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Guillou, Jan - Coq Rouge 05 - Der ehrenwerte Mörder

Guillou, Jan - Coq Rouge 05 - Der ehrenwerte Mörder

Titel: Guillou, Jan - Coq Rouge 05 - Der ehrenwerte Mörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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vorbereitet haben mußte und daß er eine Vorstellung davon hatte, wie man sich verhalten sollte.
    »Hier«, sagte er und schob die beiden Berichte demonstrativ zu Carl hinüber.
    »Ich habe sie noch nicht bekommen, habe sie nicht gelesen, habe keine gottverdammte Ahnung. Also, was tun wir?«
    Samuel Ulfssons veränderter Tonfall und seine veränderte Körperhaltung, als er sich jetzt ruhig zurücklehnte, um zuzuhören, ließen Carl lächeln. Sie blickten sich in einem sehr kurzen Augenblick des Einverständnisses an. Darauf hatte Carl gewartet.
    »Ich habe einen Vorschlag«, begann er betont behutsam. »Erstens ist es genau, wie du sagst. Du hast diese Berichte nie von mir erhalten. Ich bin der nächsthöhere Vorgesetzte der Jungs und habe ihre Berichte mit Rücksicht auf die Verteidigung des Reiches für geheim erklärt und den beiden befohlen, die Schnauze zu halten. Wenn das hier rauskommt, bin ich dafür verantwortlich. Und ich bin voll und ganz bereit, mich vor dem Verfassungsausschuß dafür zu verantworten.«
    An dieser Stelle wurde er von einer kurzen, hustenden Lachsalve seines Chefs unterbrochen.
    »Wenn ich also fortfahren darf. Unsere Verluste an Personal und Ausbildungsmöglichkeiten wären ungeheuer. Unsere Möglichkeiten, die Ausbildung der beiden Neuen in San Diego zu Ende zu bringen, würden in Gefahr geraten, und überdies würden wir eine entsetzliche Publizität erhalten. Es ist bedeutende Risiken wert, einer solchen Katastrophe entgegenzuwirken. Kannst du mir soweit folgen?«
    »Ja, vorausgesetzt, daß ich nichts von dem gehört habe, aber das habe ich offenbar auch nicht. Aber was machen wir mit der Polizei?«
    »Nichts. Für die Polizei übernehmen wir gar nichts. Das wäre ja noch schöner. Wenn auch nur andeutungsweise ruchbar wird, daß wir auf die Polizei Druck ausüben, würde es sofort an die Öffentlichkeit kommen. Wir werden uns also nicht an die Polizei wenden, sondern die Betroffenen und eventuellen Nebenkläger zum Schweigen bringen.«
    Carl lächelte geheimnisvoll und sah zum ersten Mal während des Gesprächs etwas amüsiert aus, da er jetzt spürte, daß er seinen Plan durchdrücken würde.
    Samuel Ulfsson erweckte jedoch den Eindruck, als traute er seinen Ohren nicht. Er holte vorsichtig und tief Luft, ohne zu husten, und beugte sich mit beiden Ellbogen auf dem Schreibtisch vor.
    »Auch wenn ich nicht höre, was ich jetzt zu hören bekomme, fällt es mir schwer zu glauben, was ich höre. Erstens leisten sich meines Wissens nur die Franzosen solche Dinge, und zweitens, obwohl das eigentlich an erster Stelle kommen sollte, besteht für das gesamte Personal beim Nachrichtendienst ein absolutes Verbot, so etwas auch nur zu denken, was du soeben gesagt hast.«
    »Ganz und gar nicht«, lächelte Carl. »Du hast einfach nur eine viel zu gewaltfixierte Phantasie. Das liegt vielleicht an schlechter Gesellschaft oder sonst etwas. Aber ich habe gemeint, was ich gesagt habe. Wir werden diese Skinheads zum Schweigen bringen. Ich werde es selbst tun. Es wird ohne jede Gewalt geschehen, und es wird nichts herauskommen. Und die Betroffenen selbst, die Skinheads also, werden diese Lösung lieben.«
    »Bist du sicher, vollkommen sicher, daß du einen Plan hast, der funktionieren wird?«
    »Eindeutig ja.«
    »Und es kann nichts herauskommen?«
    »Dem Plan zufolge nicht.«
    »Und es ist alles legal?«
    »Das ist eine außerordentlich philosophische Frage. Wenn nichts herauskommt, ist alles legal. Jedenfalls geht es um nichts, was auch nur in die Nähe dessen kommt, was du zunächst geglaubt hast.«
    »Gewalt, Erpressung, Drohungen, und so weiter.«
    »Genau. Nichts davon. Ich würde vorschlagen, wir unterhalten uns nicht mehr über diese Sache, über die wir sowieso nie gesprochen haben.«
    Samuel Ulfsson erhob sich. Das war das übliche Ende ihrer Begegnungen, und Carl machte sich bereit zu gehen. Er hatte die nicht existenten Berichte schon in seine Aktentasche gesteckt und war auf dem Weg zur Tür.
    Er wurde zurückgehalten, als er gerade die Hand auf die Türklinke gelegt hatte.
    »Ach ja, da ist noch etwas«, sagte Samuel Ulfsson, der sich plötzlich recht verlegen anhörte.
    »Ja?« sagte Carl besorgt und ging wieder zu seinem Platz unter dem Gemälde mit der Abbildung diktatorischer militärischer Unterdrückung im Schweden des achtzehnten Jahrhunderts, wie Carl über das Motiv zu scherzen pflegte. Er setzte sich.
    Samuel Ulfsson zündete sich langsam und umständlich eine neue Zigarette an.

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