Grusel Box: Drei Mystery-Thriller (German Edition)
eine Hand über ihre Augen legte, damit sie sie im Sonnenlicht besser sehen konnte. Archer stand neben ihr und blickte auf sie hinab.
»Wir haben nachgedacht«, sagte Rudy, offenbar der Anführer dieser schäbigen Bande.
»Nun, für alles gibt es ein erstes Mal.«
Rudy zog mit seinen dicken Lippen eine Schnute. Mama Bet glaubte fast, die rostigen Rädchen in seinem Kopf hören zu können, während er versuchte, eine Retourkutsche zu finden. Er gab schnell auf und beschränkte sich darauf, den Lauf seiner Flinte anzuheben, bis er in den Himmel zeigte.
»Wir haben viel über die rote Kirche gehört und den Tag der Abrechnung und den ganzen Unfug von wegen ›große Prüfungen‹«, sagte Rudy. »Und jetzt plötzlich sagst du uns, dass Archer der zweite Sohn Gottes ist. Und dass wir alle irgendwie beteiligt sind, wegen dem, was unsere Vorfahren damals angestellt haben.« Er blickte zu Stepford und Sonny.
Stepford schwankte ein wenig und Rudy drückte die Bibel gegen ihn, bis er seine Balance wiedergefunden hatte.
»Ja«, sagte Stepford. »Du willst uns erzählen, dass das «, er deutete auf Archer, »das irdische Gesicht Gottes ist? Dann muss Gott wirklich einen Sinn für Humor haben, denke ich.«
Mama Bet wollte anfangen zu sprechen, aber Archer hob seine Hand. »Ich werfe euch eure Zweifel nicht vor«, sagte er zu ihnen. »Ich weiß, dass einige unter euch als Christen erzogen wurden. Aber die Menschen benutzen Gott für ihre eigenen Zwecke, sie verdrehen seine Wege zu ihrem eigenen Vorteil. Die Menschen schaffen sich Götzen, die leicht zu akzeptieren sind. Und sie zerstören immer, was sie nicht verstehen können.«
Sonny spuckte aus. Seine Augen waren blutunterlaufen und leuchteten. »Wir haben Wendell McFall nicht aufgeknüpft.«
»Ihr glaubt, dass es nicht gerecht ist, dass ihr für die Sünden eurer Vorfahren leiden müsst. Aber Sünden des Blutes verlangen eine Begleichung in Blut. Und eure Opfer jetzt werden euer Blut bis in die vierte Generation beschützen.«
Rudy stieß Stepford mit dem Ellbogen. »Sag es ihm.«
Stepford kam zögerlich näher, bis er sich am Anfang der Treppe zur Veranda befand. Mama Bets Ziege, die an das Verandageländer gebunden war, näherte sich ihm und schnüffelte an seinen schmutzigen Jeans. Stepford verscheuchte die Ziege und blickte hoch zu Archer. »Wir haben uns überlegt, dass wir irgendwie nicht so sicher sind, dass du überhaupt ein Messias bist.«
Rudy nickte mit durch die Schrotflinte gestärktem Mut. »Ja. Alles, was wir zu hören bekommen, sind nette Worte. Okay, Boonie Houck und Zeb Potter wurden umgebracht. Aber woher sollen wir wissen, dass das irgendwas mit diesen ›großen Prüfungen‹ zu tun hat, von denen andauernd die Rede ist?«
»Umgebracht zu werden hat nichts mit Opfer bringen zu tun«, sagte Stepford. »Es ist ja nicht so, dass sie darum gebeten hatten, zu sterben, oder so.«
Donna Gregg drückte sich von hinten mit ihrer Brust an Sonnys Rücken.
Dreckige Sünder , dachte Mama Bet. Es ist ein Wunder, dass Gott und Archer sie nicht auf der Stelle niederstrecken. Und noch dazu ist Sonny verheiratet. Natürlich, seine Frau ist nach Raleigh abgehauen, als sie genug davon hatte, jedes Mal verprügelt zu werden, wenn er betrunken war. Ich kann es kaum erwarten, dass diese Ehebrecher gereinigt werden.
»Es geht um Opfer«, sagte Archer mit einer sich erhebenden Stimme, die die Kraft seines Glaubens wiedergab. Das Herz von Mama Bet schwoll vor Stolz.
»Noch mehr große Worte«, sagte Sonny. »Aber wo sind die Zeichen?«
»Ja«, spottete Rudy, »warum besorgst du uns kein Wunder? Wie wär’s mit ein paar Laiben Brot und Fischen?«
»Zur Hölle damit«, lallte Sonny. »Mach lieber was Nützliches, wie Wasser zu Wein verwandeln.«
Das betrunkene Trio lachte, während Donna unsicher hinter ihnen lächelte.
»Der wahre Glaube benötigt keine Beweise«, sagte Archer.
»Genau meine Meinung«, sagte Rudy. »Ich kann meinen Glauben nicht wirklich als ›wahr‹ bezeichnen. Es ist eher so, dass er mir in den Hals gesteckt wurde. Und ich kann nicht sagen, dass mir der Geschmack gefällt.«
Mama Bet erkannte, dass sich auf den Gesichtern von Sonny und Stepford ähnliche Anzeichen einer Rebellion zeigten.
Der Teufel steckt so tief in ihnen, dass sie ihn nicht einmal mehr von sich selbst trennen können. Warum können sie nicht einfach akzeptieren, dass die Zeit für die Reinigung gekommen ist? Dass Gott zurück ist und bereit dafür, die Sache dieses
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