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Guillou, Jan - Coq Rouge 05 - Der ehrenwerte Mörder

Guillou, Jan - Coq Rouge 05 - Der ehrenwerte Mörder

Titel: Guillou, Jan - Coq Rouge 05 - Der ehrenwerte Mörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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losließ, drängte sich zwischen seinen Kameraden zu dem kleineren der beiden Anzugträger durch, sagte etwas über miese Schwuchteln, ließ ebenfalls schmatzende Kußlaute hören und streckte die Hand aus, um dem Mann an die Hosen zu greifen, der die Hände immer noch in den Taschen hatte.
    Eine Sekunde später lag er schreiend auf der Erde. Die beiden Männer, deren Hände jetzt nicht mehr in den Hosentaschen steckten, erweckten den Eindruck, als wollten sie sich eilig entfernen. Das war für die ganze Bande eine Art Startsignal. Die Skins stürzten vor, um ihren Kumpan zu verteidigen.
    Als Polizei und Krankenwagen rund zehn Minuten später am Schauplatz erschienen, waren nur noch zwei Zeugen anwesend. Sie konnten nur ziemlich verwirrte und widersprüchliche Versionen dessen wiedergeben, was sie gesehen hatten. Eins stand jedoch fest: Zwei gutgekleidete Männer waren dem Schauplatz der Prügelei sehr nahe gekommen. Ebenso stand fest, daß es einen Wortwechsel gegeben hatte.
    Aber was dann passiert war, wurde dafür um so ungenauer geschildert. Es habe Schreie und Flüche und wildes Schmerzgeheul gegeben, und Arme und Beine seien irgendwie durch die Luft gewirbelt. Und als kein Skin mehr da gewesen sei, seien die beiden gutgekleideten Männer eilig in verschiedene Richtungen verschwunden, der eine in Richtung Grand Hotel, der andere zum Gustav Adolfs torg.
    Die Rinkeby-Tiger hatten sich vollzählig abgesetzt und ihren verwundeten Kameraden mitgenommen. Die älteren Männer, die mit einem Kranz und einer Leibwache aus Skinheads erschienen waren, um dem Heldenkönig ihre Aufwartung zu machen, waren wie Kellerasseln unter flachen Steinen verschwunden.
    Unter dem Standbild Karls XII. blieben neun mehr oder weniger schwerverletzte Skinheads zurück. Da jedoch zwei von ihnen nicht bei Bewußtsein waren und die Polizeibeamten mehrere Frakturen bemerkten, riefen sie als erste Maßnahme über Funk weitere Krankenwagen herbei. Eines ging aus den widersprüchlichen Aussagen hervor, nämlich, daß es sich um zwei Täter gehandelt hatte, was der Polizei nicht sonderlich wahrscheinlich erschien.
    Der Glaube der Beamten an eine gute Zusammenarbeit mit den Skinheads war begrenzt, und deren Glaube, schwedische Polizeibeamte könnten sich darüber erregen, wenn Skinheads Prügel bezogen, wenn auch illegalerweise, war noch begrenzter.
    Möglicherweise wäre dem Vorfall erspart geblieben, in den Mühlen der Justiz zu landen, obwohl schwere Körperverletzung ein sogenanntes Offizialdelikt ist, von dem es heißt, die Allgemeinheit könne es nicht dulden. In ähnlichen Fällen war es mindestens zweimal zu Besuchen von Anti-Gewalt-Delegationen beim Ministerpräsidenten des Landes mit dazugehörigem Kaffeetrinken gekommen. Es gibt immerhin Unterschiede zwischen Gewalt und Gewalt, je nachdem, wer Opfer und wer Täter ist.
    Und noch mehr kommt es darauf an, ob die Presse rechtzeitig am Schauplatz erscheint, um gute Fotos zu schießen.
    Aufgrund der Zeit, die erforderlich war, um zusätzliche Krankenwagen zum Standbild Karls XII. zu beordern, war die Presse rechtzeitig zur Stelle, um einige sehr aussagekräftige Fotos zu machen.
    Damit war das, was sich zugetragen hatte, eine Art von Gewalt, die von der Öffentlichkeit sehr ernst genommen wurde und sehr wohl dazu führen konnte, daß es beim Ministerpräsidenten erneut zu einer Kaffeerunde kam.
    Aus dem Blickwinkel der Presse enthielt die Geschichte nämlich ein entscheidendes Detail, das mit dem Grad der Gewalttätigkeit nicht das geringste zu tun hatte.
    Die Täter waren keine sogenannten Kanaken. In solchen Fällen ist es zweifelhaft, ob die Presse ein dringendes Bedürfnis verspürt, ihrer Entrüstung Ausdruck zu geben, da eine solche Entrüstung beim unwissenderen Teil der Allgemeinheit erfahrungsgemäß zu Rassismus führen kann, und das verstößt gegen die Regeln der Presse-Ethik.
    Aber jetzt waren die Täter zwei gutgekleidete Schweden. Ü- berdies glaubte einer der mißhandelten Jünglinge, wie sie am nächsten Tag in den Zeitungen sämtlich genannt wurden, die Täter müßten Polizisten der Baseballschläger-Bande der Innenstadtwache 1 oder etwas in der Richtung gewesen sein: »Wie zum Teufel sollten sonst zwei ganz gewöhnliche Yuppies eine Ehrenwache von einer halben Kompanie verprügeln können?« wie es einer der Anführer der Skinheads formulierte, kurz bevor man ihn mit einem Eisbeutel vor dem Gesicht in einen der Krankenwagen zog.
    Das war eine gute Frage. Eine Frage zudem,

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