Guardian Angelinos (03) – Sekunden der Angst
Mal würde sie nicht so viel Glück haben.
Wenn sie um Hilfe schrie, war sie tot. Wenn sie zu ihm hochblickte, war sie tot. Wenn sie sich rührte, war sie …
»Drei!«
Ganz langsam hob sie den Kopf, hielt die Augen aber gesenkt, bis ihr Gesicht direkt in dem Spiegel vor ihnen beiden auftauchte. Sie wartete darauf, dass er nach Luft schnappte, wenn er erkannte, dass sie nicht diejenige war, für die er sie gehalten hatte.
»Zwei!«
Sie begegnete seinem Blick im Spiegel. Er zuckte nicht mit der Wimper, zeigte keinerlei Reaktion, nicht mal ein überraschtes Blinzeln. Er wusste nicht, dass sie nicht Cara war.
Dadurch ermutigt, versuchte sie sich sein Gesicht einzuprägen, das fett und aufgedunsen war, eindeutig asiatisch, nicht älter als dreißig Jahre, kahlrasierter Schädel, Stiernacken, gnadenlos brutaler Blick.
»Eine Sekunde, Cara.« Er strich mit der Pistole ihren Rücken hinauf, und sie spürte den Lauf warm in ihrem Nacken, über ihrem Ohr, an ihrer Schläfe. Es war eine Glock 19, nahm sie zur Kenntnis, die sich schussbereit in seine massige Hand schmiegte. Angst versengte ihr die Haut, schnürte ihr den Magen zusammen.
»Schnallst du nicht, dass du nicht gewinnen kannst?« Sein Körper rammte ihren, sie prallte mit den Hüftknochen gegen den Marmorwaschtisch und unterdrückte einen Würgereiz. »Wenn du nicht kooperierst, stirbst du. Und dann bekommt er sowieso, was er will. Also gib mir den scheiß Schlüssel, und du bleibst am Leben.«
Sie fuhren beide zusammen, als es hart an die Tür zur Suite klopfte. »Vivi! Ich bin’s.«
Lang! Sie schnappte nach Luft und machte sich auf den Tod gefasst, doch ihr Peiniger zog fragend die Brauen hoch in dem finsteren Gesicht.
»Vivi? Wer zum Henker ist das?«
»Wie Sie schon sagten, hier wimmelt es von FBI-Leuten. Wenn Sie abdrücken, sind Sie erledigt.«
Er wich zurück, und zum ersten Mal flackerte Panik in seinen Augen auf. »Du bist nicht Cara.«
»Vivi?« Lang klopfte an die Schlafzimmertür. Würde er unaufgefordert die Suite betreten?
Komm schon, Colton Lang. Mach dir den Weg frei wie der Alphahengst, als den ich dich kenne.
Augenblicklich packte der Mann Vivi und zerrte sie weiter ins Badezimmer. Er stieß ihr die Pistole in die Seite, brachte einen stählernen Arm um sie. Vielleicht hielt er sie für eine FBI-Agentin. War er so kaltblütig, eine FBI-Agentin umzubringen?
»Sorg dafür, dass er draußen bleibt«, befahl er in schroffem Flüsterton. »Oder du bist tot.«
Sie hörte, wie sich die Schlafzimmertür öffnete, leise Schritte auf dem Fußboden.
Komm schon, Lang.
»Hätte ich mir gleich denken können, dass du nicht auf mich wartest.« Lang klopfte an die Badezimmertür. »Bist du da drin?«
Der Mann umklammerte sie fester und verströmte jetzt einen Geruch nach Schweiß und Angst.
»Ja«, antwortete sie mit betont dünner Stimme. Ob Lang merkte, wenn sie sich anders benahm als sonst? Oder würde er denken, dass sie nur versuchte, so zu tun, als wäre sie Cara? Oder, verdammt, vielleicht wollte er einfach ein Gentleman sein und ihr im Bad ihre Privatsphäre lassen.
Bitte, sei kein Gentleman. Ausnahmsweise mal nicht.
»Ich habe deine Tasche«, sagte er. »Und ich habe eine Entscheidung getroffen.«
Als sie nicht antwortete, drückte der Mann brutal ihren Arm. Er stand hinter ihr, entschlossen, sie als menschlichen Schutzschild zu benutzen.
»Rede!«, raunte er ihr unbeherrscht zu.
»Aha, schön.« Sie tat ihr Bestes, apathisch und desinteressiert zu klingen. Das musste für Lang doch ein Wink mit dem Zaunpfahl sein.
»Willst du wissen, welche?«
Wie würde sie normalerweise reagieren? Sie würde diese Tür auftreten und antworten, Aber hallo will ich das wissen, Lang. Was hast du entschieden, was ich tun soll? Das erwartete er, richtig?
»Wie du meinst«, sagte sie schwach. Der Mann hinter ihr verstärkte seinen Griff, und die Pistole bohrte sich tief in ihre Seite, dass es ihr fast die Rippe brach. »Ist mir egal.«
»Sag ihm, er soll dich in Ruhe lassen«, verlangte er, wieder in einem unwirschen Flüsterton.
»Alles in Ordnung?«, fragte Lang.
Gott sei Dank hatte er feine Antennen.
Jetzt mach die Tür auf, Großer, und sei ein Held.
Aber sie hatte die Tür abgeschlossen.
»Bestens«, sagte sie und wurde erneut brutal gequetscht, die Pistole rammte sich in ihre Seite, als könnte Vivi vergessen haben, dass sie in ihrer Niere steckte. »Ich will einfach nur allein sein.«
»Bist du krank?«, fragte er.
»Ich bin … na
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