Grusel Box: Drei Mystery-Thriller (German Edition)
den Rest seines Lebens mit der Prüfung von Audiodateien und Videoclips zubringen und grübeln, was echt war und was nicht.
Das Hotel war ein zerbrechliches schwarzes Skelett und wackelte auf ein paar Stützbalken, als ob ein starker Wind es umstoßen könnte. Es war Dezember, Schneegestöber wirbelte durch die Luft zwischen der Asche. Das sollte eigentlich ausreichen.
Man hatte neun Leichen in dem Trümmerhaufen gefunden. Alle wurden als Opfer des Feuers betrachtet, inklusive dreier Angestellter und der Hoteldirektorin, Janey Mays. Rodney Froehmers Verletzungen waren durch ein von der Decke brechendes Rohr verursacht worden, und erste Ermittlungen deuteten auf Rodney als Auslöser des Feuers hin. Er hatte mit Brandbeschleunigern herumgemacht und aus irgendeinem Grund beschlossen, in dem alten rostigen Heizkessel im Keller ein Feuer zu machen.
»Das Gericht würde sowieso alles beschlagnahmen«, sagte Wayne, »sobald die Zivilprozesse losgehen.«
»Es war nicht deine Schuld«, sagte Kendra.
Doch, war es. In einer Weise, die du nie erfahren wirst.
»Ist egal, Liebling«, sagte er. »Die Leute brauchen immer jemanden, dem sie die Schuld geben können.«
Er sollte es wissen. Er hatte Gott als Sündenbock. Nicht, dass ihn das irgendwie weiter brachte. Vielleicht würde er eines Tages auf die Knie fallen oder ein Ouija-Brett hervorziehen und wieder nach Beth suchen. Noch ein paar Versprechungen machen.
Sie standen hinter dem gelben Plastikband, das den Bereich für die Untersuchung absperrte. Das Feuer hatte den Rasen versengt, und der Wind pfiff durch die Bäume, die die Überreste des Hotels umgaben. Kahle Äste klirrten und verwirrten sich ineinander.
Sie waren im Holiday Inn in Boone untergebracht, wo sie warten mussten, bis die Behörden alle Opfer identifiziert hatten. Das konnte noch eine Weile dauern. Vielleicht mussten sie sogar Weihnachten in den Bergen verbringen.
»Denkt ihr, dass es Margaret war?«, fragte Cody. Die Ermittler hatten die Knochen einer erwachsenen Frau eingemauert im Keller gefunden. In ihrer Bauchhöhle befanden sich die winzigen Überbleibsel eines Fötus. Die Knochen waren alt, und die an ihnen durchgeführten DNA-Tests hatten noch kein Ergebnis gebracht.
»Wahrscheinlich.«
»Warum schließt ihr nicht einfach damit ab?«, fragte Kendra. »Alles, was wir wissen, ist, was wir gesehen haben. Man glaubt sowieso, dass wir zu viel Kohlenmonoxid eingeatmet haben.«
»Sie sind geschickt darin, ihre Spuren zu verwischen«, sagte Cody. »Sie sind schon eine Weile im Geschäft.«
»Dämonen«, sagte Wayne. »Was soll man schon erwarten.«
Zwei Mitglieder des SSI-Teams waren ums Leben gekommen, und die Homepage der Gruppe war so oft aufgerufen worden, dass der Server zusammengebrochen war. Drei Fernsehsender hatten bereits angerufen und ihnen Angebote unterbreitet, aber sie waren mehr an Cody als an Digger interessiert. Paraphänomen-Fanatiker auf der ganzen Welt hatten ihre eigenen Theorien darüber, was im White Horse Inn passiert war, ins Netz gestellt. Sie alle lagen falsch.
»Lasst uns gehen«, sagte Wayne. Er kletterte hinter das Steuer des SSI-Transporters und schloss die Tür. Kendra stieg auf der Beifahrerseite ein, Cody sprang in den Laderaum.
Kendra war schon dabei, ihren Skizzenblock zu öffnen. Er hatte ihr am Tag nach dem Feuer einen neuen gekauft, während sie sich noch erholte. Sie war mit dem extradicken Bleistift am Werk, damit beschäftigt, das letzte Stück der Mine aufzubrauchen. Sie hatte eine neue Reihe von Figuren kreiert, mit grauenhaften, dämonischen Gesichtern, und konnte es kaum abwarten, bis Emily Dee sie ans andere Ende der Hölle zurückkickte.
Cody hatte ein paar Verbrennungen zweiten Grades und einen kleineren Lungenschaden erlitten, aber, so sagte er, es wäre alles viel schlimmer gekommen, wenn sie dieser Bruce-Knabe nicht durch den undurchsichtigen Rauch geführt hätte.
Wayne blickte kurz auf seine Tochter und überlegte sich, ob ihr Heiligenschein schwarz oder golden sein würde.
Sie blickte von ihrem Skizzenblock hoch und ertappte ihn. »Dad, woher wusstest du, dass ich in 318 war?«
»Ich habe dich durchs Fenster gesehen.«
»Aber du warst auf der Rückseite des Hotels. Ich stand am Vorderseitenfenster.«
Wayne ließ den Motor an. Sie sieht dir sehr ähnlich, Beth.
»Wo ein Dämon ist, gibt es auch einen ausgleichenden Engel«, sagte er. »Behauptet zumindest die Theorie.«
»Hey«, rief Cody vom hinteren Teil des Lieferwagens, »ich
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