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Gun Machine

Gun Machine

Titel: Gun Machine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Warren Ellis
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umbringen. Aber mit so vielen, so weit verstreuten Mitspielern konnte dieser Plan nicht funktionieren. Der Jäger musste sein Vorhaben verkleinern, er musste Kutkha isolieren. Und er wollte nicht, dass alles von Kutkhas großspurigem Versprechen abhing, die Waffe eigenhändig aus dem Wagen zu holen und zu überprüfen.
    Andererseits musste er sich eingestehen, dass dies durchaus Kutkhas Art wäre, dass er schon oft ähnlich gehandelt hatte. Der Mann gab sich tatsächlich Mühe– wenn auch keine allzu große–, sich wie ein aristokratischer Krimineller zu präsentieren und zu benehmen, der in Übereinstimmung mit einer wohlgesitteten Tradition agierte, die im Wesentlichen nur in seinem eigenen Hirn existierte.
    Mit einem Blick auf die Sonne berechnete der Jäger die Stufe des Tageslaufs. Er spähte über die aufgereihten Dächer und hielt kurz inne, um seinen Puls mitzuzählen und seinen inneren Trommelschlag an den Rhythmus in seinem Kopf anzupassen. Dann lief er los. So geduckt wie möglich, rannte und sprang und rannte er über die Dächer bis zu der Ecke, um die er vorhin gebogen war. Nachdem er die Zeit, die er benötigt hatte, in sein Gedächtnis eingeschrieben hatte, robbte er zum Rand des neuen Dachs. Von hier aus war nur ein schiefer Splitter der Vordertür von Kutkhas Gebäude zu erkennen. Genug, um zu sehen, wenn jemand ging.
    Der Jäger war ein Meister im Warten. Das Dach wurde zum sanft geschwungenen Haupt eines Gebirgsausläufers mit Blick auf einen Pfad durch Waldwiesen. Der fleckige Asphalt verwandelte sich mit einer solchen Leichtigkeit in ein Geflecht aus Licht und Schatten, dass sich die Lippen des Jägers unwillkürlich zu einem breiten Lächeln krümmten. So viel Schönheit. Hier und da flitzten Weißfußmäuse durchs Gras, und für eine kurze, herrliche Minute kreiste der Schatten eines Eckschwanzsperbers um seinen Kopf. Weiter unten entdeckte er kleine Ansammlungen von Blasenschötchen, ein blasses Violett wie ein Abendhimmel im Sommer. Ihre Samen waren heilig. Alles war heilig, in dieser Zeit des Wartens. Das Leben war vollkommen.
    Die Sonne hatte noch kaum den Mittagsgipfel erklommen, als der Jäger zusammenzuckte– eine Erscheinung aus einer anderen Zeitlinie, ein Scheusal aus dem 21. Jahrhundert in einem essensverschmierten, orangefarbenen Jogginganzug lief den Pfad entlang, mitten durch den Wald Mannahattas vor Einbruch des 17. Jahrhunderts. Der Wahrnehmungsschock ließ dem Jäger die Galle hochkommen.
    Das Scheusal folgte dem Weg, den auch der Jäger gegangen war, und näherte sich der Ecke. Er konnte nur ein Ziel haben: das Lebensmittelgeschäft. Mit einem Zwinkern schüttelte der Jäger die vergangenen Zeitalter ab und studierte die Geschwindigkeit des Scheusals. Als es um die Ecke bog, rannte er zu dem Dach, von dem er gekommen war, und klopfte im Kopf die Sekunden mit.
    Binnen vier Minuten war der Jäger auf dem Boden und bereit. Er betete, dass er schnell genug gewesen war, während er den Sperrholz-Aufsteller beiseiteschob und die Ladentür öffnete. Auf der Straße war noch immer niemand zu sehen. Kein Wunder. In diesen Teil der Stadt verirrte man sich nur, wenn es keine Alternative gab. Der Jäger stand hinter der angelehnten Tür und wartete. Seine Anspannung wuchs. Das Scheusal hatte es doch nie im Leben in unter vier Minuten zum Lebensmittelgeschäft und zurück um die Ecke geschafft? Nein, so schnell bewegte sich die Kreatur nicht. Hoffentlich blieb die Straße leer. Diese Jagd war ohnehin riskant.
    Das Scheusal schlurfte an der Tür vorbei.
    Der Jäger zählte zwei weitere Schritte ab, um sich etwas Platz zum Manövrieren zu lassen, öffnete die Tür und machte sich ans Werk.
    Eine doppelte Fadenschlinge legte sich um den Hals des Scheusals, ein scharfes Reißen zog den komplexen Knoten im Handumdrehen zusammen. Der Jäger wickelte den Faden um die linke Hand und zerrte die Kreatur zurück. Zu ihrer Ehrenrettung musste man sagen, dass sie schon mit der rechten Hand nach der Pistole griff, während sie noch versuchte, die linke unter die Schlinge zu zwängen. Der Jäger holte die Beute noch näher heran und schmetterte ihr die rechte Hand auf die Schläfe. Er spürte, wie der Knochen nachgab. Wie eine Eierschale unter einem Kristallpickel.
    Als die Beine der Beute nachgaben, sammelte der Jäger seine ganze Kraft, um sie rückwärts in die Dunkelheit des Ladens zu ziehen, presste ihr Gesicht gegen die Wand und schloss die Tür so leise wie möglich.
    Die Beute trat mit den

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