Guardians of Eternity 10 - Gefaehrtin der Ewigkeit
ausgeprägtes Einfühlungsvermögen, das ihr Herz berührte.
Welcher andere Vampir könnte so mühelos begreifen, dass sie entsetzt über die Dinge war, die sie getan hatte, und weit entfernt davon, stolz auf ihr überragendes Können im Kampf zu sein?
»Du wurdest gezwungen zu töten?«
Unzusammenhängende Erinnerungen an blutige Schlachten und verstümmelte Leichname schossen ihr durch den Kopf und ließen sie zusammenzucken. »Öfter, als ich zählen kann.«
Santiago ließ seine Finger über ihre Kehle gleiten, und seine Berührung spendete ihr seligen Trost. »Es ist kein Wunder, dass du dich so verzweifelt nach Frieden sehnst.«
Sie wusste, dass sie seine Hand eigentlich wegschieben sollte. Seine Fähigkeit, ihr ein Gefühl der Sicherheit zu vermitteln, war so gefährlich verlockend wie seine mächtige Sinnlichkeit.
Doch stattdessen beugte sie sich zu ihm und genoss seine innige Berührung.
Töricht.
Es war so ungemein töricht.
»Und das war nicht einmal das Schlimmste«, sagte sie. Der alte Schmerz erwachte wieder als dumpfes Pochen, das niemals ganz verschwand.
Er runzelte die Stirn. »Du musst nicht weiterreden.«
»Nein, bitte.« Nefri straffte die Schultern. Sie kannte sich selbst nur allzu gut. Wenn er jetzt zuließe, dass sie sich hinter ihre Schutzmauern zurückzog, dann käme sie nie wieder dahinter hervor. »Lass mich die Geschichte zu Ende erzählen.«
Er neigte langsam den Kopf. »In Ordnung.«
»Das Kämpfen war etwas, das ich zu ertragen lernte, einfach weil ich keine andere Wahl hatte.«
»Überleben kann etwas Scheußliches sein«, erwiderte er. Natürlich verstand er nur zu gut, was sie meinte.
»Ja.«
Er rieb mit dem Daumen über die sensible Mulde direkt unter ihrem Ohr. »Wann hast du es nicht mehr ertragen?«
»Als mein Clanchef begann, mich als Waffe an andere Clans zu verleihen.«
»Er verschacherte dich?« Santiago stieß einen angewiderten Laut aus, obwohl es früher bei Clanchefs keineswegs unüblich gewesen war, dass sie ihr Volk zu ihrem eigenen Vorteil nutzten, ob nun als Soldaten, Huren oder einfach zum Zeitvertreib.
»Ich stand stets demjenigen zur Verfügung, der das meiste Geld bot«, erklärte sie. »Dabei spielte es keine Rolle, was derjenige mich tun lassen wollte.«
Santiago schüttelte den Kopf und streichelte mit dem Daumen über die Linie ihres fest angespannten Kiefers. »Es war nicht deine Schuld, cara« , murmelte er. »Du warst der Gnade eines Mannes ausgeliefert, der von Gier und Ehrgeiz erfüllt war.«
»Gleichgültig, ob es meine Schuld war oder nicht – das Ergebnis war dasselbe.«
Santiago sah ein, dass er nicht imstande sein würde, Nefri zu überzeugen, dass ihr nichts vorzuwerfen war. Er sah sie mit einem grüblerischen Blick an. »Was hast du getan?«
»Ich wartete den richtigen Augenblick ab, und als ich mich bereit fühlte, nahm ich an den Schlachten von Durotriges teil, um Clanchefin zu werden.« Sie musste ihm nicht erzählen, dass sie während ihrer Kämpfe beinahe gestorben wäre oder dass es sie für alle Zeiten verändert hatte, dass sie dem Tod wieder und wieder ins Auge geblickt hatte. Nur wenige Vampire nahmen an den Schlachten teil und überlebten. Es war eine anerkannte Tatsache, dass sie das Leben mehr zu schätzen lernten. Ihr eigenes und das der anderen. Und das machte sie besonders geeignet für die Position des Clanchefs. »Niemals wollte ich mehr eine Waffe für eine andere Person werden.«
»Und niemals wieder die Kontrolle verlieren, nicht wahr, querida? «
Sie nickte. Dass sie stärker war als jedes andere Wesen in ihrer Umgebung, war ihr spätestens klar geworden, als sie merkte, welche Gefahr es nach sich zog, wenn sie ihren Gefühlen nachgab.
»Wenn ich zornig werde oder Angst habe, endet das schließlich damit, dass die Leute um mich herum sterben.« Sie erschauderte. »Manchmal sogar eine ganze Menge Leute.«
Der Blick aus seinen dunklen Augen glitt über ihr nach oben gewandtes Gesicht. »Aus diesem Grund hast du einen Clan gegründet, der sich dem Frieden verschrieben hat?«
»Ja.« Sie lächelte schief. Es war ihr so einfach vorgekommen. Sie hatte gewusst, dass es gleichgesinnte Vampire geben musste, die eine Oase des Friedens schaffen wollten. Die einzige Schwierigkeit hatte darin bestanden, einen Ort zu finden, an dem sie sicher vor den Dämonen sein würden, die den Wunsch nach Ruhe als Zeichen der Schwäche betrachteten. Sie mussten geschützt leben. »Und ich wandte mich an die Kommission, um zu
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