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Guillou, Jan - Coq Rouge 05 - Der ehrenwerte Mörder

Guillou, Jan - Coq Rouge 05 - Der ehrenwerte Mörder

Titel: Guillou, Jan - Coq Rouge 05 - Der ehrenwerte Mörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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über die Schulter blickte und fragte, wie es mit dem Kampf für die Unterdrückten, für Gleichheit und Gerechtigkeit aussehe?
    Was würde der Clartéist dem Fregattenkapitän sagen, wenn er jetzt durch die Tür käme, und was würde dieser antworten?
    »Als du bei der Clarté Mitglied wurdest, war an deinem Engagement wahrhaftig nichts auszusetzen. Aber damals hast du natürlich nur eine halbe Million besessen, über die du nicht einmal verfügen konntest. Aber wie sieht es heute aus? Sind es fünfundzwanzig Millionen?«
    »Ich glaube, es ist mehr, aber ich weiß es nicht.«
    »Nun, aber das könnte ja manches erklären. Ein natürlicher Klassenstandpunkt?«
    »Ich habe für die antiimperialistische Sache mehr als zwei Millionen gespendet.«
    »Nobel. Sehr nobel. Wenn man davon absieht, daß das Opfer gar nicht so groß war, wie die Summe vermuten läßt, war es zu allem Überfluß auch noch Ablaßgeld. Du hast dich von der Schuld an einem Mord freigekauft. Wäre das nicht sogar ein paar Millionen mehr wert gewesen?«
    »So einfach ist das alles nicht. Die Clarté war die dogmatischste Studentenorganisation, mit der ich je in Berührung gekommen bin. Für euch, ich meine für uns, war alles einfach. Sieh dich doch jetzt nur selbst an, vierzehn oder fünfzehn Jahre später. So einfach war das alles nicht.«
    »Bring uns beide nicht durcheinander. Ich arbeite nicht bei den Spionagefritzen, ich bin kein Mörder.«
    »Nein, aber du bist es geworden, was immer du mal wolltest.
    Hättest du die russischen Basen auf unserem Territorium nicht gesprengt?«
    »Doch, selbstverständlich.«
    »Hättest du diese israelischen Spezialisten nicht erschossen, wenn du es hättest tun können?«
    »Doch, natürlich.«
    »Hättest du die schwedischen Geiseln in Beirut nicht befreit, selbst mit Gewalt, wenn du die Möglichkeit dazu gehabt hättest?«
    »Da bin ich mir nicht ganz sicher. Du hast immerhin Palästinenser getötet.«
    »Ja, mit Hilfe des palästinensischen Nachrichtendienstes. Die Leute, die wir getötet haben, waren Gangster.«
    »Na schön, sei’s drum.«
    »Und du wolltest die schwedischen Streitkräfte unterwandern. Was ist da besser, als Chef in der operativen Abteilung des Nachrichtendienstes zu werden?«
    »Das kommt darauf an. Ich bin es aber nicht, du bist es, und du bist nicht mehr ich.«
    »Wo gibt es dich denn?«
    »In Kalifornien. Ich bin fleißig wie eine Biene, studiere so sehr, daß ich Tessie vernachlässige, aber das dient dem Zweck, mein Leben für etwas Wichtiges einzusetzen. Das kapitalistische Schweden ist verrückt genug, mir eine Ausbildung zu geben, die mich zu einer Waffe macht, und diese Waffe wird eingesetzt werden.«
    »Für was?«
    »Für das, was du immer wolltest, für Gerechtigkeit und den Kampf für die Sache der Unterdrückten. Aber du, was tust du? Ermordest für den westdeutschen Staat westdeutsche Terroristen, damit in Berlin wieder Ordnung herrscht.«
    »Lustig, daß du das sagst. Jetzt herrscht in Berlin tatsächlich eine andere Ordnung, als du dir je vorgestellt hast. Wie steht es denn mit deinem Sozialismus?«
    »Versuch mit mir bloß keine demagogischen Tricks. Weder du noch ich waren für das System in Osteuropa oder in der sozialimperialistischen Sowjetunion. Als Assistent der westdeutschen Terrorpolizei wollte ich mich allerdings auch nicht sehen.«
    »Die wollten gegen ein Ziel in Schweden zuschlagen. Aus diesem Grund haben wir zusammengearbeitet. Es war eine gewöhnliche search-and-destroy- Operation, nichts, worauf du politische Wechsel ziehen könntest. Erzähl mir lieber mehr von dem, was du tust.«
    »Ich bade viel, schwimme in dem kalten Wasser. Ich lache oft, weil ich glücklich bin. Man hat mich in der Universitätsmannschaft gerade zum Quarterback gemacht. Ich habe die Möglichkeit, zu einem unglaublichen Fiasko oder zu einem unerhörten Erfolg zu werden. Tessie hat schon gescherzt, sie wolle sich bei unseren cheerleaders einschleichen. Beim Training heute sind mir zwei Pässe von mehr als fünfzig Yards gelungen. Na ja, vom Handballspielen hat sich einiges erhalten, du weißt schon. Sonne und Salz lassen die Haut etwas brennen, das ist das einzige, was mir überhaupt Kummer macht.«
    Carl fuhr zusammen, weil jemand in der Wirklichkeit etwas gesagt hatte.
    »Verzeihung«, sagte er, »ich habe nicht zugehört.«
    »Ja, hier ist eine recht breite Narbe. Sollte der Bart sie verbergen, oder wie hast du dir das gedacht?« fragte der Ephebe.
    »Ich weiß«, sagte Carl,

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