Guardians of Eternity 10 - Gefaehrtin der Ewigkeit
Sinnen freien Lauf gelassen hatte.
Allen seinen Sinnen.
»Weshalb?«, wollte er wissen, nicht einmal ansatzweise gekränkt durch ihre Beschuldigung. »Weil ich nicht kastriert wurde wie die sogenannten Unsterblichen?«
»Meine Clanangehörigen sind nicht kastriert«, widersprach sie, und ein schwacher Akzent war in ihrer leisen, verführerischen Stimme hörbar. Wie viele uralte Vampire kultivierte sie bewusst den gegenwärtigen Slang, verfiel aber in ein förmlicheres Sprachmuster, wenn sie aufgewühlt war. »Tatsächlich sind sie zufällig äußerst intelligente, gedankenvolle, redegewandte …«
»Eunuchen.«
Sie kniff die Lippen zusammen. »Ich mag diese Welt zwar vor mehreren Jahrhunderten verlassen haben, doch ich bin mir recht sicher, dass es Männern nicht mehr gestattet ist, Frauen zu belästigen, wann auch immer sie gerade den Impuls dazu verspüren.«
Sein sanftes Lachen erfüllte den Raum. »Oh, ich habe mit dem Belästigen noch nicht einmal angefangen«, versicherte er ihr. Er war nicht dumm. Diese Frau verfügte über die Macht, ihn zu kleinen, matschigen Stücken zu verarbeiten, wenn sein Verhalten sie wahrhaft kränkte. »Dies hier ist nur ein kleines Vorspiel meiner Belästigung.«
»Barbar.«
Er gab ihrer stolzen Adlernase einen Kuss. »Und ich liebe jeden Augenblick davon.«
»Das reicht jetzt.« Dieses Mal schob sie ihn mit so viel Kraft von sich, dass Santiago sich sicher sein konnte, dass sie ihn nicht nur neckte.
Widerstrebend ließ er die Hände sinken und trat einen Schritt zurück. »Nicht annähernd, aber es wird auf eine passendere Zeit und einen angemesseneren Ort warten müssen.«
Sie schob das Kinn vor und wirkte ungerührt. Nur das leichte Zittern ihrer Finger, als sie das schwere Goldmedaillon um ihren Hals zurechtrückte, zeigte Santiago, dass er sich ihre Reaktion auf seinen Kuss nicht nur eingebildet hatte.
»Existiert das Wort ›angemessen‹ in Eurem Vokabular überhaupt?«
Verärgert darüber, dass sie so ruhig war, während er bei lebendigem Leibe von seiner Begierde verschlungen wurde, stemmte Santiago die Hände in die Hüften. »Was machst du hier?«
Unbeeindruckt von der abrupten Frage, sah sie ihm direkt in die Augen. »Ich könnte Euch dasselbe fragen.«
»Ich bin Gaius’ einziges lebendes Kind«, antwortete er prompt. »Von Rechts wegen kann ich nach seinem Tod Anspruch auf seine Besitztümer erheben.« Er ließ einen vertraulichen Blick über ihren Körper mit der würdevollen Haltung gleiten. »Tatsächlich ist es so, dass alles, was zu diesen Besitztümern gehört, mir zufällt.«
Sie ignorierte seine Andeutung und blickte ihn mit kühlem Unglauben an. »Also seid Ihr hier, um Eure neueste Errungenschaft zu inspizieren?«
»Wenn ich sie lange genug leer stehen lasse, wer weiß, welche ruchlose Kreatur sich entschließt, in meinem Territorium zu wildern?«
»Ich verstehe. Dann werde ich Euch nun Eurer«, es folgte ein mildes Lächeln, »Inspektion überlassen.«
Seine Hand schoss unerhört schnell nach vorn und packte sie am Arm, als sie versuchte, an ihm vorbeizugehen.
»Nicht so hastig, cara .«
Der schwere Druck ihrer Macht erfüllte den engen Raum, und Santiagos langes Haar bewegte sich in der plötzlich aufgekommenen Brise.
»Ihr lasst mich besser los«, sagte sie warnend, ungeheuer sanft.
Er lockerte seinen Griff, ließ ihren Arm jedoch nicht los. Sie würde ihm nicht davonlaufen. Nicht wieder. »Du hast meine Frage noch nicht beantwortet.«
»Ich habe auch nicht die Absicht, das zu tun.«
Er forschte in ihren edlen, blassen Gesichtszügen. »Solch eine perfekte Eiskönigin«, murmelte er und senkte den Blick zu ihren sinnlichen, vollen Lippen. Es waren nicht die Lippen einer Eisprinzessin. Sie versprachen ihm heiße spanische Nächte und dekadentes Vergnügen. »Haben die Orakel dich geschickt?«
Da er sie berührte, spürte er, wie sie sich bei seiner Frage versteifte.
»Nur ein Dummkopf spräche über Angelegenheiten der Kommission.«
Ach, wirklich? Unglücklicherweise hatte Styx ihn geradewegs in die Höhle des Löwen geschickt. Er musste wissen, aus welchem Grund die Orakel Interesse an Gaius hatten. Und was sie vor den Vampiren zu verheimlichen versuchten.
»Du bist hier, um nach Gaius zu suchen, oder nicht?«
»Weshalb sollte ich das tun?« Frost erfüllte ihre Worte. »Meines Wissens ist Gaius während der Schlacht gegen den Fürsten der Finsternis gestorben.«
Sein kurzes Auflachen enthielt einen bitteren Unterton. »Ja,
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