Guillou, Jan - Coq Rouge 05 - Der ehrenwerte Mörder
Notizen ganz hinten in der Zeitung und in so kleinen Buchstaben, daß man nicht nur eine Lesebrille, sondern auch eine Lupe braucht.«
»Eine Alternative wäre, die Zeitung wegen der Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener zu verklagen oder zumindest damit zu drohen, wenn man keine größere Gegendarstellung erhält.«
»Glaubst du an so was?«
»Ein wenig. Denn du willst doch wohl nicht, daß wir irgendein Sonderkommando losschicken und die Journalisten zum Schweigen bringen. Oder sollen wir Stålhandske losschicken, der sich nachts in einen Hinterhalt legt? Unsere Ressourcen sind, gelinde gesagt, nicht an diese Art Kriegsführung angepaßt.«
»In Ordnung. Ich werde deinen Vorschlag weitergeben, diese Scheißkerle zu verklagen. Doch dann zum nächsten Schritt. Wenn es nicht wahr ist, woher kommt es dann?«
»Natürlich vom Affenhaus auf Kungsholmen.«
»Wie kommst du darauf?«
»Weil sie vermutlich, so intelligent und politisch geschickt wie sie sind, an das glauben, was sie Expressen diktieren. Du kannst ja Näslund anrufen und ein bißchen schimpfen.«
»Du weißt sehr gut, daß er nur jede Schuld leugnen wird.«
»Dann gib ihm wenigstens etwas Zunder. Nimm offiziell auf dem Dienstweg Kontakt auf und frage im Namen der Streitkräfte, ob sie Gründe für die Annahme haben, die beiden seien Nazi-Sympathisanten gewesen. Du solltest auch danach fragen, welche Belege es dafür beim Sicherheitsdienst gibt, weil die Angelegenheit dann zu einer Sache der Streitkräfte wird.«
Samuel Ulfsson drückte erregt seine Zigarette aus. Es war ihm anzusehen, daß er die Idee für glänzend hielt.
»Ausgezeichneter Vorschlag, Carl, wirklich ausgezeichnet. Und was machen wir, wenn wir vom Affenhaus sozusagen schriftlich und offiziell ein Dementi erhalten?«
»Dann ist es ganz einfach. Dann enthält das Dementi keine Geheimnisse der Streitkräfte und überhaupt nichts, was sich nicht veröffentlichen ließe. Dann geben wir die Meldung an das Echo des Tages. Das kann ich über diesen Ponti regeln. Dann hat das Gequatsche ein Ende, zumindest was deinen alten Schiffskommandanten betrifft.«
»Wo hast du gelernt, so zu intrigieren? Gehörte das zu deinen Kursen in San Diego?«
»Wohl kaum. Es steckt hier in den Wänden des Hauses. Wenn man sich in diesen Fluren lange genug aufhält, wird man so. Ist dir das noch nicht aufgefallen?«
»Nein, offen gestanden, nicht. Nun, mein lieber Macchiavelli, siehst du noch weitere Maßnahmen und Schritte?«
»Aber ja. Die Abendpresse und das Affenhaus betreiben eine Mörderjagd. Sie werden die Mörder aber wohl nicht zu fassen bekommen, wenn Säk die Fäden zieht. Es wird eine Theorie nach der anderen geben, eine heiße Spur nach der anderen, Nazis, iranische Fundamentalisten und was du willst. In einer Hinsicht kannst du sie dazu bringen, deinen Schiffskommandanten nicht mehr mit Schmutz zu bewerfen, nämlich was diese Sache mit der Nazi-Sympathie angeht, vorausgesetzt, es entspricht nicht den Tatsachen. Aber du kannst vielleicht ahnen, welche Möglichkeiten sonst noch zu Gebote stehen. Es sind immerhin spektakuläre Morde. Außerdem ist es verdammt schwer, mit Präzision durch ein Fenster zu schießen.«
»Ein Profijob?«
»Kommt darauf an, was für Munition verwendet worden ist. Vielleicht hat der Täter einfach nur Glück gehabt. Ich muß mir die Ermittlungsergebnisse ansehen, um darauf antworten zu können. Aber zu etwas ganz anderem. Dieser af Klintén, was ist der für einer gewesen?«
»Keine Ahnung, Armeeoffizier. Mit solchen Leuten pflegen wir ja keinen Umgang.«
»Stell dir vor, er ist Nazi gewesen, und es läßt sich beweisen.
Dann wird dein Schiffskommandant trotzdem mit ihm in eine Schublade gesteckt, mit diesem Nazi also. Es ist bemerkenswert, daß zwei Pensionäre im Lauf einer Woche ermordet werden. Das sieht sehr danach aus, als hingen beide Morde zusammen. Das mußt du doch zugeben?«
»Ja. Das muß ich. Diese Geschichte wird nicht sehr lustig werden. Sollten wir die Sache selbst aufklären?«
»Der Meinung bin ich nicht, auf keinen Fall. Das ist Sache der Polizei, schlimmstenfalls sogar der Sicherheitspolizei. Wir können uns aber offiziell nicht in das einmischen, was sie tun. Übrigens ist es merkwürdig, daß ausgerechnet ich dich in diesem Punkt ermahnen muß und daß es nicht umgekehrt ist.«
»Es kann uns doch wohl nichts daran hindern, einen alten Marineoffizier von dieser Nazi-Anschuldigung freizusprechen?«
»Du hast ein privates Interesse an der
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