Gucci, Glamour Und Champagner
bitte umgehend eine E-Mail.
Mit freundlichen Grüßen
IHRE REDAKTEURIN Mary
In Panik drückte ich auf Beantworten und tippte einen kurzen Überblick ein, was mit meinem Koffer, meinem BlackBerry und sonst noch so passiert war. Beim nochmaligen Durchlesen fand ich das »und das alles nur wegen Cici, dieser Psychozicke von einer Assistentin. Sie ist völlig gaga« nicht allzu schroff. Als ich den Mann im wasserblauen Hemd mit meinem Kabel auf mich zukommen sah, drückte ich auf Senden und eilte hinüber zur Kasse, aber er winkte mir schon mit dem tragbaren Kartenlesegerät. Mal ganz im Ernst, musste man, um bei Apple angestellt zu sein, ein eingebildeter kleiner Mistkerl sein? Insgeheim gelobte ich mir, mich nie wieder zum Kauf eines weiteren Apple-Produkts verleiten zu lassen. Abgesehen vielleicht von einem neuen iPod, denn wer kann ohne einen solchen schon leben? Oder vielleicht auch einem iPhone. Wenn ich meinen Laptop mal durch das neue MacBook Pro ersetzt hatte.
Nach der eiskalten Klimaanlage des Apple Stores kamen mir die nachmittäglichen Straßen brüllend heiß vor, und ich hatte Bauchschmerzen vor Hunger. Ich war mir nicht sicher, ob es an meinem lädierten Gesicht oder an den schrecklichen Geräuschen meines Magens lag, mit denen ich Frauen und kleine Kinder verschreckte, aber die Leute vor mir schienen meinetwegen auf die andere Straßenseite zu wechseln. Doch ich nahm allen Mut zusammen und betrat das nächste Café, um mir einen Orangensaft und ein Croissant zu kaufen. Der reizende, winzige grauhaarige Mann hinter der Theke vermied es sehr geschickt, auf meine Blutergüsse zu starren, und binnen einer Minute war ich ohne größere Kommunikationsprobleme wieder draußen. Und das mit den von mir gekauften Sachen. Ich war stolz.
Eine Rückkehr ins Hotel wäre in Hinblick auf meinen Artikel einer Niederlage gleichgekommen, also klapperte ich noch ein paar Straßen ab und hielt nach einem Platz Ausschau, wo ich mich hinsetzen und meine Beute verzehren konnte. Nachdem ich einige Straßen überquert hatte, entdeckte ich eine Gruppe Franzosen, die mit Tüten voller Essen unterwegs waren. Ich folgte ihnen in sicherer Entfernung, um nicht als Stalkerin aufzufallen, durch ein zweiflügeliges riesiges Schmiedeeisentor und befand mich unvermittelt in einem wunderschönen, von Mauern umgebenen Hof mit Bogengängen und gepflegten Gärten. Ein kleines Schild am Tor verriet Musée Carnavalet . Ich schaute mich nach einer Möglichkeit um, Eintritt zu bezahlen, konnte aber nichts entdecken. Unter dem Deckmantel der Unwissenheit belegte ich daraufhin einen Platz auf den Stufen und biss in mein Croissant.
Zum ersten Mal, seit ich mir mein Gesicht angeschlagen hatte, vielleicht aber auch zum ersten Mal, seit ich in Paris war, hatte ich das Gefühl, mich langsam zu entspannen. Und zwar ohne Hilfe von Alkohol. Während meines Umherlaufens hatte ich mir die Namen vieler Geschäfte notiert und schlechte kleine Fotos mit meinem BlackBerry gemacht, aber alles konzentrierte sich auf das Marais, doch wer bei Belle konnte schon behaupten, dass das Marais nicht der coolste Hipster-Treff von ganz Europa war? Virginie würde mir zu besseren Fotos verhelfen, aber bei Belle wusste man schließlich auch, dass ich keine Fotografin war. Mein Auftrag lautete, Schnappschüsse zu machen, und wenn wir was richtig Gutes brauchten, würde man sicherlich einen Fotografen herschicken können. Ich war nur die Autorin. Eine wirklich, wirklich gute Autorin.
Und Jenny konnte auch nicht ewig sauer auf mich sein. Ich würde alles tun, was nötig war, um ihr zu helfen, und sicherlich eine Lösung finden. Wir fanden immer eine. Und Alex, nun ja, eigentlich hatte ich mit Alex keine Probleme, wenn ich es mir genau überlegte. Mein Problem war die Tatsache, dass er vor mir mit einer umwerfend schönen Frau zusammen gewesen war, die zufälligerweise auch hier in Paris war. Dagegen konnte ich nicht viel tun. Ich konnte Alex auch nicht vorwerfen, dass er großes Interesse an ihr zeigte, und auch sie schien sich nicht gerade für ihn zu interessieren – weshalb regte ich mich also auf? Abgesehen davon, dass »ich eben ein Mädchen war«.
Es war so friedlich in diesem hübschen Garten. Und während ich ein großes Stück von meinem Croissant abbiss, schweifte ich in Gedanken ab und malte mir aus, wie ich in diesem umwerfenden Brautkleid wie aus Ein süßer Fratz feierlich den Garten betrat, in der Hand knallrosa Gerberas, das Haar in weichen Locken halb
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