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Guillou, Jan - Coq Rouge 05 - Der ehrenwerte Mörder

Guillou, Jan - Coq Rouge 05 - Der ehrenwerte Mörder

Titel: Guillou, Jan - Coq Rouge 05 - Der ehrenwerte Mörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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herausgekommen? War er irgendwie belastet und deswegen untragbar? War es etwas, was nicht herauskommen sollte, etwas, was ihn aber trotzdem nicht an einer weiteren Verwendung hinderte, wenn auch in einem Idiotenjob?
    Vorzeitige Pensionierung 1966.
    Vierundzwanzig Jahre später ermordet.
    Carl war verwirrt. Ihm war unbehaglich zumute. Er schwitzte immer noch, obwohl es inzwischen schon acht Uhr abends war. Er hatte sie angerufen und gesagt, sie solle nicht mit dem Essen auf ihn warten.
    Sollte er wirklich diesen Job übernehmen, der sowieso kein richtiger Job war, sondern eher ein Freundschaftsdienst für Sam?
    Dieser wollte ja nur eine Art von Antwort. Wenn man die Personalien des Otters mit einigem Mißtrauen las, gab es mehrere Möglichkeiten, die Sam enttäuschen konnten.
    Ein alter Konteradmiral war ein netter Bursche, wenn auch ein paar Jahre lang Nazi, obwohl das schon so lange zurücklag, daß es ebensogut die jüngere Bronzezeit hätte sein können. Na und?
    Doch, da gab es einen Haken. Jemand hatte ihn ermordet.
    Aber erstens war das Sache der Polizei. Zweitens wird doch 1990 niemand wegen brauner Anfälligkeit in den Jahren 1938 bis 1945 ermordet. Hätte so etwas nicht spätestens 1945 geschehen sein müssen?
    Carl überlegte, ob er Sam davon abraten sollte, die Untersuchung zu Ende zu führen. Carl würde Sam aber nicht mit bösen Vorahnungen und Andeutungen kommen können, denn dieser »wußte« ja, daß alles leeres Gerede war. Und leeres Gerede von Carls Seite würde nur zu einer weiteren Spezifikation des Befehls führen, schlimmstenfalls schriftlich.
    Es würde Zeit erfordern, Komplikationen mit sich bringen, überdies unproduktiv sein, und zudem gab es im OP 5 wichtigere Dinge zu tun, als Sams alten Schiffskommandanten von jedem Verdacht reinzuwaschen.
    Und außerdem verschwendete Sam selbst ja keinen Gedanken an den General.
    Um den Hintergrund von Otter zu ermitteln, sollte man sich natürlich auch diesen Klintén ansehen. Vielleicht tauchten sie urplötzlich im selben Offiziersclub auf.
    Nein, Sam lief Gefahr, den Befehl, den er Carl jetzt gegeben hatte, aus mancherlei Gründen zu bereuen. Doch der Befehl war erteilt und würde ausgeführt werden. Schlimmstenfalls würde der Untergang der Sowjetunion noch ein Weilchen warten müssen.
    Carl bestellte ein Taxi und verschloß seine EDV-Ausdrucke im Panzerschrank. Als er die Treppe hinunterging, beschloß er, nicht zum Grand Hotel zu fahren, sondern direkt nach Hause.
    Sie saß auf dem grünen Sofa und hatte die Füße auf ein Kissen auf dem Granittisch gelegt. Sie strickte, als er nach Hause kam. Sie strickte etwas Rosafarbenes, da sie »im Gefühl hatte«, daß es ein Mädchen werden würde.
    Er ging zu ihr und küßte sie auf die Stirn, auf die Wangen und vorsichtig auf den Mund. Sie legte ihre Handarbeit beiseite, schlang ihm die Arme um den Nacken und preßte ihn fest an sich. Er sank vor ihr auf die Knie und legte ihr die Hände auf den Bauch. So verharrten sie eine Weile, ohne etwas zu sagen.
    »Man hat mich heute wegen Körperverletzung angezeigt.
    Deine Frau hat ein Disziplinarverfahren am Hals«, sagte sie plötzlich.
    Er schob sie sanft von sich und versuchte ihr an den Augen abzulesen, ob das ein Witz war. Sie lächelte, aber es war vielleicht trotzdem kein Scherz.
    »Du hast dich doch nicht etwa auf eine Prügelei eingelassen? Mit dem Bauch?« sagte er bestürzt. Absurde Visionen schossen ihm plötzlich durch den Kopf.
    »Nein, ich hab nicht mit dem Gummiknüppel auf ihn eingedroschen, falls du das glauben solltest«, lachte sie.
    Carl setzte sich auf den Tisch und sah sie forschend an. Nein, es stimmte.
    »Was ist passiert?« fragte er.
    »Ich habe doch Innendienst, oder? Ich meine, ich bin nicht in der Stadt unterwegs gewesen, um Randalierer zu verprügeln, oder so. Das ist gegen unsere Dienstvorschriften, und außerdem habe ich bald Mutterschaftsurlaub.«
    »Ja, aber was ist passiert?«
    »Also, sie kommen mit einem Randalierer rein, der ziemlich blau ist. Und als sie ihn durchsuchen wollen, beugen sie ihn nach vorn und zufällig über meinen Schreibtisch, obwohl wir da einen Kotzschirm haben, und plötzlich geht’s los, BLOOOAAPP! Von der Nasenspitze bis zum Bauch, außerdem noch den Rest vom vorhergehenden Suff. Da habe ich ihm eins auf die Nase gegeben. Mit einer geraden Rechten, einfach drauflos.«
    Carl bog sich zurück und lachte. Er lachte lange, da er es als Befreiung empfand, die weit über die Komik der Szene hinausging, die

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