Suraiya. Sie hatte auf den Hochzeitsfeiern mitbekommen, dass meine Mutter und ihre älteste Schwester ein sehr enges Verhältnis zueinander hatten und glaubte, dass meine Mutter, wenn überhaupt, dann auf sie hören würde. Suraiya rief meine Mutter an und hörte sich ihr Leid an: dass sie endlich weg wolle, ins Ausland, Richtung Westen, dass es ihr in Karatschi nicht mehr gefalle und sie es dort nicht mehr aushalte. Suraiya überlegte und gab ihr schließlich einen Rat: »Wenn es so ist, wie du sagst, dann sieh zu, dass du deine Sachen packst und so schnell wie möglich wegkommst.« Es war genau der Rat, den Afsar Begum sich nicht erhofft hatte. Suraiya, selbst mit dem Plan beschäftigt, nach Texas auszuwandern, war davon überzeugt, dass man sein Glück in die Hand nehmen und, wenn nötig, dazu um die halbe Welt ziehen müsse.
    Was, wenn meine Mutter auf Afsar Begum gehört hätte? Dann wäre ich in Karatschi geboren worden. Dann hätten die Verwandten nach ein paar Monaten höchstwahrscheinlich gesagt: Das Kind ist noch so klein, warum willst du jetzt weg? Warte noch ein bisschen. Später: Jetzt hat das Kind seine Freunde hier in Karatschi, weshalb willst du es aus seinem Umfeld herausreißen? Wäre meine Mutter jemals ins Ausland gegangen, wenn nicht damals? So sehr ich das Einreden von Afsar Begum auf meine Mutter heute verstehe – wahrscheinlich hätte ich genauso argumentiert –, glaube ich, dass man manchmal komplett unvernünftige Entscheidungen treffen muss, um seine Lebensziele zu erreichen und glücklich zu werden.
    Schließlich willigte die Schwiegerfamilie doch in den Umzug ein. Mein Vater hatte den Entschluss gefasst, demnächst sein Kapitänspatent anzugehen und dazu eine Seefahrtschule in Deutschland zu besuchen. Er würde also für längere Zeit nicht mehr zur See fahren und bei meiner Mutter bleiben können.
    Meine Mutter informierte meinen Vater über ihren Entschluss, Pakistan so schnell wie möglich zu verlassen. Der meinte, sie solle besser noch ein paar Wochen warten und erst Mitte September kommen, wenn er Urlaub habe. Sie träumte sich nach Delmenhorst, ihren künftigen Wohnort, von dem sie so gut wie nichts wusste.
    Doch es kam alles ganz anders.

Khudahafiz Pakistan, guten Tag Deutschland

    Es war eisig, als Nasreen Kazim in Frankfurt landete, zu kalt für die Schlaghose und die dünne Bluse über dem inzwischen gewaltigen Schwangerschaftsbauch. Tagelang hatte sie sich den Kopf darüber zerbrochen, was sie für ein Leben in Deutschland brauchte und was davon alles in einen Koffer passte – und dabei ganz außer Acht gelassen, dass ein deutscher Septembertag nicht vergleichbar war mit einem pakistanischen Herbsttag. Die wenigen warmen Kleidungsstücke, die sie besaß, waren alle im Koffer.
    Die Eltern und Geschwister meines Vaters hatten am Ende aufgegeben, meine Mutter vom Bleiben in Karatschi zu überzeugen, als sie ihnen ihr Flugticket präsentierte, das sie in einem Reisebüro gekauft hatte: Karatschi-Frankfurt-Bremen, Reisedatum: 22. September 1974. Die Verwandten halfen ihr resigniert bei den Reisevorbereitungen. Allen war klar, dass weitere Überredungsversuche nichts mehr nützen würden. Ihre Sehnsucht nach ihrem Mann, ihr Wille, Pakistan Richtung Westen zu verlassen, ihre Abenteuerlust hatten gesiegt.
    Sie hatte Zähigkeit bewiesen, über die sich manch Angehöriger geärgert haben mag. Aber diese Eigenschaft sollte ihr später helfen, in Deutschland zu bleiben.
    Von ihren eigenen Eltern hatte sich meine Mutter

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