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Guillou, Jan - Coq Rouge 05 - Der ehrenwerte Mörder

Guillou, Jan - Coq Rouge 05 - Der ehrenwerte Mörder

Titel: Guillou, Jan - Coq Rouge 05 - Der ehrenwerte Mörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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Das ließ Carl glauben, daß etwas sehr Unangenehmes bevorstand.
    »Also, es ist so«, begann Samuel Ulfsson nach dem ersten tiefen Lungenzug. »The First Sealord kommt zu Besuch.«
    »Ja. Und?«
    »Wir betrachten den Chef der englischen Flotte als einen sehr wichtigen Gast.«
    »Ja, selbstverständlich, und?«
    »Die britische Admiralität hat einen sehr entschiedenen Wunsch geäußert. Ja, du kannst es dir vielleicht vorstellen. Er will den schwedischen James Bond kennenlernen. Du verstehst schon.«
    »Fregattenkapitän Hamilton soll sich also in makelloser Uniform bei bestimmten Cocktailpartys einfinden? Etwa beim O- berbefehlshaber und ähnlich hochgestellten Persönlichkeiten?«
    »Ja.«
    »Verstanden. Zu Befehl.«
    »Ja. Aber so einfach ist es nicht.«
    »Wieso?«
    »Der OB hat den Wunsch geäußert, du möchtest dir die Haare schneiden lassen und dich rasieren.«
    Carl ließ ein langes und befreites Lachen hören. Zunächst lachte Samuel Ulfsson mit, verstummte dann aber abrupt, da er befürchtete, Carl würde dem Wunsch des Oberbefehlshabers nicht die gebührende Achtung erweisen.
    »Es kommt dir vielleicht etwas kindisch vor, aber der OB will tatsächlich…« nahm Samuel Ulfsson erneut Anlauf.
    »Mach dir keine Sorgen«, erwiderte Carl und wischte sich die Tränen aus den Augenwinkeln. »Das paßt perfekt zu meinen Plänen in der Frage, die ich dir nicht vorgetragen habe. Ich werde beim Ersten Seelord genauso aussehen wie auf der Pralinenschachtel.«
    »Der Pralinenschachtel?« fragte Samuel Ulfsson verwundert.
    »Ja, mach dir keine Sorgen. Du wirst eine Zierde der schwedischen Marine sehen. Frisch geschrubbt und sauber, glattrasiert und mit kurzen Haaren. Diese Maskerade ist aber für mehr Leute gedacht als nur den Ersten Seelord.«
    Der Friseursalon lag in der Grevgatan, nicht weit vom Hauptbüro des alten IB entfernt. Es war ein moderner Salon, in dem man einen Termin bestellen mußte und in dem die Arbeit unter ständiger Musikberieselung vonstatten ging. Palmen in weißen Kübeln und Gummibäume sollten für Atmosphäre sorgen. Lundwall hatte ihm den Laden empfohlen, und Carl hatte sich unter dessen Namen einen Termin geben lassen.
    Dennoch schien man ihn ablehnen zu wollen. Erst mit ein paar ärgerlichen Handbewegungen, hier gehe es nur mit Termin, und dann mit Blicken, die allgemeine Mißbilligung verrieten. Es waren musternde, demonstrativ abschätzige Blicke von den vom Schneematsch durchnäßten Turnschuhen bis zu dem schmutzigen, strähnigen Haar. Carl sah auf die Uhr und beschloß, sich nicht so abfertigen zu lassen. Der Empfang für den Chef der britischen Marine würde in drei Stunden beginnen.
    »Ich warte«, sagte Carl kurz, schnappte sich ein Klatschblatt und setzte sich auf einen winzigen Stuhl in einer dünnen weißen Stahlkonstruktion neben einen der Gummibäume. Vier Friseure waren bei der Arbeit, und niemand wartete. Die Friseure waren ephebenhafte Gestalten, zartgliedrig, elegant und bewegten sich ein wenig ruckhaft und nervös. Vermutlich waren sie homosexuell. Vielleicht hatte Lundwall ihn auf den Arm nehmen wollen. Bei dem Gedanken, was passiert wäre, wenn Lundwall sich mit Stålhandske einen solchen Scherz geleistet hätte, verzog Carl den Mund. Dann erstarrte er, als einer der Kunden, der gerade fertig geworden war, sich bedankte, indem er seinen Friseur auf beide Wangen küßte. Es sah aus wie bei Schicki-Micki-Dämchen.
    Carl stand auf und setzte sich auf den freigewordenen Stuhl, ohne etwas zu sagen. Damit hatte er sicher irgendeinen Fehler gemacht, denn die Epheben tauschten hinter seinem Rücken vielsagende Blicke aus. Sie schienen trotzdem zu dem Schluß gekommen zu sein, daß die einfachste Methode, ihn loszuwerden, darin bestand, ihm einfach die Haare zu schneiden.
    »Na, was sollen wir denn mit so einem süßen jungen Mann machen?« fragte der Ephebe, der sich offenbar hatte opfern müssen.
    »Nun ja«, sagte Carl zögernd und nahm die Brille ab. Er klappte sie zu, steckte sie in die Brusttasche und blinzelte sich in dem großen, hart beleuchteten Spiegel mit dem Chromrahmen zu. »Süßer junger Mann ist im Augenblick sicher etwas zuviel gesagt, aber ich möchte gern in einen außerordentlich konventionellen Typ verwandelt werden. Etwas in Richtung Börsenjobber vielleicht?«
    »Wie hast du es dir denn gedacht, Süßer?« fragte der Ephebe, der selbst eine komplizierte Frisur hatte. Es war eine Mischung aus kurzgeschnittenem Haar und toupierter Wuscheltolle in Rosa und

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