Guardian Angelinos (03) – Sekunden der Angst
ob.«
»Potenzieller Boss«, korrigierte sie.
»Bei diesem Auftrag unterstehe ich ihm. Wir werden es ihnen mitteilen, ihnen die Situation mit der Verschwiegenheitsvereinbarung erklären und …«
»Finde ich gar nicht gut.«
»Vivi, da gibt es nichts zu verhandeln«, sagte er und beugte sich vor, um sie mit einem finsteren, unerschütterlichen Blick zu durchbohren. »Entweder machen wir es auf meine Art oder gar nicht.«
»Komm mir nicht mit deinen Fünfzigerjahre-Klischees. Es gibt immer einen anderen Weg.«
Eine Sekunde lang schwieg er und kämpfte mental mit seiner Verärgerung. »Na schön, was schlägst du vor?«
»Wie gesagt – tu einfach so, als ob du mich nicht kennst.«
»Das kann ich nicht, Vivi. Wir sind als Geschäftspartner registriert. Ich vergebe andauernd Aufträge an eure Firma, und ich kann und will mich nicht dumm stellen. Es wird sich rächen, und dann sind wir beide in den Hintern gekniffen.«
»Wäre irgendwer anderes auf diesen Fall angesetzt worden, hätte ich das durchziehen können.«
Er legte anerkennend den Kopf schief. »Wohl wahr. Du siehst aus wie sie. Jemanden, der dich nicht kennt, hättest du bestimmt reingelegt. Aber ich bin auf diesen Fall angesetzt, und das ändert alles.«
Definitiv. Vivi wandte sich zum Fenster und blickte in den Sonnenaufgang über einem Meer von Journalisten. »Lass mich mit Cara sprechen.«
»Wie denn das auf einmal?«
»Ich kann ihr eine Nachricht schicken. Und ihr erklären, dass ihr Beweise gefunden habt, die für eine Verbindung zwischen den beiden Todesfällen sprechen, weshalb sich das FBI eingeschaltet hat …«
»Das weiß sie.«
Und hat es mir nicht gesagt.
So viel zum Thema Kundenvertrauen. »Ich informiere sie, dass sie einen Agenten geschickt haben, der mich kennt«, schlug sie vor. Würde das bei Cara Ferrari ziehen? Sie war unberechenbar, und Vivi hatte nicht den Hauch einer Ahnung, wie sie darauf reagieren würde. Zehn Millionen Dollar, weil das FBI jemanden geschickt hatte, der Vivi kannte? Das wäre ziemlich unfair.
Aber vermutlich scherte Cara sich einen feuchten Dreck um Fairness.
»Du hast Zeit bis heute Mittag«, sagte Lang und klang dabei, als servierte er ihr ein Zugeständnis auf einem Silbertablett.
»Und das heißt – fünf Uhr?«
»Punkt zwölf. Ostküstenzeit.«
Sie grinste. »Natürlich, ich vergaß, mit wem ich es zu tun habe.«
»Du hast sechs Stunden, Vivi. Heute Mittag rufen wir das FBI an.«
»Heute Mittag um Punkt zwölf, Mr Pingelig.«
»Musst du eigentlich immer das letzte Wort haben?« Sein Telefon klingelte. Er nahm den Anruf an und redete leise über eine Drogenrazzia im South End, so lange, bis die Limousine an einem schmiedeeisernen Tor vor einem ummauerten Grundstück hielt, die immergrüne Hecke so dicht, dass sie nur das Dach und ein paar Schornsteine eines großen, abseits von der Straße liegenden Anwesens erkennen konnte.
Eine Horde Journalisten wartete bereits in der Zufahrt und blockierte das Tor. Sie wurden von Wachleuten zurückgedrängt, vermutlich waren das weitere FBI-Agenten. Einmal auf dem Grundstück, folgten sie einer langen, gewundenen Auffahrt zu einem bombastischen Landhaus im französischen Stil. Gut hundert Meter entfernt schmiegte sich eine zweite, kleinere Version selbigen Haustyps in die parkähnliche Anlage, über einen langen, geschlossenen Durchgang mit dem Hauptgebäude verbunden.
Der Wagen rollte über das Pflaster aus teuren Bruchsteinplatten, dann seitlich um das Haus herum und zu einer Garage.
Lang half Vivi beim Aussteigen und führte sie in das Haus, wo er in einem geräumigen Vorraum stehen blieb.
»Warte hier auf mich. Ich muss noch kurz mit den anderen Agenten reden.«
»Wirst du es ihnen sagen?«
»Heute Mittag um Punkt zwölf«, grinste er und verschwand wieder in der Garage.
Er war keine fünf Sekunden weg, als die Tür zum Rest des Hauses aufflog und eine Frau auftauchte, die Vivi neugierig taxierte. Sie schien um die sechzig zu sein, mit lockigem, grau-blond meliertem Haar, das sie zu einem strengen Knoten hochgesteckt trug. Ihre Augen waren von einem lebhaften Blau, ihre Haut faltig und sonnengegerbt, ihr Lächeln – na ja, es gab keins.
»Sie sind eine ausgezeichnete Wahl«, sagte sie schließlich.
Die allwissende Haushälterin.
»Mercedes Graff«, bestätigte die Frau mit einem knappen Nicken, wobei sie Vivi immer noch musterte. »Wo ist denn der Teckel?«
»Wie bitte?«
»Der Hund.«
»Stella? Ach so, sie wird gleich
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