Gucci, Glamour Und Champagner
machte ich mir Sorgen. Ich hatte mich in die dunkelste Ecke gesetzt, die ich finden konnte, dunkle Sonnenbrille, schwarzes T-Shirt, schwarze Jeans, das Haar zum Pferdeschwanz zusammengebunden, und fragte mich, ob ich es vielleicht mit meinem Plan, absolut anonym zu bleiben, zu weit getrieben hatte. Ich wollte mich vor den Angestellten der Rezeption verstecken, aber doch nicht vor Virginie. Weitere zehn Minuten später meldete sich mein Telefon in meiner einzigartigen Marc-Jacobs-Tasche.
»Es tut mir so leid, Angela«, sprudelte es aus Virginie heraus, die gar nicht abwartete, bis ich Hallo gesagt hatte. »Ich komme jetzt zum Hotel. Ich musste in die Belle -Redaktion, um das Fax von Cici abzuholen.«
»Sie hat ein Fax an die Redaktion geschickt?«, fragte ich verwirrt, aber erleichtert. Wer hätte das gedacht? Cici hatte Wort gehalten, wenngleich sie den komplizierten Weg wählte. Woher sollte ich denn wissen, dass sie das Fax an die Redaktion schicken würde?
» Oui , ich habe es jetzt dabei. Sollen wir es bei einem Kaffee gemeinsam lesen?«, schlug Virginie vor.
»Kaffee klingt gut. Wie lange werden Sie brauchen, bis Sie hier sind?« Ich brauchte dringend einen Kaffee, um meine Lebensgeister zu wecken. Die mich vielleicht tatsächlich bald verließen, denn mein Kopf pochte, und mein Mund schmeckte nach Abbeizmittel. Natürlich hatte ich noch nie Abbeizmittel zu mir genommen, ich stützte mich nur auf eine wohlbegründete Vermutung.
»Könnten Sie vielleicht zur Métro -Station Alma-Marceau kommen? Wir haben gestern so viel Zeit im Marais und in Saint-Germain verbracht«, schlug sie vor. »Es ist ganz einfach, Sie nehmen die Bahn bei Saint-Sébastien, steigen an der Bastille um und dann an der Roosevelt. Oder Sie laufen zur Bastille, es ist nicht weit. Sie haben doch einen Stadtplan?«
»Habe ich«, sagte ich und schaute in meiner Tasche nach. Hatte ich. Puh. »Aber ich komme mit Stadtplänen nicht gut zurecht – vielleicht sollten wir uns doch lieber hier treffen?«
Virginie lachte, hell und beruhigend. Ganz das Gegenteil von Cicis Gegacker. »Das schaffen Sie schon, Angela. Wir treffen uns in einer halben Stunde. Rufen Sie mich an, wenn Sie mich nicht finden können.«
Ich war wirklich nicht in der Verfassung, mich allein im System der Métro zurechtzufinden. Und beim Blick auf den Métro plan auf der Rückseite des Stadtplans stellte ich fest, dass es nicht so leicht werden würde, wie Virginie mir das hatte weismachen wollen. Dieses Mädchen setzte viel zu viel Vertrauen in mich. Ich schloss die Augen, ließ meinen Kopf nach hinten sinken und stieß einen viel zu lauten Seufzer aus.
»Ist alles in Ordnung, Madame ?«, erkundigte sich eine sehr besorgte Stimme neben mir. »Fühlen Sie sich unwohl? Schon wieder?«
Nachdem ich ein Auge hinter meiner Sonnenbrille geöffnet hatte, sah ich den Portier, der in der vergangenen Nacht Dienst gehabt hatte, in sicherer Distanz links von mir stehen. Er war sicherlich davon überzeugt, dass ich gleich wieder erbrechen und seine makellose Rezeption besudeln würde. Schon wieder.
»Mir geht es gut, danke.« Ich erhob mich, so elegant es mir möglich war, aus dem Sessel (also nicht sehr) und versuchte meine Fassung wiederzuerlangen.
Er nickte kurz und zog sich langsam zurück, sichtlich nicht überzeugt von meinen Worten. Ich presste die Lippen zusammen. Ich würde nicht zulassen, dass er in dem Glauben wegging, es mit einer schlimmen Säuferin zu tun zu haben.
»Meine beste Freundin war Concierge«, sprudelte es aus mir heraus. »In einem Hotel.«
» Pardon ?« Er stand hinter seinem Tresen und starrte mich aus sicherem Abstand an. »Ihre Freundin arbeitet in unserem Hotel?«
Wieso? Wieso konnte ich nie etwas auf sich beruhen lassen?
»O nein, sie lebt jetzt in L. A.«, fuhr ich fort, ohne auf das kleine Stimmchen in meinem Kopf zu achten, das mir immer wieder befahl, endlich den Mund zu halten. »Aber sie hat jahrelang in einem Hotel gearbeitet. Arbeiten Sie schon lange hier?«
»Seit drei Jahren«, erwiderte er und sah mich dabei noch immer verwirrt und jetzt außerdem noch leicht verängstigt an. »Ich heiße Alain. Wir freuen uns sehr, dass Sie unser Gast sind, Madame .«
Dies konnte man beim besten Willen nur als sehr höflichen Versuch verstehen, mir zu sagen »Jetzt verschwinden Sie endlich, und lassen Sie mich in Ruhe«, aber konnte ich das? Nein. Das wäre zu einfach gewesen.
»Mann, drei Jahre, das ist eine lange Zeit in einem Job«, sagte ich und
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