GU Mein Gluecksrezept
Mentor und Lehrer, war am Apparat und fragte kurz und bündig, ob ich mein letztes Facharztjahr nun bei ihm absolvieren wollte. Ich hatte gerade eine Zahnspange zu Korrektur eines Überbisses bekommen und sah aus wie eine jugendliche Praktikantin. Wenn ich redete, nuschelte es aus mir heraus. Aber es gibt, wie ich heute weiß, Schlimmeres. Gar kein Vergleich.
Ein Umzug bringt mich nicht mehr aus der Ruhe, auch nicht der damalige in die Oberpfalz in die Nähe der Klinik. Für mich begann nun die Fortsetzung meines Ausbildungsmarathons in meiner Heimatklinik, die für viele angehende Gynäkologen das Karrieresprungbrett schlechthin ist. Seit knapp zehn Jahren bastelte ich nun an meiner frauenärztlichen Karriere. Jetzt schaffte ich eine Pflicht-OP nach der anderen. Meine spärliche Freizeit füllte ich mit Lernen und der schmerzhaften Kiefer-OP zur Korrektur meines Überbisses. Dann endlich bewarb ich mich 2003 zur Facharztprüfung in München. Mein Thema: Die verschiedenen Tumorerkrankungen, ihre Behandlung und die Wiederherstellung der Patientinnen.
Mein Thema: Krebs
Tatsächlich dachte ich in dieser Zeit, obwohl es wie immer sehr arbeitsreich und trubelig war, noch über ein drittes Kind nach. Ich wollte meinen Jugendtraum von der Großfamilie verwirklichen. Stefan und ich hatten uns schon zu Londoner Zeiten eine ganze Kinderschar gewünscht. Dass ich während meiner mündlichen Facharztprüfung, in der es vor allem um das Thema Gebärmutterhalskrebs ging, schon wieder schwanger war, wusste ich noch nicht. Ich hatte zugleich Tumoren in meinem Unterleib und in meinem Kopf und Zwillinge im Bauch!
Doch ich referierte entspannt aus dem Stand, »präzise und korrekt«, wie meine Prüfer feststellten, mein gynäkologisches Fachwissen. Nachdem die Prüfer zum Abschluss der bestandenen Prüfung noch freundliche Worte mit mir gewechselt hatten, fragte mich eine Dame aus dem Prüfungskomitee, ob mein großes Engagement für die Erforschung von Gebärmutterhalskrebs private Gründe hätte und ob wohl jemand aus meiner Familie davon betroffen sei. Da konnte ich guten Gewissens abwinken. Mein Gott. So wenig ich zu diesem Zeitpunkt wusste, dass ich mit Zwillingen schwanger war, so wenig war mir bewusst, dass der Krebs bereits tief in mir war.
Auf zu neuen Taten!
Nach diesem beruflichen Etappenziel hatte ich im Sommer 2003 zu guter Letzt alles beieinander: Nach der Approbation als Ärztin und meiner Promotion war ich nun am Ziel meiner Ausbildung zur Fachärztin für Frauenheilkunde und Geburtshilfe. Es waren bald 15 Jahre vergangen, seit ich mich 1989 nach Nürnberg und Erlangen auf den Weg gemacht hatte. Und zwei Kinder hatte ich ja obendrein bereits am Start …
Jetzt nach der Ausbildung stand ich beruflich am Scheideweg und wusste doch intuitiv, wie es weitergehen sollte. In Hamburg hatte ich schon als 12-Jährige am Elbstrand meine zwei großen Lebensträume entwickelt: kein Pferd, sondern mit einem beherzten und couragierten Mann eine große Familie gründen und eine eigene Arztpraxis führen.
Bayern hatte ich damals noch nicht gesehen beim Blick auf den Hamburger Hafen, die Elbe und die weite Welt. Und auch nicht die dunklen Wolken über meiner Zukunft.
Entscheidungen sind das A und O
Wir sind ein unternehmungslustiges und entscheidungsfreudiges Paar. Wenn du deine Leidenschaft gefunden hast, dann musst du auch etwas dafür tun. Nichts kommt von alleine. Wir leben ohne die Wörter »vielleicht« und »aber«, ohne »Ich müsste etwas ändern« oder »Ich sollte mal …« Wir tun es einfach! Weil es sein muss. Eventuell, gegebenenfalls, möglicherweise … wenn dieses Vokabular die Oberhand gewinnt, ist schon etwas verloren. Es geht immer um Ihre eigene Entscheidung jetzt. Ohne wenn und aber. So funktioniert es bei mir, und so funktioniert es auch bei Ihnen. Besonders in Krisenzeiten funktioniert die Umsetzung von Zielen genau auf diese Art.
So entwickelte ich gemeinsam mit meinem Mann die Zielsetzung meiner Jugendtage weiter, die mich seither immer bei der Stange gehalten hatte. Und das Ziel war: Meine eigene Arztpraxis führen.
Wenn ich die Augen schloss, sah ich in Gedanken vor mir geduldig wartende Patientinnen, die nur von mir behandelt werden wollten. Das Telefon läutet von früh bis spät. Es ist Hochbetrieb, aber auf eine angenehme Art und Weise. Die Praxis ist stilvoll eingerichtet, mit Stuck an Wänden und Decken. Meine Arzthelferinnen lesen den Patientinnen ihre Wünsche von den Augen ab:
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