Guardian Angelinos (03) – Sekunden der Angst
das Wasser kalt war, lange nachdem Lang sich aus der Wanne geschwungen hatte, seine grüngolden gesprenkelten Augen fragend – ja – und eine winzige Spur ärgerlich. Vielleicht hätte sie es ihm früher beichten sollen, aber, ehrlich gesagt, was machte das für einen Unterschied?
Hätte es sie davon abgehalten? Nein. Wäre er anders gewesen? Noch zärtlicher? Freundlicher? Liebevoller? Kaum möglich.
Er war perfekt gewesen.
Und, verdammt, sie wollte mehr von ihm, und zwar bald. Sex machte mehr Spaß als ein McTwist auf der High Ramp. Das könnte glatt ihre neue Lieblingsbeschäftigung werden. Das könnte …
Die reinste Hölle werden, wenn er in L . A. war.
Sie schob den Gedanken beiseite und lauschte auf seine Schritte im Schlafzimmer. Er würde natürlich wissen wollen, warum, und sie würde es im erzählen – teilweise. Nicht alles. Niemals.
Sie würde es mit sich herumtragen, so wie die arme alte Mercedes ihr Päckchen mit sich herumtrug, nur dass sie schlau genug war, sich nicht von der Vergangenheit einsperren zu lassen. Aber auch nicht so frei, dieses Wissen mit irgendwem zu teilen.
Sie hörte, wie die Tür auf- und wieder zuschnappte, dann war es still.
Oh Gott, nein. Er hatte sie verlassen.
Enttäuschung vermischt mit Fassungslosigkeit breitete sich in ihrem Körper aus, als sie aus der Wanne kletterte, die Beine wacklig, ihre sensibelsten Körperregionen … noch sensibler als sonst.
Wie konnte er sie einfach so zurücklassen? Und nicht einmal darüber sprechen wollen?
So würde er auch in ein Flugzeug steigen und abfliegen, um SAC in Los Angeles zu werden, genau so. Mit Lang-mäßiger Leichtigkeit.
»Toll«, murmelte sie, öffnete einen Wäscheschrank – begehbar, natürlich – und suchte nach einem Handtuch, fand aber stattdessen einen flauschigen, pastellgelben Bademantel. Sie stopfte ihre Arme hinein, zurrte unsanft den Gürtel fest und seufzte hörbar.
Typisch. Da hatte sie endlich einen Mann gefunden, dem sie vertrauen konnte, dem sie nah sein wollte und der ihr ein gutes Gefühl gab – bis hinunter zu den Zehenspitzen –, und er verließ sie.
Warum musste er gehen?
Sie vermutete, dass das nichts mit Ehrgeiz zu tun hatte, sondern ausschließlich mit Flucht. Er war nie über die Frau hinweggekommen, die er verloren hatte – ein Blinder konnte das sehen, wenn er über Jennifer redete.
»Gute Arbeit, Vivi«, schalt sie sich selbst. »Du hast es echt drauf mit dem Abschleppen, Mädel.«
Er rannte nicht nur vor dem Geist einer Frau davon, die er immer noch liebte, sondern wollte sich auch gar nicht in eine andere verlieben. Der Widerstand sprühte ihm aus allen Poren.
Das hier war für ihn einfach nur Sex, also kein Wunder, dass er danach gegangen war. Colton Lang wollte sie und ihr sechzehn Jahre altes emotionales Gepäck nicht. Er wollte Sex und Hopp.
Schön, sie auch. Wieder. Also, wo zum Teufel war er überhaupt hingegangen?
Sie marschierte zur Tür und riss sie auf – genau in dem Moment, als er mit einem Tablett in der Hand und Stella an den Fersen oben an der Treppe ankam.
»Ich brauch was zu essen«, sagte er schlicht. »Und dachte, du vielleicht auch.«
Gott, sie hasste es, wenn sie Menschen unterschätzte. »Danke.« Sie machte die Tür weiter auf, um ihn durchzulassen, und Stella kam mit ihrem eigenartigen Hinken hinterhergetapst und würdigte Vivi nicht mal eines Schnüffelns. »Dieser Hund hasst mich.«
»Sie mag mich einfach nur sehr«, sagte er und stellte das Tablett auf einen Tisch zwischen zwei Stühle an einem Erkerfenster.
»Wie ich.«
Er drehte sich um und warf ihr einen fragenden Blick zu.
»Ich will das nur eben klarstellen«, sagte sie rasch. »Ich mag dich sehr, Lang. So sehr, dass ich ein selbst auferlegtes Zölibat gebrochen habe. Aber nicht so sehr, dass ich … versuche, dir deine Pläne auszureden. Was das angeht, kannst du dich also entspannen. Ich werde dich nicht an die Wand nageln und in Boston festhalten.«
Er starrte sie bloß an, ausdruckslos.
»Allerdings würde es mir nichts ausmachen, dich ans Bett zu nageln und die ganze Nacht dort festzuhalten«, sagte sie mit einem gezwungenen Lachen.
Er dagegen lachte nicht. »Du hättest es mir sagen sollen.«
»Das Thema kam irgendwie nicht zur Sprache.« Sie durchquerte den Raum und verlagerte ihre Aufmerksamkeit auf das kalte Hühnchen und den Kartoffelsalat, den er geholt hatte, griff nach einer der beiden gekühlten Wasserflaschen. »Lass uns noch nicht darüber reden, okay? Können
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