GU Mein Gluecksrezept
obwohl er selbst auch Trost gebraucht hätte. Und er beschwor die guten Zeiten, die noch kommen sollten für uns, in Venedig und Paris und überall, wo wir noch hinreisen wollten. Die guten Zeiten waren oft weit weg, nicht aber in unseren Träumen.
Ich krieg’ die Krise – bewältigt
In Sachen Lebenskrisen kann ich heute wirklich mitreden. Mir fällt dazu wirklich dieser Macho-Spruch ein: Was uns nicht umbringt, macht uns nur noch härter. Na ja: Erfahrung hilft jedenfalls, wenn einen das Schicksal wieder beutelt. Natürlich empfanden wir den Unterleibskrebs und den Gehirntumor, die Risikoschwangerschaften und den schweren Unfall meines Mannes als bedrohlich. Aber Krisen und Niederlagen gehören leider zum Leben. Machen wir uns doch nichts vor: Ein perfektes Leben, in dem alles rosarot und leicht, locker, schön und sexy ist, das gibt es nicht. Bei niemandem.
Krisen helfen uns zu reifen, uns weiter zu entwickeln – allerdings nur, wenn wir uns ihnen stellen und uns nicht ohnmächtig ergeben und resignieren. Sehen wir es mal realistisch: Die Menschheit wäre längst am Ende, wenn sich niemand in solch prekären Lebenslagen aktiv um eine neue Zielsetzung und um eine Entscheidung bemühen würde, wie es weitergehen soll. Natürlich gelingt eine Problemlösung nicht immer aus dem Stand. Und je komplexer die Probleme, umso vielschichtiger die Lösung.
Wir dürfen uns nicht davor scheuen. Ganz im Gegenteil: Ich denke, dass wir nur wachsen, wenn unsere Belastungen groß oder sogar überwältigend sind. Man kann aus jeder Situation, und sei sie noch so niederschmetternd, das Beste machen, indem man aufsteht und sie für neue Aufgaben und Projekte nutzt. Vieles geht, es muss nur zur Situation und einem selbst passen. Dann hat einen nicht mehr die Krise im Griff, sondern umgekehrt, und man ist entscheidungsfähig.
Geschafft!
Heute darf ich sagen: Ich habe es tatsächlich geschafft, und wir als Paar und als Familie haben es auch geschafft, obwohl der Faden, an dem zum Schluss alles hing, nur noch hauchdünn war. Ich habe nach der ersten Krebsoperation und der Chemotherapie auch die Entfernung des Gehirntumors überstanden, ein künstliches Koma, Schmerzen und die Abwesenheit von meinen Kindern – was mit das Schlimmste daran war.
Ich denke, dass wir nur wachsen, wenn unsere Belastungen stark oder sogar überwältigend sind.
Sobald es irgend ging, ließ ich mich auf eigene Verantwortung mehr tot als lebendig nach Hause bringen und tröstete hier tagelang meine zutiefst traumatisierten Kinder. Und noch einmal musste ich in die Klinik, weil Gehirnflüssigkeit durch die Naht im Kopf auslief. Nie werde ich den Moment vergessen, als mein Mann mich huckepack ins Auto schleppte. Wir hatten niemanden erreicht, der sich um die Kinder kümmern konnte, und sie schrien sich die Seele aus dem Leib. Mir zerbrach fast das Herz.
Aber im Jahr 2005 nahm ich mein Leben wieder auf. Ich wusste ja, dass ich es schaffen konnte. Den absoluten Tiefpunkt hatte ich hinter mir, jetzt konnte es nur noch bergauf gehen. Und so stand ich vier Wochen nach dieser OP mit einem »praktischen« Kurzhaarschnitt wieder in meiner Praxis, hatte mir allerdings nur drei halbe Arbeitstage pro Woche verordnet, um so viel Zeit wie möglich mit meinen Kindern zu verbringen. Und so wurde langsam, aber sicher, alles gut.
Mit den Herausforderungen wachsen
Es ist sehr hilfreich fürs nächste Mal, wenn man schon die eine oder andere Krise gemeistert hat. Krisen in den Griff zu bekommen ist unglaublich gut für das Selbstbewusstsein und das Selbstverständnis: Ich erfahre dadurch, was in mir steckt, und muss es nicht erst ausprobieren. Gelingt es einmal, dann ist es immer wieder machbar.
In jedem Leben kann irgendwann der schicksalhafte Moment kommen, in dem ich mich beweisen muss, in dem ich mir beweisen muss, was in mir steckt. Allerdings frage ich mich, ob es wirklich ganz falsch ist, seine Kinder in Watte zu packen und sie zu schonen, damit sie ja nicht mit dem Bösen der Welt konfrontiert werden. Ich packe meine Kinder ein, wo es geht, denn die Welt draußen lehrt sie früh genug, dass einem übel mitgespielt werden kann. Mir ist nicht wichtig, was mir andere Leute für gut gemeinte Ratschläge geben, denn meine Kinder entwickeln sich prächtig und sind lebensfroh und wundervoll lebensbejahend. Das zählt.
Den Träumen treu geblieben
Eines Tages erwachte ich wie immer morgens um fünf Uhr, räumte noch auf, was ich am Vorabend nicht mehr geschafft hatte,
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