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Guillou, Jan - Coq Rouge 05 - Der ehrenwerte Mörder

Guillou, Jan - Coq Rouge 05 - Der ehrenwerte Mörder

Titel: Guillou, Jan - Coq Rouge 05 - Der ehrenwerte Mörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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segeln, genau wie er es ihr versprochen hatte.
    Es kam ihm unwirklich vor, auf dem Valhallavägen an der Autoschlange von Lidingö vorbeizugehen und zu sehen, wie das Leben weiterging, als wäre nichts Besonderes geschehen. Er träumte sich oder schwebte zu dem großen Backsteinkomplex am Lidingövägen, fast als wäre ihm nicht bewußt, daß er sich bewegte.
    Im Zimmer von Samuel Ulfsson wartete eine Überraschung auf ihn. Der Nachrichtendienst hatte sich nämlich Nachrichten aus dem Sophiahemmet besorgt, und Sam, Joar und Åke warteten mit Champagner und dicken Zigarren, die sie ihm erst schenkten, damit er sie verteilen konnte, wie es sich für einen frischgebackenen Vater gehört. Er hustete, und es brannte in den Augen, als er gleichzeitig zu rauchen und zu lachen versuchte, und er spürte eine unbezwingbare Lust, auf ewig in genau diesem Gemütszustand zu bleiben. Zum ersten Mal seit sehr langer Zeit empfand er so etwas wie Stolz auf sich selbst, als hätte er endlich etwas Bedeutendes geleistet.
    Nachdem sie sich eine Zeitlang fröhlich unterhalten hatten und Carl über die Operation Noch Eine berichtet hatte, wie sie das Ereignis lachend nannten, holte Samuel Ulfsson einen Brief hervor und bat Carl, ihn zu lesen. Sam entschuldigte sich dafür, daß es nur um den Dienst ging, aber es gebe doch mehr als nur einen Grund, Champagner zu trinken.
    Carl wischte sich die Tränen aus dem Gesicht und las unter wachsender Verblüffung.
    MARINEDISTRIKT DER WESTKÜSTE DER STABSCHEF An Aktenzeichen 211:6/1945 die Staatskriminalpolizei in Göteborg Unter Hinweis auf das vergangene Woche geführte Gespräch möchte ich mitteilen, daß Kapitän von Otter angegeben hat, er sei im Zusammenhang mit den Ermittlungen wegen der Spionage, derer sich Leutnant Renhammar und Fähnrich Sterner im Herbst 1940 schuldig gemacht haben, mit Oberwachtmeister Jubelius in Verbindung gekommen. Renhammar und Sterner sind wegen Spionage verurteilt worden. Die Angelegenheit wurde beim hiesigen Stab des Marinedistrikts Westküste von Kapitän von Otter bearbeitet.
    Kapitän von Otter hat ferner angegeben, der Oberwachtmeister sei später noch ein paar Mal erschienen, um sich zu erkundigen, ob Kapitän von Otter den Verdacht hege, daß es zu weiteren Spionagefällen oder einer ähnlichen Tätigkeit gekommen sei, was dieser bei den genannten Anlässen stets geleugnet hat.
    Die Kontakte ereigneten sich immer in Form von Besuchen des Oberwachtmeisters im Dienstzimmer des Kapitäns. Die Häufigkeit wurde mit etwa einem Mal pro Monat im Frühjahr 1941 angegeben, worauf die Besuche immer seltener wurden, um im Frühjahr 1943 ganz eingestellt zu werden.
    Kapitän von Otter gibt an, er habe diese Besuche völlig sinnlos gefunden, da er selbst nicht mit Sicherheitsfragen befaßt gewesen sei, sondern er habe den Oberwachtmeister immer wieder auf den richtigen Sachbearbeiter verwiesen, den der Oberwachtmeister jedoch nur wenige Male aufgesucht habe.
    Die Ermittlung, die auf meine Anordnung von der Marinepolizei vorgenommen wurde, bestätigt in allem die Angaben Kapitän von Otters. Da Kapitän von Otter für seine große persönliche Integrität bekannt ist, erscheint es als unwürdig, ihn einer illegalen Zusammenarbeit mit einer fremden Macht zu verdächtigen.
    Was Kapitän von Otters politische Meinung betrifft, ist diese nicht bekannt. Er hat auch nie versucht, sie zur Sprache zu bringen. Hingegen ist bekannt, daß er nach der Rückkehr von einer Kommandierung in Polen Sympathie für das polnische Volk geäußert und das Schicksal dieser Nation bedauert hat.
    Was die Umstände angeht, die zu dieser Ermittlung Anlaß gegeben haben, ist anzumerken, daß die Angaben über Kapitän von Otter sämtlich aus zweiter oder dritter Hand stammen und überdies nur aus einer Quelle.
    Ich möchte mit aller Entschiedenheit betonen, daß Kapitän von Otter während seiner Dienstzeit hier in Nya Varvet in allem ein beispielhafter, verantwortungsbewußter und loyaler Offizier gewesen ist.
    Nichtsdestoweniger hat es Kapitän von Otter sehr empört, daß man ihn in so kränkender Weise behandelt hat, was von militärischer und polizeilicher Seite leider unvermeidlich war. Er hat daher um Versetzung an einen anderen Dienstort gebeten, obwohl seine hiesige Dienstzeit erst zum Jahreswechsel endet. Es ist daher mit dem Marinestab vereinbart worden, daß Kapitän von Otter beim nächsten Monatswechsel seinen Dienst als Divisionschef beendet und zum Dienst in Stockholm befohlen

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