Grusel Box: Drei Mystery-Thriller (German Edition)
Mal richtig zu erledigen?
»Archer?«, sagte Mama Bet. Ihr Sohn hielt seinen Kopf in den Händen. Seine Fingerknöchel waren weiß von der Anstrengung, mit der er sie an seinen Kopf presste. Er beugte sich nach vorne, schwankte und fiel fast gegen das Verandageländer. Mama Bet eilte zu ihm, um ihn zu halten.
Mein armes Baby.
Gedämpftes, leidvolles Stöhnen kam hinter seinen Händen hervor. Seine Beine und seine Schultern zitterten. Sie berührte ihn und ihre Finger fühlten sich elektrisiert. Plötzlich wurde aus dem Stöhnen ein Gebrüll und Archer breitete die Arme aus.
Der Himmel verdunkelte sich, als ob sich eine Wolke vor die Sonne geschoben hätte.
Donna schrie, und Sonny stimmte mit ein. Rudy ließ die Schrotflinte fallen und drückte die Bibel an seine Brust. Stepford fiel in Ohnmacht, seine Füße gaben nach wie ein nasses Stück Seil. Seine Augäpfel rollten nach oben, um in seinen Schädel zu starren.
Mama Bet blickte ihren Sohn liebevoll an. Archer lächelte, ganz Flügel und Klauen und Lebern statt Augen.
Detective Storie kniete im Heuboden des Potter-Stalls. Der Vorschlaghammer lag auf den verzogenen Brettern des Bodens, sein Griff schlüpfrig mit Blut, der achtpfündige Metallkopf mit schleimiger Masse bedeckt. Ein paar Strähnen grauen Haars hingen an der kleingehackten Masse, die früher einmal von der zarten Schale von Zebulon Potters Schädel umhüllt gewesen war.
Das Gesicht des Sheriffs wurde kreidebleich, als er die Leiche anblickte. »Zeb war ein Freund meiner Eltern«, sagte er und schaute aus dem Fenster, als ob die Berghänge eine Leinwand wären und die Vergangenheit auf sie projiziert würde. »Ich habe ihm immer beim Heumachen im Sommer geholfen. Er hat mir vor langer Zeit sogar einen Hundewelpen gegeben. Damals, als Samuel noch am Leben war.«
Storie missfiel die Ausdruckslosigkeit in den Augen des Sheriffs. Sie hatte diesen Blick schon einmal gesehen. Während einer Verbrecherüberstellung, im Laufe ihrer ersten Woche bei der Metropolpolizei von Charlotte, war ihr das Böse begegnet, wenn so etwas überhaupt Gestalt annehmen konnte. Sie war damals noch naiv gewesen, ein Neuling, der dachte, dass Polizeibeamte tatsächlich etwas bewirken konnten, indem sie sich Sachen zu Herzen nahmen.
Der Verdächtige mittleren Alters hinten im Wagen hatte angeblich ein achtjähriges Mädchen vergewaltigt. Er brüstete sich damit, während sie zum Bezirksgefängnis von Mecklenburg fuhren. Auf seinem unrasierten Gesicht thronte ein befriedigtes Grinsen, in seinen Augen leuchtete geheimer Wahnsinn. Storie saß auf dem Beifahrersitz, wütend und hilflos. Unschuldig, bis die Schuld erwiesen ist, auch wenn sie schuldig sind. Das hatte man ihr auf der Polizeischule eingebläut.
»Die Welpe hieß Roscoe«, sagte Littlefield leise, während er sich den Schädel rieb. »Wurde überfahren, als sie gerade groß genug war zu bellen.«
Perry Hoyle kniete und untersuchte den offenen Hohlraum des Schädels des Opfers. Storie schoss noch ein Foto. Der Blitz wurde von Hoyles Glatze reflektiert. Sie zog ein Maßband aus Metall aus ihrer Jackentasche. »Könnten Sie das Ende halten?«, fragte sie den Sheriff.
Er zuckte, als ob er aus einem Traum gerissen worden war, und nahm das Ende des Maßbands. Storie deutete auf den Hammer. Der Sheriff hielt das Band neben den Griff und Storie rollte das Band ab, bis sie neben der Leiche angekommen war.
»Fünf Meter«, sagte sie, obwohl sie daran zweifelte, dass der Sheriff ihr zuhörte. Es war so schwer, aus ihm schlau zu werden, manchmal war er freundlich, dann wieder kalt und distanziert. Aber sie brauchte keine Freunde und sie brauchte keine Gedanken an Frank Littlefield verschwenden. Sie schrieb die Messung in ihr Notizbuch.
Vor langer Zeit hatte der Kinderschänder sein Gesicht an das Drahtgitter gehalten, das die Vordersitze von der Rückbank abtrennte. Sein Atem roch nach Sardinen und Benzin. »Hey, hübsches Mädchen, was machst du nach Dienstschluss?«, hatte er gesagt.
Storie hatte ihre Fauste geballt und sich darum bemüht, dem Drang zu widerstehen, ihren Gummiknüppel aus ihrem Gürtel zu ziehen und dem Kinderschänder ins Gesicht zu stoßen. Nein, er war ein Verdächtiger und er hatte Rechte. Unabhängig davon, dass er schon drei Jahre nach zwei Anklagen wegen sittenwidrigen Vergehens gesessen hatte. Unabhängig davon, dass er in zwei Jahren wieder in Freiheit sein würde. Unabhängig von allem, außer davon, dass die Welt absolut und hoffnungslos
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