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Gurkensaat

Gurkensaat

Titel: Gurkensaat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F Steinhauer
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Uhr?«
    »Ja. Vielleicht kommen sie gemeinsam«, antwortete Nachtigall und tastete in seiner Jackentasche. Der Zettel, den er dem Beamten am Vortag abgenommen hatte, knisterte leise zwischen seinen Fingern.
    »In einer halben Stunde also. Kaffee?«
    »Nein, danke.« Nachtigall zögerte kurz und fragte dann: »Ist die Lichtdusche schon …?«
    »Ja. Aber das ist eine Langzeittherapie. Man muss es jeden Tag anwenden, eine halbe Stunde davor sitzen und einen vorgeschriebenen Abstand einhalten. Es wird also nicht gleich zum gewünschten Erfolg führen.« Skorubski seufzte, füllte seinen Kaffeepott und goss einen kräftigen Schuss Milch dazu, bevor er weitersprach. »Ich habe mir inzwischen noch eine andere Variante überlegt. Weißt du, was du gesagt hast, ging mir echt unter die Haut. Du hast dich nämlich getäuscht. Ich kümmere mich nicht wirklich ausreichend um meine Frau, keinesfalls besser, als Olaf Gieselke sich um seine gekümmert hat. Außerdem habe ich erkannt, dass man Einsamkeit nicht allein durch Licht heilen kann. Und deshalb habe ich meine Frau mit etwas Besonderem überrascht. Sie fährt für ein langes Wochenende mit ihrer besten Freundin in ein Wellnesshotel.«
    »Das ist sicher eine prima Idee. Übrigens ist bald Frühling. Überall werden dann wieder Katzenbabys angeboten. Die reinsten Herzensbrecher, sage ich dir. Meinen Haushalt haben die beiden Schnurrer jedenfalls fest im Griff.« Er zwinkerte Albrecht Skorubski zu. »Sie bringen jede Menge Leben ins Haus.«
    »Ich spreche das an. Ein Hund geht nicht, der muss viel spazieren gehen, bei jedem Wetter. Das ist nichts für meine Frau. Aber eine kleine Katze wäre eher was.«
    Im Hintergrund hörten sie Wiener, dessen Lautstärke während des Telefonats deutlich zugenommen hatte. »Was soll das heißen: Sie haben jetzt keine Zeit? Ich denke, mein Anruf hat Sie geweckt! Also hatten Sie doch gar nichts vor!«
    Nachtigall schrieb rasch ein paar Worte auf einen Zettel und reichte ihn an den jungen Kollegen weiter. Michael Wiener las und reckte den Daumen in die Höhe. »Gut, Herr Körbel. Sie möchten nicht herkommen. Kein Problem. Wir machen es anders. Ich schicke Ihnen eine Streife vorbei und lasse Sie herbringen. Nein, das macht mir gar nichts aus, ehrlich. Ist keine Mühe für mich. Aber nein. Das geht ganz schnell. Die Kollegen sind in solchen Fällen immer sehr eifrig. Ach, Sie kommen doch. Ganz ohne Streife. Ja, nun – wenn Sie meinen …« Wiener legte auf und grinste verschmitzt. »Er ist gleich hier. Will nur schnell die Zähne putzen.«
    Er schaute zufällig aus dem Fenster. »Die Kinder sind da!«
     
    Während Nachtigall über den langen Flur zum Haupteingang ging, beschäftigte er sich in Gedanken mit dem, was ihn nun erwartete. Sicher waren die Eltern der Jungs nicht begeistert von der aktuellen Entwicklung, vielleicht wären sie auch gern wütend auf den Hauptkommissar, aber natürlich wussten sie, dass es nicht seine Schuld war, dass die Kinder die tote Frau gefunden hatten. Am ehesten konnte man noch demjenigen einen Vorwurf machen, der die Haustür offen gelassen hatte. Dessen Identität allerdings war nicht bekannt. Nachtigall würde all diese diffusen Emotionen abfangen müssen. Er konnte sich gut vorstellen, wie befremdlich es für Eltern sein musste, zu erfahren, ihre Kinder hätten eine schreckliche Entdeckung gemacht, etwas gesehen, was sie selbst vielleicht noch nie gesehen haben. Möglich, dass sie die Jungs aufmerksam beobachteten, verunsichert und ratlos über ihre Köpfe strichen und sich, irritiert über die Coolness, mit der die Freunde das Geschehene verarbeiteten, mit der Situation überfordert fühlten.
    Peter Nachtigall wusste all das. Es war vielleicht keine schlechte Idee, den Familien therapeutische Hilfe anzubieten, beendete er seine Überlegungen.
    Überrascht sah er die drei Freunde ohne Begleitung das Gebäude betreten.
    Das hatte er nun wirklich nicht erwartet.
    »Guten Morgen!«
    »Morgen«, murmelten die Jungs und sahen sich ein wenig eingeschüchtert um. Bestimmt hatten Freunde und Geschwister unheimliche Geschichten über das erzählt, was sich hier hinter den unscheinbaren Bürotüren abspielte.
    »Ihr seid doch nicht ganz allein gekommen, oder?«, fragte der Hauptkommissar freundlich und als Mario mit dem Kopf schüttelte, war er fast erleichtert.
    »Mein Papa parkt nur rasch das Auto. Er hat gesagt, wer in fremden Häusern rumschleicht und dort tote Menschen findet, der kann auch ohne Papas Hand zur

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