Grünmantel
nicht. Es versprach ihm Dinge - Trost, Geistesfrieden. Hier jedoch war es stärker. Hier war es ihm nicht mehr möglich, es einfach zu verdrängen und ins Haus zurückzugehen. Er hörte, wie Regentropfen auf das Dach trommelten, und stellte fest, daß das Unwetter schon losgebrochen war.
»Wird sich das ... was immer heute abend geschieht ... durch den Regen verschieben?« fragte er.
»Es wird schon lange vorher aufhören zu regnen«, erklärte Lewis mit der Bestimmtheit eines Menschen, der sein Leben eher nach dem Wetter als nach der Armbanduhr ausrichtet. »Sie werden sehen.«
»Hier.« Bannon stellte einen Becher mit Tee vor Valenti hin. »Nimm ’nen Schluck.« Sein Blick aber sagte: Du und ich - wir beide müssen miteinander reden.
Valenti stand auf und folgte Bannon zum Herd. Lewis ging mit Ali zu den Regalen und zeigte ihr die Bücher.
»Was ist los?« fragte Valenti leise.
»Das alles ist doch verrückt, merkst du das denn nicht? Dieses Geschwätz von Göttern, die im Wald herumrennen, und der ganze Mist. Das einzige, worüber wir uns Sorgen machen müssen, sind die Jungs vom Don, die hinter uns her sind.«
Valenti sah zu Ali hinüber. Sie war ganz aufgeregt und konnte kaum erwarten, daß es Abend wurde.
»Ich weiß, daß das alles für dich bedeutungslos ist, aber wir sollten es uns trotzdem ansehen. Für uns ist es wichtig - für Ali und mich.«
»Und dann ist da noch was«, fuhr Bannon fort. »Ich sage dir, du bist in Gegenwart des Kindes zu offen. Du hast ziemliche Probleme, Tony, und du tust dir selbst kaum ’nen Gefallen damit, Spaziergänge durch die Natur zu veranstalten, während Magaddino in aller Ruhe hier draußen seine Vorkehrungen trifft, um dich aus dem Weg zu räumen.«
»Ich weiß schon, was ich tue.« Hoffentlich, fügte Valenti im Geist hinzu. »Außerdem - glaubst du wirklich, hier im Busch fänden uns seine Leute? Wahrscheinlich sind wir hier sicherer als irgendwo sonst.«
»Wenn nicht gerade das ganze Dorf über uns herfällt und uns fertigmacht.«
Valenti berührte die Pistole in seiner Tasche. »Dann müssen wir eben die Augen offenhalten.«
Bannon seufzte. »Du bist der Boss.«
»Es wird schon alles gutgehen« beruhigte ihn Valenti, füllte einen Teebecher und brachte ihn Ali, die jetzt wieder am Tisch saß. »Salute.« Er hob seinen Becher und prostete ihr zu.
Ali lächelte und nahm einen Schluck.
KAPITEL ACHT
Earl sah zu, wie Dreifinger die Waffen eine nach der anderen aus dem Koffer nahm und sie aufs Bett legte. Sein Blick wanderte zu Louie, der am Fenster stand, und zurück zu Dreifinger. Verdammt, es war fast ein ganzes Arsenal, das sie da angefordert hatten. Sein Verbindungsmann hatte es kaum glauben wollen, als er ihm am Morgen den Auftrag gab, die Waffen zu besorgen. »Was willst du mit dem ganzen Kram?« hatte er gefragt, »’nen verdammten Krieg anzetteln?« Earl hatte nur unsicher den Kopf geschüttelt.
Er war immer noch unsicher. Für die Pistolen hatte er ja noch Verständnis - alles hatte mehr Durchschlagskraft als diese zwei kleinen Erbsenbüchsen, die Fucceri und Maita durch den Zoll geschmuggelt hatten. Es war die Schwerartillerie, die ihn überraschte. Eine 9-mm-Ingram-Maschinenpistole. Ein Browning Automatik-Gewehr Kaliber .30. Eine abgesägte Schrotflinte. Eine Selbstlader-Flinte. Zusammen mit den beiden .38er Smith & Wesson hatten sie genug Feuerkraft, um hier eine eigene Armee aufzustellen.
»Denkt ihr, wir werden das alles brauchen?« fragte er.
Louie drehte sich vom Fenster weg. »Ist immer gut, richtig vorbereitet zu sein. Zwar ist es uns lieber, ihn ’ne Treppe runterzuwerfen oder mitsamt seinem Wagen von der Straße abzudrängen - irgendwas Einfaches jedenfalls. Doch schieße ich ihn auch in Stücke, wenn’s sein muß. Wird mir ’n Vergnügen sein.«
Dreifinger grinste. Er nahm gerade eine der beiden .38er auseinander. Doch dann konzentrierte er sich wieder auf seine Tätigkeit, und sein Grinsen wich einem Stirnrunzeln. »Man hat dich beschissen«, brummte er und spähte durch den Lauf.
»Was meinst du damit?« fragte Earl.
»Sieh dir mal die Kalibrierung an. Das Ding fliegt dir beim ersten Schuß um die Ohren. Auch der Verschluß ist ausgeleiert.« Er drehte den Zylinder und schüttelte den Kopf. »Hoffentlich sind die anderen in ’nem besseren Zustand.«
»He, was erwartest du denn in so kurzer Zeit? Wir sind hier nicht in den USA. Du weißt ja nicht, was die hier für Waffengesetze haben.«
»Ich kenne die kanadischen
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