GU Liebevolle Gebote fuer ein erfuelltes Leben
und dann ausgenutzt oder belogen wurden.
Enttäuschungen gehören zum Leben
Da ist der junge Mann aus der Nachbarschaft. Du kennst ihn seit vielen Jahren, hast miterlebt, wie er groß geworden ist. Jetzt hat er einen Unfall gehabt, sein Auto hat einen Totalschaden. Du weißt, die Eltern können gerade nicht aushelfen. Er braucht aber ein Auto, schon um zur Arbeit zu kommen, das ist auf dem Land oft so. Du bietest ihm für eine Übergangszeit dein Auto an. Die paar Male, die du es brauchst, könnt ihr euch ja miteinander absprechen, denkst du. Der junge Mann freut sich sehr und nimmt das Angebot dankend an. Aber als du das Auto am Wochenende benötigst, fliegen überall Verpackungsmüll von Fast Food und leere Flaschen herum. Du bist sauer und enttäuscht. Das Auto gibst du nicht mehr heraus.
Die Kunst, angemessen zu reagieren
Der getrennt lebende Vater sucht seine Schwägerin auf. Seiner Ex-Frau dürfe er damit ja gar nicht kommen, aber er wolle dem gemeinsamen Sohn, ihrem Neffen, gern einen Sprachkurs in England schenken. Durch die Trennung, den Unterhalt, die eigene Wohnung reiche das Geld aber beim besten Willen nicht für den schon versprochenen Kurs. Ob die Schwägerin nicht ausnahmsweise einmal aushelfen könne?
Der liegt ihr Neffe schon am Herzen. Der Sprachkurs soll 2500 Euro kosten. Die hat sie freilich auch nicht einfach herumliegen. Aber sie könnte einen Sparvertrag auflösen, dann wäre das Geld in drei Monaten frei. Von der Zeit her reicht das und der Schwager geht frohgemut von dannen. Die beiden haben vereinbart, dass er ihr das Geld in 25 Raten zurückzahlt.
Doch es kommt anders. Die Schwägerin sieht das Geld nie wieder: Der Schwager hat sie angelogen, er brauchte das Geld in Wirklichkeit, um Spielschulden aus einer Pokerrunde zu bezahlen. So hat er verzweifelt versucht, eine Privatinsolvenz abzuwenden. Das ist ihm nicht nur nicht geglückt, er verliert auch für die Zukunft die Schwägerin als Freundin.
Niemand ist davor gefeit, solche oder ähnliche Enttäuschungen zu erleben, belogen oder ausgenutzt zu werden. Die Kunst besteht darin, die Enttäuschung zu verarbeiten, ohne das eigene Herz dauerhaft zu verschließen.
»Die Liebe bleibt, die Hilfe nicht. Das ist mein Heilmittel geworden gegen Enttäuschungen, die unvermeidlich sind.«
Aurora zerrt mich vor das Arbeitsgericht
Es ist eine schmerzliche Erfahrung, die ich jetzt mit euch teilen will. Viele Jahre hat Aurora mit uns gelebt. Im Januar 1974 war sie zu uns gekommen, hatte im Kindergarten »Naciente«, das heißt »aufgehende Sonne«, mitgearbeitet. Aurora war noch eine ganz junge Frau. Sie stammte aus einem kleinen Dorf und hatte einen unehelichen Sohn namens Gabriel. Damals wurden solche Frauen sozial geächtet – leider wurden sie ja auch von der Kirche als Sünderinnen betrachtet.
Eine Berufsperspektive für Frauen
1979 haben wir eine Schule ins Leben gerufen, und alle Frauen aus dem Armenviertel, die in all den Jahren bei uns mitgemacht hatten, konnten hier den Beruf der Erzieherin, der Altenpflegerin oder der Köchin lernen. Die Frauen bekamen weiter ein Gehalt – sie gingen halbtags zur Schule, die andere Hälfte des Tages arbeiteten sie. Ab 1981 konnten wir erreichen, dass alle Frauen richtige Arbeitsverträge bekamen und Sozialabgaben für sie bezahlt wurden.
Aurora holte zuerst das achte Schuljahr nach und begann dann mit der Ausbildung zur Kindergärtnerin, blieb allerdings nicht lange dabei. Nun ging es darum, was aus ihr werden sollte: Die Küche war ihr zu wenig – also die Altenpflege? Ja, nein, wieder nein … Aurora konnte sich zu nichts durchringen. Mir lag sie sehr am Herzen, mehr als den anderen. Sie war für mich eine der Frauen der ersten Stunde.
Schließlich wurde Aurora, nachdem sie eine Weile einen Job gehabt hatte, arbeitslos. Sie suchte ein wenig – und ehe ich michs versah, hatte ich einen Brief mit einer Anzeige vom Arbeitsgericht auf der Türschwelle liegen. Von Aurora! Sie hatte mich angezeigt und mich auf die nachträgliche Zahlung von Sozialversicherungsbeiträgen verklagt. Niemand von unseren Mitarbeitern hatte sie damals bekommen, erst als wir etwas mehr Geld hatten, konnten wir Sozialabgaben zahlen – und dann zahlten wir sie auch sofort.
Es war im Advent 1981. Wir befanden uns mitten in der Zeit der Diktatur. Unser Rechtsanwalt, den ich zurate zog, gab mir die denkbar schlechteste Prognose: »Diesen Fall wirst du verlieren, Hermana Karolina. Ich kann dir nichts anderes sagen.«
Was
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