Grünmantel
verstanden? Diese Scheiße, die du mir da verklickerst, regt mich echt auf. Ich stecke grade in ’ner wichtigen Sache und muß ...«
Louie brach mitten im Satz ab, und über sein Gesicht legte sich ein Schatten, während er Johnny Bomps zuhörte. Earl drehte sich wieder um, um ja nichts zu verpassen. Er warf einen Blick zu Finger hinüber, der seinerseits seinen Boss mit sorgenvoller Miene beobachtete.
»Und du bist dir da ganz sicher?« fragte Louie leise. »Okay, ich habe verstanden. Sag allen, daß ich heute nacht noch einfliege. Aber keiner außerhalb der Familie darf davon erfahren - bis ich da bin. He, Johnny, das schulden sie mir einfach. Sag ihnen, daß ich jetzt meine Schulden von ihnen einfordere. In den nächsten paar Stunden habe ich hier noch ’ne Kleinigkeit zu erledigen, und dann fliege ich heim. Richtig, Johnny, dafür hast du bei mir was gut. Yeah, danke.«
Louie nahm das Telefon und ging zum Fenster. Für Earl oder die Aussicht hatte er keinen Blick. Sein Blick war nach innen auf die Vergangenheit, auf seine Erinnerungen fixiert.
Mann, dachte Earl, nun sieh ihn dir an! Seitdem diese Spaghettis in der Stadt aufgetaucht waren, war er rumgerannt wie ’n Irrer und hatte ihnen ihre Ärsche nachgetragen wie so ’n beschissener Fremdenführer. Er hatte was Besseres zu tun, als in ’ner blöden Mafia-Seifenoper mitzuspielen. Er hätte nie ’n Wort über Valenti verlieren sollen; sollten die Spaghettis sich doch allein um ihre Probleme kümmern. Er hätte sich nur die Kohle holen und verschwinden sollen. Inzwischen könnte er schon in Bogotá sein - oder zumindest auf dem Weg dorthin. Erster Klasse - er und Howie.
Bei dem Gedanken an Howie runzelte Earl die Stirn. Howie war zwar ’n Hohlkopf gewesen, hatte aber auch nützliche Seiten gehabt. An seinem Tod störte Earl am meisten, daß irgendein Drecksack ihm so einfach ’n Loch in die Bauchdecke geschlagen hatte. Earl fühlte sich Howie zwar nicht gerade in tiefer Freundschaft verbunden, aber wo kam man denn hin, wenn andere Kerle einem die Mitarbeiter abservierten? Man stand da wie ’n verdammtes Arschloch. Als wär man nicht mehr ganz dicht im Oberstübchen. Und keiner arbeitete gern für einen, der im Kopf nicht mehr richtig funktionierte.
»Was ist passiert?« fragte Finger.
Earl schaute zu Louie hinüber. Verdammt, der sah ja fast aus, als wollte er jeden Moment losheulen.
»Mein Alter ist tot. Er und Ricca - sie wurden heute nachmittag umgebracht. Johnny kennt zwar nicht alle Einzelheiten, aber da ist irgend ’ne Scheiße im Gange. Bennie LaFata zeigt überall ’n Papier rum, das Ricca beschuldigt, den Mord am alten Don in Auftrag gegeben zu haben, und der alte Mistkerl hat sich anscheinend in den Kopf gesetzt, der neue padrone zu werden.«
»Wo wurden sie umgebracht?« fragte Finger. »Wer hat es getan?«
»Mann, woher soll ich das wissen? Man hat sie im Büro meines Alten gefunden. Irgendeiner hat sie einfach über’n Haufen geknallt.«
»Papale«, sagte Finger. »Es muß der Fuchs gewesen sein. Herrje, das tut mir leid, Louie. Broadway-Joe war unser bester Mann.«
Louie nickte. »Du hast recht. Es muß Papale gewesen sein. Das gibt mir ’nen Grund mehr, es Valenti richtig zu besorgen.«
»Wie geht’s denn jetzt weiter?« fragte Earl. »Ich hatt ’ne Abmachung mit Broadway und ...«
»Mein alter Herr ist tot!« fauchte Louie ihn an. »Kannst du das nicht begreifen, du dämlicher Sack? Du hast nichts mehr jetzt - keinen Deal, nichts!« Er wollte seine Pistole ziehen, doch Finger war bei ihm, ehe er sie in die Hand bekam. Er hielt Louies Arm fest und drehte sich zu Earl um.
»Du verschwindest jetzt besser«, sagte er.
Erst wollte Earl sich auf sie stürzen. Jetzt, nachdem der Deal ohnehin geplatzt war, hätte er den Spaghettis am liebsten gezeigt, wer hier das Sagen hatte. Aber er kam gerade noch rechtzeitig zur Vernunft. Selbst wenn die beiden Arschlöcher waren, so waren es doch Arschlöcher, die zur Familie gehörten. Kein Grund, sich den ganzen Mob auf den Hals zu ziehen. Seine Zeit würde noch kommen. Er konnte warten.
»He, das mit deinem Alten tut mir leid. Ich hab eben nur nicht so weit gedacht. Du sagst, der Deal ist geplatzt? Okay. Dann ist er eben geplatzt. Aber laßt mich bei der Valenti-Sache mitmachen - umsonst, versteht sich. Sozusagen als Zeichen meines guten Willens. Was sagt ihr dazu?«
Louie starrte ihn an, bis Earl den Blick senkte. Dann beruhigte er sich ein wenig. Er nahm die Hand von der .38er,
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