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Gurkensaat

Gurkensaat

Titel: Gurkensaat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F Steinhauer
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nicht anders zu erwarten, oder? Ich habe Hardy besucht. Erst kam das Gespräch schleppend in Gang, aber als er checkte, dass ich wegen des Mordes an Mühlbergs Stiefsohn da bin, wurde er gesprächiger. Natürlich hat er jede Verwicklung in diesen Fall rigoros abgestritten. Er sei nur an Geld interessiert, und die Summe, die Mühlberg ihm schuldete, sei nicht der Rede wert gewesen. Wegen ›Peanuts‹ bringt man schließlich niemanden um! Und wer könne schon einem Kind so etwas antun. Nein, er habe damit nichts zu tun. Natürlich habe ich ihm die SMS vorgehalten, die Mühlberg bekommen hat. Da räumte er immerhin ein, dass das eine Dummheit war, von Mord sei hier aber nicht die Rede. Es sei eben eine kleine Drohung unter Freunden gewesen, mehr nicht«, fasste Michael Wiener das Gespräch zusammen. »Und die Schulden habe Mühlberg bei ihm, weil er ein paarmal ›vergessen‹ habe, ihn auszubezahlen. Bei diesem Kartentrick steckt der Gewinner alles Geld ein und geht. So schöpft der geprellte Mitspieler keinen Verdacht. Manchmal gehen Gewinner und Verlierer auch noch zusammen in die nächste Bar. Jedenfalls sollte der Gewinner in den kommenden Tagen die anderen auszahlen. Diesen letzten Schritt hat Mühlberg wohl manchmal ausgelassen«, grinste der junge Mann. »Kann sein, er dachte, er könne die gesamte Summe nach Kanada mitnehmen. Hardy und seine Freunde hätten ihn nur schlecht verklagen können.«
    »Hm. Recherchier mal in seiner Polizeiakte. Vielleicht finden sich ja doch Hinweise auf aggressives Verhalten. Oder er stand schon mal unter Verdacht, zur Durchsetzung seiner Forderungen ›Hilfspersonal‹ eingesetzt zu haben. Wäre doch denkbar, dass Hardy sich nicht gern selbst die Finger schmutzig macht«, entschied Nachtigall und griff nach einem Umschlag mit Fotos, der auf seinem Schreibtisch lag.
    »Das ging aber schnell.« Er pinnte die Tatortfotos an die Wand. »Frau Gieselke lag in einem kleinen Bad. Erbrochenes fand sich neben ihr auf den Fliesen, aber auch in der Toilettenschüssel. Eine große Blutlache unter ihrem Kopf kann bedeuten, dass sie stürzte. Vielleicht war ihr Tod ein Unfall. Oder sie hat versucht, sich mit Tabletten das Leben zu nehmen. Vielen Selbstmördern wird von dem Cocktail übel. Denkbar ist ebenfalls, dass sie benommen war, taumelte und sich dabei den Hinterkopf mit tödlicher Wucht anschlug. Dritte Variante: Jemand brachte sie um. Zwang sie möglicherweise, eine Mischung verschiedenster Tabletten einzunehmen, und als das nicht schnell genug wirkte, schlug er sie nieder, sie starb. Er verließ das Haus, kehrte später noch einmal zurück, wobei er mir entwischen konnte.« Zornig schlug Nachtigall sich auf die Oberschenkel. »Der Kerl war plötzlich verschwunden! Weg!«
    »Morgen wissen wir bestimmt mehr. Ach so, ja, der Obduktionsbericht Wolfgang Maul. Alles so, wie wir es uns schon gedacht hatten. Stumpfe Gewalt gegen den Hinterkopf, schwerer Schlag aufs Stammhirnareal, danach wurde er brutal geschlagen, viele Knochen sind gebrochen, besonders das Gesicht war betroffen. Ein Auge war aus der Höhle luxiert. Er war nicht sofort tot, was mich auch überrascht hat. Aber Dr. Pankratz ist sich da völlig sicher«, informierte Wiener die Kollegen.
    »Wir stochern morgen weiter in Mauls privatem Umfeld. Ich werde in der Klinik nachfragen, ob wir die Mutter wenigstens kurz sprechen können. Und ich möchte mit den Beamten reden, die den Fall mit den Körperteilen in Gurkengläsern untersucht haben. Möglich, dass die sich noch an Details erinnern, die nicht in der Akte stehen. Ich glaube, die alte Geschichte hängt mit den aktuellen Morden zusammen, auch wenn ich das noch nicht beweisen kann. Für heute ist Schluss!«
    Dann runzelte er die Stirn und setzte die Brille neu auf, ruckelte an ihr herum. »Michael, eine private Frage noch: Hattest du schon immer diesen kleinen Brillanten im Ohr? Werde ich doch alt und meine Wahrnehmungsfähigkeit schwindet?«
    »Oh, nein. Keine Sorge, Peter, du bist hellwach!«, lachte Wiener. »Den trag ich erst seit heut Nachmittag. Habt ihr g’wusst, dass es da einen Grabstein gibt, gar net so weit vom Tatort entfernt? Da sin zwei Liebende vo einem Blitz erschlage worde. Genau am 24. April 1888. Un da hat Marnie g’dacht, des sei doch der perfekte Ort. Un so sind wir hing’fahre, mit einer Flasch Sekt und den Ohrringe und habe uns dort verlobt. Sie find so was wild romantisch«, beichtete Wiener die Geschichte und errötete leicht.
    »Oh, ich weiß, wo der

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