Guardians of Eternity 10 - Gefaehrtin der Ewigkeit
des Verlustes, der in Gaius’ Augen aufflackerte und so ungemein tief in seiner Seele wurzelte, nicht berühren zu lassen. Es war dasselbe Gefühl des Verlustes, das er selbst empfunden hatte, als Dara ihnen genommen worden war.
»Um jeden Preis?«
»Um jeden Preis.« Gaius wandte sich um und durchstreifte den Raum. Sein Gang war eigenartig unsicher. »Ich hatte keine andere Wahl.«
»Das behauptest du die ganze Zeit, doch wir wissen beide, dass es eine Lüge ist.«
»Du verstehst das nicht.«
Kribbelnde Verzweiflung durchsetzte die Luft. Santiago legte die Stirn in Falten. Dies war nicht die alles beherrschende Gewalttätigkeit, die bewirkt hatte, dass die Luft in Louisiana sich so erstickend angefühlt hatte, und auch nicht die Angst, die sich um das Schulgebäude herum verbreitet hatte, in dem sie die arme Melinda gefunden hatten. Aber das Gefühl ging ohne jeden Zweifel von Gaius aus.
Handelte es sich um ein neues Talent wie Gaius’ Fähigkeit, seine Gestalt zu wandeln? Oder um ein Warnsignal, das anzeigte, dass der seltsame Geist durch ihn agierte?
Instinktiv trat Santiago näher an Tonya heran. Wenn die Angelegenheit den Bach hinunterging, wollte er dicht genug bei ihr sein, um nach ihr greifen zu können.
»Was gibt es da zu verstehen?«
»Es war meine Schuld.«
Santiago blickte Gaius mit gerunzelter Stirn an. »Wir alle fühlen uns schuldig an Daras Tod. Wenn ich da gewesen wäre, dann …«
»Nein.« Gaius drehte sich abrupt um, um den Blick auf ihn zu richten. In seinen Augen brannte ein düsterer Ausdruck der Reue. »Der Angriff war meine Schuld.«
Gerade wollte Santiago diese Behauptung abstreiten, da biss er sich auf die Zunge. Vielleicht handelte es sich hier um mehr als nur um die typischen Schuldgefühle eines Überlebenden.
Vielleicht gab es einen tieferen Grund für Gaius’ Wahnsinn.
»Weshalb sagst du das?«
Gaius wandte den Kopf ab, als sei er nicht imstande, Santiagos unverwandten Blick zu erwidern. »Ich hatte die Entscheidung getroffen, dass unser Clan mächtig genug geworden war, unser Territorium zu erweitern.« Er lachte kurz und humorlos auf. »Weshalb sollte ich mit Rom zufrieden sein, wenn ich schließlich über das gesamte Imperium hätte herrschen können?«
Santiago hob überrascht die Brauen. »Ein ehrgeiziger Plan.«
»Oh, ich hatte durchaus die Absicht, klein anzufangen.« Gaius machte eine verächtliche Handbewegung. »Eine einfache Übernahme des benachbarten Clans.«
»Du hattest nie etwas von einer Erweiterung erwähnt«, warf Santiago ihm vor. Erst jetzt wurde ihm klar, dass er diesen Mann niemals wirklich gekannt hatte. »Ich dachte, ich sei dein getreuester Soldat gewesen.«
Gaius blickte ihn nun wieder an. »Du warst mein Sohn, kein Soldat.«
»Aber du vertrautest mir eine derart entscheidende Information nicht an?«
Ein Anflug von Ungeduld erschien auf Gaius’ Gesicht. »Nur weil ich die Hoffnung hegte, meine Ziele erreichen zu können, ohne dich oder andere Clanangehörige in die Angelegenheit hineinzuziehen.«
Santiago schüttelte ungläubig den Kopf. »Hast du erwartet, dass der andere Clanchef dir sein Territorium überlassen würde, wenn du ihn nur freundlich darum bätest?«
»Ich erwartete einen heimlichen Dolchstoß in den Rücken, um einen unerfreulichen Krieg zu vermeiden.«
Santiago schürzte verächtlich die Lippen. Eine Ermordung. Die Wahl des Feiglings.
»Et tu, Brute?« , spottete er.
Gaius tat Santiagos Verachtung mit einer Handbewegung ab. »Ein unblutiger …« Er grimassierte. »Nun ja, ein beinahe unblutiger Coup ist stets besser als ein Krieg.«
»Und wer sollte den Dolch führen?«
»Ich wandte mich an den General des benachbarten Clanchefs«, gestand Gaius. »Das Gerücht, es gelüste diesen Vampir nach der Gefährtin des Chefs, war zu mir gedrungen. Es war nicht weiter schwierig, ihn davon zu überzeugen, die Gefährtin des Clanchefs in sein Bett locken zu können, sobald sein Clanchef tot sei. Ich gab ihm meine Waffe, damit er die Tat ausführte.«
Santiago zog den pugio aus der Tasche seiner Jeans und warf ihn mitten auf den Boden. Die silberne Klinge des römischen Dolches schimmerte in dem Licht der nackten Glühbirne, die von der Decke hing.
»Diese Waffe?«
Gaius blickte sie stirnrunzelnd an, als versuche er zu verstehen, wie Santiago den Dolch in die Finger bekommen hatte.
»Ja«, sagte er knapp. »Obgleich ich nicht derjenige war, der den Todesstoß ausführen würde, wollte ich den Clan wissen lassen, wer
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