Gun Machine
der Tasche des Jägers lagen das Messer und einige bescheidene Hilfsmittel für das Leben im Wald: ein Zunderbeutel, ein Stück Feuerstein, etwas Faden, ein paar andere Kleinigkeiten. Der Ring steckte an seinem Finger.
Der Jäger lief bis zum Ende der Straße, vergewisserte sich, dass er außer Sichtweite war, und suchte nach einem Zugang zur Rückseite des Gebäudes.
Auf der ost-westlichen Seite des Blocks, fünf oder sechs Türen vor einem kleinen Lebensmittelgeschäft, entdeckte er eine verlassene Eisenwarenhandlung mit schlampig weiß getünchten, in den oberen Stockwerken meist eingeschlagenen Fenstern. Ein Schild mit förmlichen Lettern klebte an der Tür, doch Wind und Wetter hatten viele Worte fortgespült. Niemand sah, wie der Jäger das Schloss mit dem Messer bearbeitete und die Tür aufzwängte. Drinnen drückte er die Tür sorgfältig zu und klemmte zusätzlich einen Spanplatten-Verkaufsaufsteller dagegen. Offenbar hatte der Besitzer den Laden in großer Eile aufgeben müssen– er hatte etwas Inventar und einen Großteil der Ausstattung zurückgelassen. Einen Augenblick kauerte sich der Jäger in die Dämmerung, um zu lauschen und tief einzuatmen. Er registrierte einen Anflug von menschlichen Fäkalien, doch diese waren alt. Im Moment hatte hier niemand sein Lager aufgeschlagen. Der Jäger durchsuchte, was vom gescheiterten Versuch des Besitzers, nach den unlauteren Regeln des Manhattaner Tauschhandels zu leben, geblieben war. Er durfte nehmen, was er wollte. Mannahatta war den Lenape durch arglistigen Betrug gestohlen worden. Der Jäger war kein Krimineller. Er hatte ein Recht auf jede Beute, die er in der Stadt auf der Insel machen konnte.
Unter anderem fand er noch mehr Faden sowie Schiebekassetten voller Schrauben und Muttern, die es dem Besitzer nicht wert gewesen waren, sie einzupacken und mitzuschleppen. Dem Jäger kam eine Idee. Er schnitt ein knapp zwei Meter langes Fadenstück ab und klaubte eine Handvoll Muttern und einige Schrauben zusammen, ehe er sich nach einer Treppe zu den oberen Stockwerken und weiter aufs Dach umschaute.
Vom Dach aus hatte er einen schrägwinkligen Blick auf die Rückseite von Kutkhas Gebäude und freie Sicht auf den unkrautüberwucherten Verladehof und die Gasse, durch die der Hof mit dem Auto zu erreichen war. Vor die Innenseiten der Fenster der drei oberen Stockwerke hatte man behelfsmäßige Gardinen getackert.
Der Jäger kauerte sich hinter den Belüftungskasten auf dem Dach, wo er von Kutkhas Gebäude aus nicht unmittelbar zu sehen war, und knotete die Muttern in den Faden. Die schwereren Schrauben band er an die Enden. Als er ein dreißig Zentimeter langes Fadenstück versuchsweise in der Hand kreisen ließ, peitschte die Schraube am Ende des Fadens in einem engen Bogen herum. Ein akzeptables Ergebnis.
Er stand auf und spähte auf Kutkhas Gebäude hinab, wirbelte den beschwerten Faden, bis er in der Luft sang, und schleuderte ihn auf die oberste Etage des Gebäudes. Kurz verfolgte er die Flugbahn, dann duckte er sich hinter den Kasten und beobachtete alles Weitere aus einem möglichst geschützten Blickwinkel.
Der Metallfaden traf eines der obersten Fenster. Nicht so fest, dass es gleich zu Bruch gegangen wäre, aber mit genügend Kraft, um ein scharfes Knallen widerhallen zu lassen, während er klappernd auf einen Fenstersims im dritten Stock und weiter in den zweiten Stock fiel, bevor er abstürzte und im dichten Unkraut des Hofs landete.
In der vierten Etage wurde eine Gardine zurückgestrichen, in der dritten ebenfalls. In der zweiten waren es zwei Gardinen. Kleine, wackelnde Köpfe kamen zum Vorschein und versuchten auszumachen, woher der Lärm gekommen war.
Vier zusätzliche Menschen. Und darüber hinaus weitere Personen, die dort oben festgehalten wurden– mindestens eine Frau. Mit einem Seufzen rollte der Jäger sich in einen verborgenen Winkel. Die Situation stellte sich unnötig kompliziert dar.
Der Jäger fragte sich, ob das Scheusal seinen Posten jemals aufgab. Etwa zum Mittagessen. Seiner Körperform nach zu urteilen, war er kein Mensch, der Mahlzeiten ausließ.
Die Lieferung aus New Jersey würde zweifellos über die schmale Zufahrt zum Hof eintreffen. Das Abendlicht würde bereits schwinden, doch der Hof war gut abgeschirmt. Außer man befand sich auf einem angrenzenden Dach, dachte der Jäger mit einem stillen Lachen.
Sein ursprünglicher Plan hatte ganz anders ausgesehen: die Waffe bezahlen, gehen, kurz darauf zurückkehren und alle
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