Gucci, Glamour Und Champagner
.« Virginie nickte einmal kurz. Und seufzte.
Die E-Mail an Jenny zu formulieren dauerte viel länger, als ich gedacht hatte. Ich war mit ihren Launen vertraut, aber wir hatten uns nie gestritten, seit wir an verschiedenen Küsten, geschweige denn auf verschiedenen Kontinenten weilten, und mir passte das gar nicht. Außerdem lag die Schuld in diesem Fall voll und ganz bei mir, wohingegen ich sonst mehr oder weniger damit rechnen konnte, dass Hurricane Jenny für mindestens fünfzig Prozent die Verantwortung übernahm. Was sollte ich also tun? Denn meinetwegen waren, wenn auch unbeabsichtigt, geborgte Kleider im Wert von über zehntausend Dollar zerstört worden. Und wer würde mir schon glauben, was damit passiert war? Jenny war noch ganz neu im Stylistengewerbe, und es zählte allein ihr Ruf, wie sie mir oft mitten am Nachmittag in betrunkenem Zustand erzählte. Offensichtlich diente das Sichbetrinken dazu, den Ruf zu festigen. Aber wenn sie nun den Verlust von Unmengen schöner, teurer Dinge zu verantworten hatte, würde ihr dieser auch nichts nützen. Schließlich hatte sie nicht jemanden eingekleidet, der diese Klamotten wenigstens im Fernsehen oder so getragen hatte, bevor sie vernichtet wurden.
Nachdem ich vier verschiedene Versionen derselben Nachricht verfasst hatte, entschied ich mich schließlich für: »Es tut mir so leid, lass mich wissen, wann ich dich anrufen kann, dann werden wir schon eine Lösung finden. Ich werde sie dir irgendwie ersetzen. Alles Liebe x«
Obwohl mir völlig schleierhaft war, wie das Irgendwie aussehen konnte. Und nachdem mein E-Mail-Icon das Abschicken der Mail bestätigt hatte, holte ich erst mal tief Luft und rief Alex an.
»Hey.« Er war sofort dran, was untypisch war, mich aber erleichterte. Zieh’s ab wie ein Pflaster, Angela, sagte ich mir. »Was gibt es?«
»Hey«, begann ich und kaute am Nagel meines kleinen Fingers. »Wie lief die Radioshow?«
Wenn ich in einem wirklich gut war, dann im Hinauszögern.
»Die war gut, wir haben gespielt, wir haben geredet.« Die Verbindung war schlecht, aber er schien ziemlich gute Laune zu haben. Zeit, in den sauren Apfel zu beißen. Egal.
»Ich wollte nur mal hören, wir haben doch für heute Abend nichts vor, oder?« Ich drehte mich zur Seite, um nicht Virginies hochgezogene Braue sehen zu müssen. »Denn wir sind zu einer Party eingeladen, und ich habe mehr oder weniger zugesagt.«
»Du hast für uns schon eine Einladung zu einer Party bekommen?« Er lachte. »Das ist doch nicht etwa gestern Abend passiert?«
»Schon möglich«, gab ich zu und drehte mich in meinem Stuhl noch ein wenig weiter. »Du weißt doch, dass ich gern Freundschaften schließe, wenn ich was getrunken habe.«
»Wenn du betrunken bist, machst du eine Menge Dinge gern, denen ich nicht zustimmen kann. Und einiges, das durchaus meine Zustimmung findet.« Alex senkte seine Stimme gerade so weit, dass ich Gänsehaut bekam. »Gut, dann sag mir nur, wo ich hin muss.«
»Äh, ja, die Sache ist die, es ist Solènes Party«, sagte ich leise. »In ihrer Wohnung.«
Plötzlich wurde es schrecklich still in der Leitung.
»Alex?«
»Auf eine Party in Solènes Wohnung gehen wir nicht.«
Er klang nicht wütend, nur sehr entschlossen.
»Es ist nur, ich habe mehr oder weniger zugesagt, und sie meinte, sie wolle mit dir wieder in Kontakt kommen, und wir sollten ihren Freund kennenlernen, und wir bräuchten ja auch nur kurz zu bleiben, also denke ich, da ich nun schon mal ja gesagt habe, sollten wir hingehen. Nur ganz kurz. Ansonsten denkt sie womöglich …«
»Was?«, fiel Alex mir ins Wort. Was vermutlich richtig war. »Was wird sie denken?«
»Dass wir unhöflich sind?«
»Ich bin mir ziemlich sicher, dass es mir völlig egal ist, was sie über dich denkt«, erwiderte er. »Und ich bin mir verdammt sicher, dass es mich nicht die Bohne interessiert, was sie über mich denkt. Ich gehe nicht hin, du gehst nicht hin.«
»Du kannst mir nicht vorschreiben, was ich tun soll.« Alex fluchen zu hören war komisch, und es gefiel mir gar nicht. Aber ich versuchte, so ruhig wie möglich zu bleiben, weil ich mir ziemlich sicher war, dass Virginie nur darauf lauerte, eine französische Version von »hab ich’s nicht gesagt« loszuwerden. »Ich weiß nicht, warum du so ein Theater machst. Wir brauchen doch nur kurz vorbeizuschauen und Hallo zu sagen. Und du fühlst dich sicherlich besser, wenn du sie tatsächlich getroffen hast. Es ist nicht gut, wegen was sauer zu sein, was
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