(Gummi-) Baerenstarke Kerle
Außerdem kann er dich hinterher immer noch anbaggern, wenn es ihm wirklich ernst ist. Du verschwindest doch nicht sondern Sieglinde!“
„Hm?“ , konnte ich nur zurückgeben, das musste ich erstmal verdauen.
„Ich hab eine kleine Entscheidungshilfe für dich!“ Ursula stand auf und lief zum Wohnzimmerschrank, zog ein Buch hervor und ging an die unterste Schublade, in der sie die Süßigkeiten aufbewahrte.
„Willst du mir die Karten legen und mich mit Schokolade trösten , wenn mein Schicksal grausam ist?“, murrte ich.
„Du hast es fast erraten!“ , trällerte sie und schwenkte eine Tüte Gummibärchen vor meiner Nase.
„Soll ich jetzt etwa Aschenputtel spielen? Die Roten ins Töpfchen, die andern ins Kröpfchen?“
„Auch nicht ganz“, sagte sie und lachte mich aus.
Ich hatte keine Lust , jetzt auch noch die roten Bären rauszusuchen und als Friedensangebot damit bei Stefan aufzukreuzen!
Zum Glück hatte Ursula was ganz anderes damit vor.
Sie nahm eine Schere und schnitt die Tüte auf. Dann legte sie sie auf den Tisch und sagte, ich solle fünf Bärchen rausnehmen.
„Ich mag jetzt keine Süßkram“ , maulte ich.
„Du sollst sie auch nicht essen, nur ziehen, wie bei einem Kartenspiel! Und nicht hingu cken! Dann kannst du sie meinetwegen an die Wand nageln oder auffressen, wenn dir danach sein sollte!“
„Also soll ich sie doch essen!“
„Mach nicht so ein Theater! Greif jetzt in die Tüte!“
Ich tat wie geheißen und griff in die Tüte.
Das Buch hielt Ursula noch hinter ihrem Rücken.
Ich zog ein rotes Bärchen, noch ein rotes Bärchen und noch eins, waren da nur diese verdammten roten Gummibären drin? Und noch ein Rotes und zum guten Schluss ein Weißes!
„Wunderbar, das wäre geschafft!“ Ursula holte das Buch hervor und zeigte es mir.
Ein kleines blaues Taschenbuch, auf dem acht Weingummibären prangten. „Das Gummibärchen Orakel“ stand oben drüber.
Na was kam denn jetzt?
Ursula blätterte geheimnisvoll darin herum, schlug eine Seite auf und las mir vor: „Viermal Rot, einmal Weiß. Ungeduld, Überdrehtheit und Intuition! Es gab einmal einen griechischen König, der hatte auch viermal Rot gezogen. Er trug vier rote Kelche in seinem Wappen. Dieser König hieß Pyrrhus. Der ging zum Orakel nach Delphi und fragte: Ich möchte Krieg führen, werde ich siegen? Das Orakel antwortete: Wenn du Krieg führst, wirst du ein großes Land zerstören. Pyrrhus freute sich und zog los. Tatsächlich zerstörte er ein großes Land durch diesen Krieg, allerdings sein eigenes. Kennen Sie das? Dass Sie kluge Hinweise missverstehen, weil Sie Ihren Kopf durchsetzen wollen? Dass Sie gegen andere wüten und dabei nur sich selbst schaden? Dass Sie zu Befreiungsschlägen ansetzen und sich dabei fesseln? In so einer Situation befinden Sie sich jedenfalls jetzt. Säfte, die für Ungeduld, Aggressivität, Überdrehtheit zuständig sind, werden in Ihrem Hormonhaushalt gerade zu einem giftigen Cocktail gemixt. Prima, falls Sie gerade zum Hexensabbat aufbrechen. Nicht so prima, wenn Sie etwas Vernünftiges zustandebringen wollen. Und ganz schlecht, wenn Sie Selbstvertrauen oder nur Ruhe finden möchten. Viermal Rot ist eine Alarmkombination. Eine, die Ihnen und anderen Angst macht. Die dazu Kopfschmerzen, Zahnschmerzen, hohen Blutdruck beschert. So. Aber Sie, Sie haben jetzt noch ein weißes Bärchen gezogen. Und das ist Ihr Glück. Da winkt ein Ausweg. Der verheißt Aussicht auf Geistesblitze. Bedeutet: Allmählich geht sogar Ihnen ein Licht auf. Ihr Gehirn bekommt Frischluft. Und eine Kraft macht sich bemerkbar, die Sie beim Wändeeinrennen fast vergessen haben: Ihre Intuition. Ja, die gibt es. Auch bei Ihnen. Sie haben diese innere Stimme, auf die Sie hören und auf die Sie sich verlassen können. Und diese Stimme meldet sich jetzt. Von diesem inneren Wissen können Sie sich jetzt führen lassen. Zu Klarheit, Freiheit, neuen Ufern. Horchen Sie mal hin. Wir hören schon was.“
„Dass ich so was mal von Gummibärchen erfahren würde, hätte ich nie zu träumen gewagt. Aber es hört sich verdammt nach meiner Situation an. Das ist ja erschreckend! Welch ein Orakel!“, meinte ich, wieder besser gelaunt.
„Fast so gut wie die allwissende Müllhalde!“ , kicherte Ursula. „Aber hab ich’s dir nicht gesagt, Ruhe bewahren und auf deine innere Stimme hören. Dann geht schon alles gut.“
Mit dieser Weissagung im Hinterkopf fuhr ich etwas später nach Hause.
Ich musste mich ja
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