Guardian Angelinos (03) – Sekunden der Angst
ich drauf und dran bin, von einem fünfundvierzig Kilo schweren menschlichen Bulldozer mit Perücke überfahren zu werden.«
»Zweiundfünfzig Kilo, und es sind Haarverlängerungen.«
Er griff in ihr Haar und drehte eine der dichten schwarzen Locken um seine Finger. »Wir müssen davon eine Probe ans Labor schicken«, sagte er schroff. »Um zu sehen, ob es zu den anderen passt.«
Sie bewegte langsam den Kopf, ließ die Haare durch seine Finger gleiten, wie eine Katze, die ein zärtliches, sanftes Streicheln genießt. »Das ist das erste Mal, dass mir ein Mann mit den Fingern durch die Haare fährt und so was sagt.«
»Es sind gar nicht deine Haare.« Er zog leicht an den Strähnen. »Aber vielleicht lässt du sie dir ja nach dieser Geschichte wachsen.«
Sie löste sich aus seiner Berührung, und Enttäuschung huschte über ihr Gesicht. »Tja, wenn ich gewusst hätte, dass es nur lange Haare und hohe Absätze braucht, um dich rumzukriegen, hätte ich das vermutlich schon längst probiert.«
»Du hast mich nicht rumgekriegt«, sagte er. »Ich stimme lediglich zu, die Informationsweitergabe auf kontrollierte und strategisch sinnvolle Weise vorzunehmen, damit die Medien nicht die Ermittlungen stören.«
Ihre Mundwinkel hoben sich nach oben, enthüllten die Andeutung von Grübchen und ihre neuerdings perfekten Schneidezähne. Komisch, aber er vermisste die winzige Zahnlücke. »Ist mir gleich, mit welchem Blödsinn du dir das schönreden musst, für mich ist das in Ordnung, Lang. Danke. Wo erledigen wir diesen Anruf?«
»Ich habe unten so was wie ein Arbeitszimmer oder eine Bibliothek gesehen. Ich kümmere mich um diese Leute und spreche mit der Polizei von Nantucket. Deine Befragung verschieben wir, bis wir unseren Anruf gemacht haben. Die Detectives werden bald hier sein, und ich möchte auch die Haushälterin befragen …«
»Ich auch.«
Er warf ihr einen fragenden Blick zu. »Ich dachte, du wolltest bei deiner Tarnung bleiben.«
»Ich bin Ermittlerin, Lang.«
»Du bist ein Filmstar, der vor Kurzem angegriffen wurde.«
»Nicht, was Mercedes, die Haushälterin, angeht. Sie ist eingeweiht.« Sie schnippte mit den Fingern und zeigte auf ihn, als ihr etwas einfiel. »Sie hatte es übrigens mächtig eilig, mich hier hochzubekommen. Wir müssen uns definitiv mit ihr unterhalten. Und sie hat vielleicht Kontakt zu Cara. Wir sollten die Telefonleitungen anzapfen lassen, für den Fall, dass wir Cara finden müssen und sie uns nicht sagt, wo sie ist.«
Großer Gott, was kam als Nächstes? »Dafür bekommen wir niemals einen Gerichtsbeschluss.«
Vivi verdrehte die Augen. »Die Guardian Angelinos brauchen keinen beschissenen Gerichtsbeschluss.«
»Wir werden ihr Telefon nicht anzapfen«, sagte er und durchbohrte sie mit einem zurechtweisenden Blick, was jedoch, wie er aus leidvoller Erfahrung wusste, zwecklos war, wenn sie sich etwas in den Kopf gesetzt hatte.
»Okay, okay«, pflichtete sie ihm bei. »Man kann nicht alles haben, stimmt’s?«
»Aber versuchen kann man es ja mal.« Er konnte nicht widerstehen und strich mit seinen Fingerknöcheln abermals über ihren geröteten Hals. Die Berührung ließ sie wacklig einatmen, und das Funkeln in ihren Augen wich etwas Zarterem, einem weichen Glanz.
»Danke, Lang. Ich weiß zu schätzen, dass du in dieser Sache mit mir zusammenarbeitest.«
»Ich arbeite bei gar nichts mit dir zusammen. Ich bin für diese Ermittlungen verantwortlich, und jetzt bist du Opfer und Zeugin.«
Ihr Lächeln verstärkte sich. »Wie du meinst.«
»Warum beschleicht mich ein ungutes Gefühl, wenn du so schnell einlenkst?«
»So schnell lenke ich gar nicht ein«, sagte sie und schloss ihre dichten Wimpern, als er die Male auf ihrer Haut streichelte. »Warum tust du das, Lang?« Zum ersten Mal, seit jemand versucht hatte, sie umzubringen, klang Vivis Stimme nervös.
»Ich will nur sicher sein, dass es dir gut geht.«
»Es geht mir gut, solange du dich …«
Er küsste sie. Er konnte sich nicht zurückhalten, versuchte es gar nicht erst, sondern neigte sich zu ihr hinunter und brachte seinen Mund auf ihren. Ihre Lippen waren zart, schwindelerregend zart, und öffneten sich vor Verblüffung, und ihr Satz blieb unvollendet.
Er war versucht, mit der Zunge über ihre hübschen, makellos weißen Zähne zu gleiten, kämpfte den Wunsch jedoch nieder und hob den Kopf.
»Solange ich mich was?«, fragte er mit heiserer Stimme.
»An dein Versprechen hältst«, flüsterte sie, die Augen immer noch
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