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Gullivers Reisen

Gullivers Reisen

Titel: Gullivers Reisen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Swift
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Wilde in Amerika und andern Welttheilen mitzubringen pflegen, aus der Tasche, denn ich hoffte, die Bewohner des Hauses würden dadurch bewogen werden, mich freundlich aufzunehmen. Das Pferd gab mir ein Zeichen, zuerst hineinzugehen; es bestand aus einem großen Raume mit einem Lehmboden und mit Trögen und Krippen, welche sich an der Wand hin ausdehnten. Ich sah dort zwei Klepper und zwei Stuten, welche nicht aßen, und wovon Einige zu meinem Erstaunen auf ihren Schenkeln saßen; noch mehr aber wunderte ich mich, als ich sah, wie die übrigen in der Haushaltung beschäftigt waren, obgleich sie nur aus gewöhnlichem Vieh bestanden. Dies bestätigte meine Vermuthung, ein Volk, welches unvernünftige Thiere so sehr zu civilisiren verstehe, müsse nothwendig alle Nationen der Welt an Weisheit übertreffen. Der Braune kam gleich hinter mir drein, und verhinderte dadurch eine schlimme Behandlung, die ich vielleicht von den andern hätte erleiden müssen. Er wieherte mehrere Male im Tone des Befehls und erhielt Antwort.

    Ausser diesem Raume befanden sich in dem Hause noch drei andere, die, der Länge des Gebäudes nach, gegen einander über lagen, indem die Thüren sich in gerader Linie vis à vis befanden. Wir gingen durch den zweiten Raum zum dritten. Hier trat der Braune zuerst ein, indem er mir winkte, ihm zu folgen. Ich wartete im zweiten Raume und hielt meine Geschenke für den Herrn und die Herrin des Hauses bereit. Sie bestanden aus zwei Messern, drei Armbändern von falschen Perlen, einem kleinen Spiegel und einem Halsband aus gläsernen Kugeln. Das Pferd wieherte zwei oder dreimal und ich erwartete eine Menschenstimme als Erwiedrung zu hören, vernahm jedoch keine andere Antwort, als in demselben Dialekte und ein paar Töne, die ein wenig heischerer klangen; deßhalb dachte ich, dies Haus gehöre einer Person von Ansehn unter diesem Volke, weil so viele Ceremonien gemacht wurden, bevor ich Zutritt erhielt. Der Umstand, daß ein Mann von Stande durch Pferde bedient würde, lag jedoch außerhalb meiner Begriffe; ich besorgte, mein Gehirn sey durch Unglück und Leiden verwirrt worden; ich faßte Muth und sah mich in dem Raume um, wo ich allein gelassen ward; der Raum war mit denselben Möbeln wie der erste, jedoch bei weitem zierlicher versehen. Ich rieb mir die Augen, allein ich sah stets nur dieselben Gegenstände. Ich kniff mir in die Arme und die Seiten, um mich zu erwecken, denn ich hoffte, Alles sey nur ein Traum. Aus Allem dem schloß ich, der ganze Schein könne nur durch Zauberei und Magie bewirkt seyn. Ich hatte jedoch keine Zeit, in meinen Gedanken fortzufahren; der Braune kam aus der Thüre und gab mir ein Zeichen, ihm in den dritten Raum zu folgen, wo ich eine sehr schöne Stute mit zwei Füllen sah, die mit ihren Hinterfüßen auf künstlich geflochtenen und vollkommen reinen Strohmatten saßen.

    Nachdem ich eingetreten war, erhob sich die Stute von ihrem Sitz, trat nahe an mich heran, untersuchte genau mein Gesicht und meine Hände und gab mir einen im höchsten Grade verächtlichen Blick; alsdann wandte sie sich zu dem Hengste, und ich hörte, wie das Wort Yähu zwischen Beiden häufig ausgesprochen wurde. Die Bedeutung desselben konnte ich aber noch nicht verstehen, obgleich es das erste war, dessen Aussprache ich erlernt hatte. Allein bald wurde ich zu meiner ewigen Kränkung darüber unterrichtet. Der Hengst winkte mir mit dem Kopfe und wiederholte mir das hhuun hhunn , wie unterweges, was ich bereits verstand und womit er andeutete, ich solle ihm folgen. Alsdann führte er mich in den Hof, wo ein anderes Gebäude in einiger Entfernung vom Hause stand. Wir traten ein und ich sah drei dieser scheußlichen Kreaturen, welche ich bei meiner Landung zuerst angetroffen hatte; sie nährten sich von Wurzeln und vom Fleische einiger Thiere, wie ich nachher erfuhr von Hunden und Eseln und bisweilen auch von krepirten Kühen. Mit dem Halse waren sie durch starke Weidenruthen an einen Balken festgebunden. Sie hielten ihre Nahrung mit den Vorderpfoten und zerrissen dieselbe mit ihren Zähnen.
    Das Herr-Pferd befahl einem fuchsrothen Klepper, welcher sein Diener war, das größte dieser Thiere loszubinden und in den Hof zu bringen. Die Bestie und ich wurden nahe aneinander gestellt und unsere Gesichtszüge sowohl vom Herrn wie vom Diener aufmerksam verglichen, worauf sie Beide das Wort Yähu mehrere Male wiederholten.

    Hier kann ich meinen Abscheu und mein Erstaunen nicht beschreiben, als ich in diesem

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