Grusel Box: Drei Mystery-Thriller (German Edition)
hatte. Und sie wusste genau, warum Gott die Erde geschaffen hatte. Er hatte den Teufel darin eingesperrt, hatte das Tier mit Billionen Tonnen von Stein und Dreck und flüssiger Lava umhüllt. Und wie musste der Teufel um sich geschlagen haben, versucht haben, sich zu befreien, und dabei Berge nach oben geschoben und die Gräben verursacht haben, aus denen die Ozeane wurden.
Sie wusste das so sicher, wie sie wusste, dass Archer ein Erlöser war. Man stellte allgemeine Wahrheiten nicht in Frage. Man akzeptierte sie mit seinem Glauben. Man nahm sie in sein Herz auf und machte das Beste daraus. Man kämpfte für sie. Man brachte die Opfer, die diese Wahrheiten am Leben erhielten.
Wer wusste, wann es dem Teufel zum ersten Mal gelungen war, sich seinen Weg an die Erdoberfläche zu bohren? Vielleicht war es vor Zehntausenden von Jahren gewesen, vielleicht aber auch nur vor ein paar Hundert. Alles, was nun zählte, war, dass der Teufel auf der Erde sein Unwesen trieb und Archer ihn besiegen musste.
Das musste der Grund dafür sein, dass Archer nach Whispering Pines zurückgekehrt war, warum Gott seinen Sohn wieder nach Hause gerufen hatte. Der Teufel war noch immer hier, an diesen Höllenschlund gebunden, in diesen ursprünglichen Familien lebend. Der Teufel hatte sich hinter den Gesichtern der Littlefields versteckt, hatte die Masken der Houcks getragen, war in das Fleisch und Blut der Mathesons geschlüpft.
Archer würde die Reinigung vollziehen müssen. Und sie musste ihm helfen. Auch wenn sie so verschlissen war wie diese Berge, von den Gezeiten und Gotts unermüdlicher Bestrafung erodiert. Auch wenn sie nur eine Sterbliche war.
Sie kroch ans Ende des Erdkellers und rollte den flachen Stein von der Öffnung. In dem schwachen Licht konnte sie das kleine missgebildete Kreuz sehen, das in die Oberfläche eingeritzt worden war. Sie hielt ihr Gesicht an die schwarze Öffnung. Sie hatte niemals verstehen können, warum der Pfad in die Hölle so klirrend kalt war. Er hätte glühend heiß sein sollen und es sollte nach Schwefel und Rauch riechen anstatt nach Dreck. Aber die Wege des Herrn waren unergründlich, ebenso wie die des Teufels.
Sie sagte ihre Gebete in den Tunnel hinein. Sie konnte die Horden zurückhalten. Mit ihrem Glauben konnte sie den unterirdischen Kampf gewinnen. Sollten sich Gott und Archer um den Teufel hier oben kümmern.
Mama Bet beendete ihre Gebete, dieselben, die die McFalls seit mehr als 200 Jahren sagten. Sie rückte den Stein an seine Stelle zurück und schwitzte vor Anstrengung, obwohl ihre Finger von der Kälte steif waren. Auf schmerzenden Knien kämpfte sie sich zurück in Richtung Vorratskammer, griff nach der Kerze und brachte die Bretter wieder vor der rückwärtigen Wand an. Sie wischte sich den Schmutz von den Händen und verwünschte Gott, weil er ihr diese heilige Aufgabe aufgebürdet hatte. Als ob es nicht gereicht hätte, ihr einen Messias einzupflanzen. Nein, er brachte sie dazu, auf ihrem Bauch zu rutschen wie eine Schlange.
Sie blies die Kerze aus und spähte durch den Gingan-Vorhang. Archer war noch immer draußen. Sie konnte hören, wie er seine Geschäfte über das Telefon abwickelte und dabei für alle Welt wie eine ganz normale Person klang. Gut, Jesus hatte auch als Zimmermann gearbeitet, bevor er seine Karriere als Lügner begann. Archer konnte genauso gut ein reicher Prediger sein wie ein armer.
Sie drehte den Wasserhahn in der Küche auf und hielt ihre Hände unter das eisige Quellwasser. Der Dreck lief rot in den Abfluss hinab. Sie räumte die Kerze weg und trocknete ihre Hände an einem Küchentuch ab. Ihr Kleid war schmutzig an den Knien, aber sie wollte sich nicht mitten am Tag umziehen. Das war Verschwendung, etwas, das ein Christ tun würde.
Sie hörte Stimmen von draußen. Sie sollten sich nicht hier versammeln, nicht, wenn Archer hier ist. Die Kirche wird bald genug bereit sein.
Sie eilte auf die Veranda. Archer klappte sein Handy zu und steckte es weg. Am Rand des Gartens vor dem Haus, im Schatten der Bäume, standen einige Mitglieder der Gemeinde: Stepford Matheson, Sonny Absher, Donna Gregg und Rudy Buchanan. Rudy hielt eine Schrotflinte und eine Bibel in der Hand.
Sie begannen, sich zu nähern. Auf Rudys breitem Gesicht thronte ein Grinsen, Sonny und Stepford waren vom Alkohol gerötet. Donna Gregg blieb zurück und zupfte an Sonnys Ärmel. Er machte eine abwehrende Handbewegung und guckte düster drein.
»Was wollt ihr?«, rief Mama Bet, während sie
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