Guilty Pleasure - Heimliches Verlangen (German Edition)
vermisste Ceely, und er wusste, dass auch er ihm fehlte.
Jeder Schritt konnte in den Abgrund führen. Wenn Dice seine Karriere nicht opfern wollte, müsste er auf der Hut sein.
Er fragte sich, ob all die strahlenden Gesichter seiner Fans es wert waren, dafür täglich in Ceelys traurige Augen blicken zu müssen.
Woche um Woche verging. Ceely funktionierte nur noch. Es gab Tage, da konnte er es nicht mehr ertragen, wie Dice ihn ansah. Oder wie er ihn manchmal nicht mehr ansah. Diese Momente schmerzten Ceely mehr, als er zugeben wollte. Doch auch er verstand es, nichts von seinem aufgewühlten Inneren nach außen dringen zu lassen. Seine Wut über den Vorfall brannte nicht mehr. Er hatte sie in Eis verwandelt.
Waren die Verwirrungen und Spekulationen anfangs noch hilfreich, um die Verkaufszahlen nach oben zu treiben, wurden sie doch sehr bald zu einer stimmungsdrückenden Angelegenheit. Die Jungs scherzten zwar weiterhin miteinander und verbrachten ihre Abende zusammen, doch die steigende Anspannung in der Luft konnte nicht mehr ignoriert werden. Greedy schaute Ceely manchmal genauso traurig an, wie er sich zurzeit fühlte.
Ceely saß spät nachts an dem kirschholzfarbenen Esstisch seines derzeitigen Hotelapartments, das um diese Uhrzeit viel zu groß und einsam war - wie in all den vergangenen Nächten. Vor ihm stand sein Notebook, dessen Licht ihm matt entgegen strahlte. Er wollte eigentlich ein paar seiner E-Mails beantworten, doch schon seit Minuten starrte er auf einen einzigen Punkt und hatte aufgehört zu blinzeln.
Etwas nagte an Ceely. Etwas, das er nicht benennen konnte. Oder wollte. Etwas, das nicht mehr weggehen würde, ganz egal, wie sehr er es sich auch wünschte. Plötzlich wusste er, was er tun würde, noch bevor sich dieser Entschluss tatsächlich manifestierte. Er würde etwas unternehmen, bevor er sich selbst nicht mehr in die Augen sehen konnte. Er würde es tun, bevor jemand anderes in die Verlegenheit kam, es tun zu müssen. Und so ließ er Chika über eine vertrauliche Mail wissen, dass er morgen mit ihr sprechen wollte.
Ceely klappte sein Notebook zu und atmete hörbar aus. Er ging in die Küche und schnitt ein wenig Obst in mundgerechte Stücke; Kiwi, dazu Ananas und Honigmelone. Auf einmal vernahm er ein leises Klopfen an der Tür. Er sah auf die Digitalanzeige am Herd. 1.31 Uhr. Niemand, absolut niemand würde ihn um diese Uhrzeit stören, bis auf …
Er hechtete zur Tür und riss sie auf.
„Dice“, sagte Ceely ungläubig und konnte nicht umhin, ihn anzustrahlen.
Doch sogleich setzte er wieder seine Maske auf. Er lugte links und rechts an dem Sänger vorbei, in den hell erleuchteten Hotelflur.
„Was machst du hier? Was ist, wenn dich jemand gesehen hat? Geh gefälligst wieder schlafen. Ich … ich ähm … es ist ziemlich …“, plapperte er nervös los, doch dann sah er den Wir-müssen-reden-Ausdruck in Dice’ Augen. „Ach verdammt, komm schon rein.“ Er zerrte Dice an der Schulter ins Zimmer.
Ceely ging in die Küche und schnippelte weiter an seinem Obst herum. Ihm war bewusst, dass er Dice den Rücken zuwandte. Er hatte Angst davor, was passieren würde, wenn er ihn zu lange ansah. Doch irgendwann war er fertig, und es gab nichts mehr zu tun, nichts, mit dem er das Unvermeidliche weiter hinauszögern könnte. Er drehte sich um und lehnte sich mit dem Hintern gegen die Küchenzeile. Dice hatte sich auf einen der Stühle gesetzt. Nach einer Weile fing er an zu reden.
War es für Ceely selbstverständlich gewesen, seiner Familie und seinen engsten Freunden zu Hause anzuvertrauen, dass er schwul war, war es doch nichts im Vergleich zu dem, was Dice gerade durchmachte. Seine Sexualität hatte niemals eine Rolle gespielt. Warum also jetzt? Er war der Gleiche. Seine Stimme, seine Leidenschaft für die Musik, die Treue zur Band und zu den Fans. Nichts hatte sich geändert.
Solange die Welt geglaubt hatte, er sei hetero, war scheinbar alles in bester Ordnung gewesen. Doch die Gerüchte – die ja, wenn man es ganz genau nahm, nun mal keine waren – ließen ihn wirklich tiefe Frustrationen bekämpfen. Und Ceely wusste, dass er womöglich der einzige Mensch war, dem Dice dies anvertrauen konnte.
Ceely machte Dice klar, dass seine Wunschvorstellung von einer toleranten, offenen und liberalen Gesellschaft nur in kitschigen Fernsehserien existierte. Er jedoch befand sich in einem knallharten Geschäft. Und da kümmerte es die Menschen nicht, was er fühlte. Er war nur dazu da, das
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