Guardian Angelinos (03) – Sekunden der Angst
»Nachdem ich sechzehn Jahre auf dich gewartet habe, Lang, endet das Ganze damit, dass ich ein paar Stunden kriege, um meine Erfüllung zu finden.«
Sein sexy Lächeln flackerte, aber nicht sein Blick. »Dann mach ja das Beste daraus.«
19
Colt wachte in einem leeren Bett auf. Er schlug die Augen auf und starrte als Erstes auf das eingedrückte Kissen neben sich, wo ein einzelnes schwarzes Haar zurückgeblieben war. Irgendwo in den Tiefen seines schlaftrunkenen Hirns erinnerte er sich daran, dass er auf einen Bericht über ein solches Haar wartete, aber noch nichts vorliegen hatte.
Das Bett verströmte noch einen Hauch süßer Vanille, und die Stelle, wo Vivis Körper dicht an seinen geschmiegt gelegen hatte, war immer noch warm. Demnach war sie gerade erst aufgestanden, wahrscheinlich, um ins Bad zu gehen.
Er hörte aber kein Wasserrauschen, und auch sonst nichts, also stützte er sich auf die angewinkelten Ellenbogen, blinzelte in den morgendämmerigen Raum und erblickte Vivi, die im Schneidersitz auf dem Fußboden saß. Sie trug die Boxershorts mit den fröhlichen Gesichtern und ein hauchdünnes Trägerhemd und hatte die Blaupausen von den Bauplänen vor sich ausgebreitet.
Kaum dass sie seinen Blick auffing, lächelte sie. »Morgen.«
Und die verrücktesten Dinge passierten in seiner Brust. Herzfrequenz hoch, Atmung heftig – ein Band aus Schmerz, das er früher für Trauer gehalten hatte, von dem er heute aber wusste, dass es etwas völlig anderes war. Emotionale Lähmung.
»Hallo«, sagte er, und seine Stimme war noch rau vom Schlaf. »Was machst du da?«
»Mir die Pläne ansehen, die wir auf dem Dachboden gefunden haben, wo auch das Skelett lag. Alles Tunnel.«
»Die die beiden Häuser miteinander verbinden?«
»Nicht ganz. Diese führen bis hinunter ans Wasser.«
Er setzte sich auf, sein Interesse war geweckt. »Das wäre der perfekte Transportweg für illegalen Handel«, sagte er.
»Menschenhandel«, stimmte sie zu. »Aber ich war in diesen Entwässerungsgräben, und da gibt es so etwas wie auf diesen Plänen nicht. Sie zeigen sogar eine Verbindung genau da, wo ich war, unter dieser Veranda. Und noch eine auf der anderen Seite des Moors in einem alten Erntesilo, das nicht mal mehr da steht. Nichts auf diesen Blaupausen ist je gebaut worden.«
»Das wäre zu einfach für uns.« Er schob die Bettdecke weg, darunter war er nackt, und eine Morgenlatte deutete sich an, obwohl sie sich in der Nacht noch zwei Mal geliebt hatten. »Ich habe veranlasst, dass zwei Agenten diese Insel durchkämmen, allerdings ist sie von beträchtlichem Ausmaß und zu einem großen Teil zu Fuß oder für Fahrzeuge unpassierbar. Meine Vermutung ist, dass sie Menschen wie Frachtgut direkt von den Schiffen im Haupthafen abtransportieren.«
Sie schüttelte betroffen den Kopf. »Wie sollten sie das machen? Und den ganzen Weg von Laos hierher? Warum bringen sie sie nicht in Lastwagen über Land? Wäre das nicht einfacher, als – wo lang? – durch den Panamakanal zu fahren?«
»Sollte man annehmen«, stimmte er zu. »Aber eine Gegend wie diese, wo es fast nur Touristen und Kunstgalerien gibt? Wenn man genauer drüber nachdenkt, ist es ziemlich genial. Komplett außerhalb des staatlichen Radars.«
»Insbesondere, wenn sich das Ganze mehr oder weniger unter dem eigenen Haus abspielt.«
Sie lehnte sich zurück und betrachtete ihn lüstern. »Was steht heute auf Ihrer Liste, Assistant Special Agent in Charge Lang?«
»Besorg der Frau drei Orgasmen, dann kriegt sie endlich den Titel richtig hin.«
»Vier, wenn du das mitzählst, was du mit deiner Hand – wo hast du das eigentlich gelernt?«
Er kicherte leise. »Nicht auf der FBI-Academy. Wenn du wieder ins Bett kommst, bringe ich es dir bei.«
»Ja, die Technik kann ich sicher gut gebrauchen, wenn du weg bist.« Ihr Lächeln verebbte und erstarb.
Eine Weile sagte keiner von beiden ein Wort, als laste die intime Vertrautheit der letzten Nacht noch bedrückend schwer zwischen ihnen, und die Ungewissheit, dass sie vielleicht ihre einzige Liebesnacht miteinander verbracht hatten.
Ach herrje. Wovon träumte er eigentlich nachts? Doch nicht etwa davon, dass er lieber in Boston bleiben wollte? Ob sie schon mal daran gedacht hatte … nach L . A. zu ziehen? »Ich nehme nicht an, dass die Aussicht besteht, dass du eventuell …« Colt, bist du wahnsinnig? »Wieder ins Bett kommst?«
Sie schüttelte den Kopf, sprang abrupt auf und strich sich über die Beine, als streifte sie
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