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Gucci war gestern: Bekenntnisse einer eingebildeten Glamour-Queen, oder warum Sie nie mit Ihrer Pradatasche aufs Arbeitsamt gehen sollten (German Edition)

Gucci war gestern: Bekenntnisse einer eingebildeten Glamour-Queen, oder warum Sie nie mit Ihrer Pradatasche aufs Arbeitsamt gehen sollten (German Edition)

Titel: Gucci war gestern: Bekenntnisse einer eingebildeten Glamour-Queen, oder warum Sie nie mit Ihrer Pradatasche aufs Arbeitsamt gehen sollten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jen Lancaster
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ist an der Zeit, als Verkäuferin anzuheuern.
    Ich gehe davon aus, dass es leichter sein wird, einen Job als Verkäuferin zu ergattern. Statt mich nach meinem Fünfjahresplan befragen zu lassen, muss ich lediglich bestätigen, dass ich samstags arbeiten und fünfundzwanzig Kilo heben kann. Um hier etwas an Land zu ziehen, werde ich wohl kaum eine PowerPoint-Präsentation über Marktsegmentierung ausarbeiten müssen, denn aller Wahrscheinlichkeit nach sind die potentiellen Kunden die, die gerade zur Tür hereinspaziert kommen. Auch wenn mir klar ist, dass ein Job als Verkäuferin kein Zuckerschlecken ist, bin ich mir sicher, dass die Auswahlkriterien wesentlich weniger streng sein dürften.
    Los geht’s … Drücken Sie mir die Daumen.

     
    An: Michigan Avenue Pottery Barn
Von: [email protected]
Datum: 3. Mai 2003
Betreff: Verkäuferin
     
    Hallo,
    beigefügt finden Sie meinen Lebenslauf, den ich in der Hoffnung auf eine freie Stelle in Ihrer Pottery-Barn-Filiale einschicke.
    Für eine Einstellung als Verkäuferin bin ich eine ideale Kandidatin, da ich mir bereits mein Studium mit dieser Tätigkeit finanziert habe. 162 So habe ich in diesem Bereich beinahe sieben Jahre Berufserfahrung sammeln können, und bei meinen damaligen Arbeitgebern war ich berühmt für »Die zehn Gebote des Kundenservice«, die ich erstellt habe. Besonders stolz bin ich dabei auf das siebte Gebot: Wenn ein Kunde sagt, du sollst tanzen, dann zieh dir die Steppschuhe an und frag ihn, welche Musik er dazu möchte.
    Momentan suche ich eine Anstellung als Verkäuferin, weil ich aus dem verrückten Großkonzernzirkus ausgestiegen bin. Nachdem ich 2001 in meiner leitenden Stellung betriebsbedingt gekündigt wurde, habe ich verschiedene Aushilfs- und Zeitarbeitstätigkeiten angenommen 163 , während ich auf der Suche nach einer vergleichbaren Stelle in einem großen Unternehmen war. In dieser Zeit habe ich allerdings meine Leidenschaft fürs Schreiben entdeckt, die ich nun zu meinem neuen beruflichen Schwerpunkt machen möchte. 164 Da ich jedoch nicht von morgens bis abends schreiben kann, suche ich nun eine Teilzeitstelle im Verkauf. Pottery Barn ist die unangefochtene Nummer eins für mich, da Ihr Unternehmen zu meinen Lieblingsgeschäften gehört, nicht nur wegen der hervorragenden Produktauswahl, sondern auch wegen des herausragenden Service Ihres Verkaufsteams. 165 Und mit meiner Erfahrung in der Kundenbetreuung wäre es mir schlichtweg unmöglich, für ein Unternehmen zu arbeiten, in dem Kundenservice nicht ganz groß geschrieben wird. 166
    Gerne stelle ich mich Ihnen persönlich vor, sollte bei Ihnen eine Stelle frei sein.
    Beste Grüße
    Jennifer A. Lancaster

     
    Ich habe noch keinen Mucks von dem Laden gehört, seit ich mich letzte Woche beworben habe. Ich fürchte, ich bin die Sache etwas zu verkrampft angegangen. Vermutlich konnte man meine Angst und den leicht irren Blick allzu leicht erkennen. Ab heute wende ich deshalb eine neue Taktik an. Wenn ich aussehe, als hätte ich den Job gar nicht nötig, vielleicht wollen sie mich dann UNBEDINGT einstellen.
    An meinem Handgelenk baumeln sämtliche meiner schicken edelsteinbesetzten Armbänder, ich habe mir die Haare hochgeföhnt, und meinen Ehering habe ich durch den einzigen Lagos-Ring ersetzt, den ich noch nicht verhökert habe. Den ziert ein großer weißer Topas, von dem immer alle glauben, es sei ein riesengroßer Diamant. Dann schlüpfe ich in meinen süßen, aber lässigen Khakirock und kombiniere ihn mit dem neuen Pulli, den meine Mutter mir letzten Monat geschenkt hat – das einzige wirklich topmodische Kleidungsstück, das augenblicklich in meinem Schrank hängt – und besprühe mich mit den wenigen verbliebenen Tröpfchen aus meinem J’adore-Dior-Flakon. (Hoffentlich reichen die, um den durchdringenden Gestank der Verzweiflung zu übertünchen.)
    Am Ziel angekommen entsteige ich elegant meinem Taxi und rausche in den Barnes-&-Noble-Buchladen in der State Street. Ganz zwanglos plaudere ich ein bisschen mit dem Typ am Infoschalter und frage ihn schließlich ganz beiläufig, dass es so belanglos klingt wie die desinteressierte Nachfrage einer gelangweilten Societydame, die ein bisschen Abwechslung sucht (und, sollte das nicht klappen, in Ermangelung anderweitiger Ablenkung einfach den Gärtner flachlegt), nach einem Bewerbungsbogen.
    Mit großer Geste reiche ich schließlich den ausgefüllten Bogen über den Tresen, die verwünschte Prada-Tasche lässig über die Schulter

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