Guardian Angelinos (03) – Sekunden der Angst
nicht wissen lassen. Diese Genugtuung würde sie ihm nicht gönnen. Stattdessen blickte sie zu ihm hoch und kämpfte mental mit ihrer Durchsetzungskraft, die sie brauchte, wenn ein Mann – egal welcher – auch nur daran dachte, sie festzuhalten. Sie konnte das nicht zulassen.
»Lass mich los, Lang.« Sie brachte die Worte mühsam hervor, und ihre Kehle schnürte sich mit jeder Sekunde, die verstrich, enger zusammen.
»Du bist nicht …«
»Lass mich los!« Sie riss mit solcher Kraft ihre Hände weg, dass er loslassen musste und große Augen machte, als sie die Stimme erhob. Sie schüttelte ihr Handgelenk und hasste sich selbst für ihren Ausbruch und das Gefühl von Hilflosigkeit. »Ich werde dir nicht antworten, und du hast mir gar nichts zu sagen«, versetzte sie, um eine feste Stimme bemüht. »Also versuch es gar nicht erst. Und grapsch mich nie wieder so an.«
»Dann lass ich dich auffliegen und zwinge sie aus ihrer Deckung.«
»Womit du sie zum Köder für einen Mörder machst.«
Er holte tief Luft, um zu antworten, und stieß sie hörbar wieder aus, weil er offensichtlich eingesehen hatte, dass da was dran war, also ließ sie nicht locker. »Wenn du sie beschützen willst, lass sie in ihrem Versteck. Tu einfach so, als wüsstest du nicht, dass ich Vivi bin, und lass uns das zusammen durchziehen.«
Er wandte sich ab, die Hand auf dem Wasserhahn, um ihn abzudrehen, und der Kampf, den er innerlich ausfocht, spiegelte sich auf seinem Gesicht wider. »Wenn ich dich beschütze, bringe ich sie in Gefahr.«
»Ich brauche keinen Schutz.«
Der Blick, den er ihr zuwarf, deutete darauf hin, dass er anderer Meinung war.
»Was ich brauche, ist deine Kooperation. Wir können das zusammen durchziehen, Lang. Wenn du mich deckst, kriegen wir beide das hin.«
»Ich will gar nichts hinkriegen, außer das Arschloch fassen, das Filmstars umbringt.«
»Bist du denn sicher, dass es eins gibt? Zwei Haare sind nicht gerade hieb- und stichfeste Beweise.«
Er zuckte mit den Schultern. »Wir müssen unter der Annahme arbeiten, dass sie es sind.«
»Wenn dem so ist, umso mehr Grund, ihren Aufenthaltsort geheim zu halten.«
Er blickte in den Strahl und ließ sich das mittlerweile eiskalte Wasser übers Gesicht laufen. Dann stieg er aus der Dusche, griff sich ein Handtuch und ging ohne ein weiteres Wort.
Sie drehte das Wasser ab, trat aus der Dusche und stieß einen tiefen Seufzer aus, als sie ihr klatschnasses, verschmiertes, ramponiertes Spiegelbild sah. Bridget hatte ihr beigebracht, wie man das Make-up richtig auftrug und die Wimpern befestigte, aber, verdammt, es würde mindestens zwei Stunden dauern, bis sie den Cara-Look wiederhergestellt hätte.
Mittlerweile war es an der Westküste fast Mitternacht, und sie war total fertig. Nachdem sie sich das Gesicht gewaschen und die Haare trocken gerubbelt hatte, streifte sie einen Bademantel über und kehrte in die Kabine zurück. Und war überrascht, wie enttäuscht sie war, sie leer vorzufinden.
Und er hatte den Hund mitgenommen, was bewies, dass er eine sehr beschützerische Ader hatte. Aber wen würde er beschützen: sie oder Cara – oder seine eigene ausstehende Beförderung?
Um sechs Uhr morgens hatte Vivi die Prozedur der Verwandlung beendet und trug ein wesentlich praktischeres T-Shirt und eine Hüftjeans – allerdings immer noch hohe Absätze, da Cara nicht ein Paar Sneakers besaß. Sonnenlicht filterte durch die schmalen Fenster, als sie die Hauptkabine betrat. Der Kopilot lehnte mit einer Tasse Kaffee in der Hand an einer Zwischenwand und plauderte mit Lang, der zurückgelehnt in einem der Flugsessel saß, auf einem Tischchen vor ihm ebenfalls ein dampfend heißer Kaffee. Auf dem Platz neben ihm döste zufrieden Stella. Kleine Verräterin.
»Landen wir bald?«, fragte sie und zeigte auf die Insel in der Form eines Bumerangs zu ihrer Linken, die sie als Nantucket erkannte.
Der Kopilot löste sich aus seiner bequemen Position, um sie zu begrüßen. »Sicher, Ms Ferrari. Schön, Sie zu sehen.«
Sie schenkte ihm ihr bestes Cara-Lächeln, und ihr Herz machte einen Satz. Lang hatte also getan, was sie verlangt hatte?
»Ganz meinerseits«, entgegnete sie.
»Möchten Sie einen Kaffee?«, fragte er. Noch immer würdigte Lang sie keines Blickes.
»Ja, gerne.«
Als der Kopilot in der Bordküche verschwand, nahm sie einen tiefen, entspannenden Atemzug, setzte sich auf den Platz gegenüber von Lang und zwang ihn, sie anzusehen. Würde er daran denken, dass jedes
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