Guillou, Jan - Coq Rouge 05 - Der ehrenwerte Mörder
Sache.«
»Ja, darauf kannst du einen lassen. Das habe ich, entschuldige den Ausdruck. Nun?«
»Der Nachrichtendienst schreibt für den Otter ein Weißbuch. Schwebt dir so etwas vor?«
»Ja, etwas in der Richtung. Kannst du so nett sein und dich darum kümmern?«
»Verstanden. Zu Befehl.«
»Keine Ironie, bitte. Hattest du selbst was auf dem Herzen?«
»Ja, eine Sache. Ich habe Stålhandske in die Reserve beim Nachrichtendienst versetzt. Seine neue Dienststelle wird die Küstenjägerschule in Vaxholm.«
»Teufel auch. Warum das denn? Oder ist es etwas, was ich nicht wissen sollte?«
»Das hat zum Teil etwas mit dem zu tun, was dir nicht bekannt ist. Wenn meine Versuche, die Polizeiarbeit zu sabotieren, beispielsweise durch Publizität danebengehen, ist ein Nahkampf-Ausbilder an der Küstenjägerschule in der Klemme. Kein Offizier des Nachrichtendienstes. Das ist ein gewisser Unterschied.«
»Ein Bauernopfer. Ich dachte, ihr stündet einander sehr nahe.«
»Das tun wir auch. Ich habe übrigens dir die Schuld gegeben, als ich ihm die traurige Nachricht überbrachte.«
»Nun ja, damit werde ich leben müssen. Ungerecht gegenüber der armen Küstenjägerschule, wenn die unseren Skandal ausbaden müssen.«
»Ja, aber praktisch.«
»Ja, so kann man es natürlich auch sehen. Beschaffst du mir Unterlagen über den Otter?«
»Ja, wenn du mir seine Personennummer gibst.«
Carl verbrachte die folgenden Stunden mit der militärischen Stammrolle und einigen ebensowenig geheimen Akten, um alles Verfügbare über den ehemaligen und so bewunderten Schiffskommandanten seines Chefs zusammenzustellen. Keine schlechte Karriere. Es mußte ein fähiger Offizier gewesen sein, Sohn eines Fregattenkapitäns und selbst am Ende Konteradmiral.
Marineleutnant 1925, große Fahrt mit »HMS Fylgia« im selben Jahr, Oberleutnant zur See 1928, Seekommando auf dem Panzerschiff »Gustaf V.« 1929 bis 1930. Der Mann war also aus einer anderen Zeit. Mein Gott, Panzerschiff!
Verschiedene Kommandos auf Zerstörern, plötzlich Dienst an Land in der Torpedo Werkstatt in Motala 1933, 1934, also um die Zeit von Hitlers Machtergreifung, dann zwei neue Kommandos auf Zerstörern, Beförderung zum Kapitänleutnant 1936, Erster Offizier auf dem Panzerkreuzer »Fylgia« 1937, erstes Kommando als Schiffskommandant 1938. So weit, so gut, aber etwas bedenklicher möglicherweise: stellvertretender Marineattaché in Warschau 1939. War bei Kriegsausbruch also beim schwedischen Nachrichtendienst. Verließ Polen natürlich bei der Eroberung durch die Deutschen. Dann im Marinestab, wahrscheinlich Nachrichtenoffizier 1939 bis 1940, also im ersten Kriegsjahr. Anschließend beim Stab des Marinedistrikts der Westküste, 1940 bis 1943 mitten im Krieg mit deutschen Schiffen vor der Küste, also um die Zeit der Eroberung von Dänemark und Norwegen.
Plötzlich als Lehrer an die Seekriegsschule versetzt, nämlich in den beiden letzten Kriegsjahren 1943 bis 1945. Torpedolehre.
Vom aktiven Dienst so nahe der schwedischen Front, wahrscheinlich beim Marinedistrikt der Westküste in Göteborg, plötzlich zum einfachen Lehrer an der Seekriegsschule?
Da konnte etwas passiert sein. Versetzung aufgrund von Nazi-Sympathien? Von einem sensiblen Kommando an einen Schreibtisch oder an ein Lehrerkatheder versetzt?
Nach dem Krieg neue Schiffskommandos, Erster Offizier auf dem Kreuzer »Gotland« 1951, Ernennung zum Fregattenkapitän im selben Jahr.
Falls man ihn aufgrund unpassender Ansichten versetzt haben sollte, hatte es trotzdem der Karriere nach dem Krieg nicht geschadet, wie man sehen konnte.
Untersuchungsauftrag bezüglich der Anschaffung von Raketen 1955, Ernennung zum Kapitän zur See im selben Jahr, nur vier Jahre nach der Ernennung zum Fregattenkapitän. Offenbar ein beliebter Mann.
Dienst in der Bundesmarine 1958. Was zum Teufel hatte er da gemacht? Aber die deutsche Marine mußte 1958 doch schon vollständig entnazifiziert gewesen sein?
Sachverständiger in verschiedenen Kommissionen, Ernennung zum Konteradmiral 1962. Im selben Jahr als Chef des Marinekommandos Ost vorgesehen, trat den Dienst aber nicht an. Etwas kam dazwischen. Was?
Statt dessen zur besonderen Verwendung beim Chef der Marine, Untersuchung von Fragen der Arbeitsbedingungen 1962 bis 1965.
Fragen der Arbeitsbedingungen? Warum sollte man einen frischgebackenen Konteradmiral und frischgebackenen Chef eines ganzen Marinekommandos zu einem solchen Idiotenjob versetzen?
War inzwischen etwas
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