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Gun Machine

Gun Machine

Titel: Gun Machine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Warren Ellis
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Füßen aus.
    Im Moment hatte der Jäger keinen festen Stand, und das Messer lag noch immer, wo er es platziert hatte– auf dem Aufsteller. Er kippte nach hinten. Die Beute landete auf seiner Brust und bockte wie ein verwundeter Bulle. Vor Jahren hätte der Jäger sie noch mit roher Gewalt erwürgen können. Doch er war nicht so eitel, sich sein Alter nicht einzugestehen, und fand es nicht ehrenrührig, der Beute ein Knie in den Rücken zu rammen, um seinen Händen die Arbeit zu erleichtern. In dieser Position erdrosselte sich die Beute umso schneller selbst, je heftiger sie sich wehrte.
    Die Fersen der Beute schlitterten über den Boden und gruben sich ins Linoleum. Dafür bezahlte sie. Doch der Jäger sah, dass sie sich Platz verschaffte, um– womöglich erfolgreich– nach der Waffe zu greifen, die hinten in ihrem Hosensaum steckte. Nach der Waffe, die der Jäger noch nicht an sich nehmen konnte.
    Mit einem Aufbäumen warf der Jäger die Beute auf den Bauch und versetzte ihr vier oder fünf weitere Hiebe auf die Schläfe, selbst immer noch auf dem Rücken. Aus einem gezackten Riss in der Stirn der Beute pulsierte träges Blut, sie begann zu wimmern und zu zucken. Der Jäger sicherte die Waffe. Da er noch Pläne für die Waffe hatte, widerstand er der Versuchung, die Beute damit totzuprügeln. Er wollte sein Werkzeug nicht beschädigen.
    Stattdessen stand er auf und legte die Waffe auf den Aufsteller, griff sich das Messer und drehte sich wieder zu der Beute auf dem Boden.
    Doch die Beute lag nicht mehr auf dem Boden, sondern war auf den Beinen und stürmte auf ihn zu. Eines ihrer Augen schwamm in Blut. Ihr Mund, der sich mit rötlichem Schaum gefüllt hatte, brachte nichts als Ächzen und Krächzen heraus, und noch dazu hatte sie in die Hose uriniert. Eine spastisch zuckende Riesenhand langte nach dem Gesicht des Jägers und krallte sich fest.
    Als der Jäger ihr das Messer von unten in die Rippen stieß, ertönte eine Mischung aus einem erstickten Schrei und einem Pfeifen. Er stieß noch einmal zu. Der Verdauungstrakt der Beute entleerte sich gewaltsam. Er stieß ein drittes Mal zu, diesmal höher und kräftiger, und spürte, wie der Widerstand des dichten, festen Fleischs die Klinge beben ließ.
    Er drehte das Messer herum.
    Der geöffnete Mund der Beute erstarrte zu einem ruhigen Blutring.
    Die Beute starb, fiel, lief aus und war nicht mehr von Interesse.

Dreiundzwanzig
    Tallow fuhr eine Zeit lang im 1st Precinct herum, um sich zu vergewissern, dass sein Hirn noch reibungslos funktionierte. Es ging gegen Mittag. Er wusste, dass er versuchen sollte, etwas zu essen. Außerdem kam ihm in den Sinn, dass er seine Forensiker weiterhin behutsam zähmen musste.
    Jene, die John Tallow weniger gut kannten, waren oft überrascht, wenn er mal tiefer in die Tasche griff, und noch überraschter, wenn sie erfuhren, dass er direkt in Manhattan wohnte. Manche vermuteten, dass er sich für irgendein rätselhaftes Entgegenkommen schmieren ließ, das weder seine Energie noch sein Interesse erforderte. Die Wahrheit war viel einfacher: Tallow gab nicht viel Geld aus. Nie. Selbst seine Wäsche erledigte er großteils mit billigem Seifenpulver in der Küchenspüle. Er ging kaum aus. Er aß kaum. Seinen Lesestoff und seine Musik besorgte er sich günstig oder umsonst im Netz.
    Alle Jubeljahre– wobei Tallow bei diesen Gelegenheiten kaum nach Jubeln zumute war– stellte er sich sein jüngeres Ich vor, wie es an einem Punkt ein Stück die Zeitlinie hinunter stand, die nackten Zehen in den Strand seiner Teenagerjahre grub und auf das Heute blickte, wo sein zukünftiges Leben implodierte wie ein sterbender Stern. Wo sich sein Leben zu einem kleinen, dunklen, dichten Etwas von einer offenkundig bösartigen, alles verschlingenden Gravitation zusammenzog.
    Alle Jubeljahre leistete John Tallow sich eine Flasche Wodka, fuhr nach Hause und leerte sie in einer Stunde.
    Kurz vor dem Mittagspausenrummel hielt er vor einem Sandwichladen, den er kannte. Er zwängte seinen Wagen hinter ein brandneues, SUV -artiges Teil, das man mit seinen breiten Scheinwerfern und riesenhaften Felgen, seinem Gold und Chrom auch für ein futuristisches Mondauto halten konnte. Der Laden selbst war kaum mehr als eine Theke mit einem auf sechs Monate befristeten Pachtvertrag und einer Auswahl, die man als » minimalistisch « bezeichnen konnte. Doch das, was es gab, war ebenso meisterhaft zubereitet wie durchdacht. Tallow holte das Telefon heraus und rief Scarly

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