Gucci war gestern: Bekenntnisse einer eingebildeten Glamour-Queen, oder warum Sie nie mit Ihrer Pradatasche aufs Arbeitsamt gehen sollten (German Edition)
soweit ich das mitbekommen habe, einer von der wirklich netten Sorte. Er vergötterte Dee Dee, und wenn die ihn bat, ihr zuliebe einen ihrer Freunde zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen, tat er ihr meist den Gefallen. Obwohl es ganz vom Talent des jeweiligen Bewerbers abhing, ob er oder sie nun einen Praktikumsplatz bekam oder nicht, gab er ihren Freunden immer gern eine Chance.
Als Politikstudentin lief mir bei der Aussicht auf einen Job bei C-SPAN buchstäblich das Wasser im Mund zusammen. Als Dee mir also erzählte, ihr Onkel sei demnächst wieder in der Stadt (und habe sogar vor, in dem Restaurant zu essen, in dem wir beide arbeiteten), war mir klar, das wäre die Gelegenheit, ihn kennenzulernen und mich für einen Job zu empfehlen.
Einen formellen Vorstellungstermin gab es nicht. Brian hatte keine Ahnung, dass ich ihn kennenlernen wollte. Mir schlotterten die Knie bei der Vorstellung, ihn um ein offizielles Bewerbungsgespräch zu bitten, und ich war überzeugt, in einer zwangloseren Situation wesentlich lockerer zu sein, weshalb Dee sich dazu breitschlagen ließ, mich im Restaurant auf ihn loszulassen. Als ich dann nach meiner Schicht ungeduldig darauf wartete, dass er endlich eintrudelte, schlürfte ich schnell einen kleinen Drink, um meine flatternden Nerven ein bisschen zu beruhigen. Schließlich wollte ich selbstbewusst und lässig rüberkommen. In so einem aufgelösten Zustand wollte ich ihm nicht gegenübertreten. Sonst hätte er mich für einen hoffnungslos neurotischen Fall für die Klapsmühle gehalten, und einer durchgeknallten Irren gibt doch niemand einen Praktikumsplatz. Also trank ich schnell einen winzig kleinen Johnnie Walker Black mit Soda, weil ich zu nervös war, um was zu essen.
Nach dem Drink war ich schon wesentlich unverkrampfter und glaubte, noch ein winzig kleines Schlückchen könnte nicht schaden, um noch ein bisschen selbstsicherer rüberzukommen. Ich meine, schließlich ging es hier um meine zukünftige Karriere! Ich war moralisch geradezu verpflichtet, mich im bestmöglichen Licht darzustellen, also ja, bitte, noch einen Johnnie Walker auf meinen Deckel. Und jetzt stellen Sie sich erst mal vor, wie viel lockerer ich nach den Drinks Nummer drei, vier und fünf war! Als Brian schließlich reinkam, war ich so was von grundentspannt , das kann ich Ihnen sagen.
Dee kam mit ihm rüber, um uns miteinander bekannt zu machen. Das war meine Chance! Meine gesamte berufliche Zukunft stand auf dem Spiel! Wenn ich mich nicht allzu blöd anstellte, könnte aus so einem Praktikum bei C-SPAN im Handumdrehen auch eine Festanstellung bei einem Lobbyistenverband werden, und bei so einem Job wäre ich einsame Spitze. Schnell würde ich vom Lakaien zur einflussreichen Beraterin aufsteigen, und sämtliche Leute in Washington, die irgendwas zu sagen hatten, hätten meine Nummer im Kurzwahlverzeichnis. »Oh ja«, würden Sie sagen, »J. A. Lancaster ist genau die Richtige dafür. Die musst du anrufen, dann wird die Sache prompt erledigt.« Ich hatte mir überlegt, ganz geschlechtsneutral nur meine Initialen zu verwenden. Und dann? Wenn ich in einem umwerfenden kurzen Rock und langem Blazer auftauchte? Dann würde ich sie glatt umhauen, und sämtliche reichen Männer im Büro würden sich darum reißen, mich zum Abendessen ausführen zu dürfen, wo ich sie dann mit meiner Doppelpackung Schönheit und Köpfchen um den Verstand bringen würde, und sie würden nicht mal mit der Wimper zucken, wenn ich sowohl die Pistazien-Crème-brûlée ALS AUCH das Schokoladentörtchen mit dem Kern aus flüssiger Schokolade bestellte, weil ich von beiden »nur ein kleines Häppchen probieren« wollte.
Ich wäre das heißeste Gesprächsthema von ganz Washington, und die Nachrichtensendungen würden sich darum reißen, mich als Sonderkorrespondentin zu engagieren. Dann würde ich in einem offenen Cabrio mit Pillbox-Hütchen durch die Stadt cruisen und eigenhändig Jackie Kennedys Camelot-Style wiederbeleben. Ich würde in einem luxuriösen Stadthaus in Georgetown residieren, genau wie die Hauptfigur aus der Serie Murphy Brown , und hätte zwei riesige, sabbernde Bulldoggen namens Winston und Churchill. Die Washington Post würde mich zur »begehrtesten Junggesellin von ganz D.C.« küren. Und ehe man sich’s versah, wäre ich Mrs Senator Soundso, und meine Soireen wären so cool, dass sogar die US Weekly darüber berichten würde. Dann würde man meinen Mann als Diplomaten ins Ausland berufen, und zwar an einen
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