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Gurkensaat

Gurkensaat

Titel: Gurkensaat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F Steinhauer
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neben seiner Leiche angetroffen zu werden. Mir war klar, was Sie denken würden – nämlich genau das, was Sie jetzt direkt zu mir geführt hat.«
    »Ich muss Sie bitten, unsere Kollegen zu begleiten.« Albrecht Skorubski forderte bereits über Handy einen Streifenwagen an.
    Kramstätter nickte unbeeindruckt.
    Er war bereit.

27
    »Nanu, was wollen Sie denn noch von mir?«, empfing Frau Maul die beiden Ermittler grantig. »Ich habe heute erst später Dienst. Da nutze ich den Vormittag mal für mich!«
    »Frau Maul«, begann Nachtigall langsam, »wir haben leider eine schreckliche Nachricht für Sie.«
    Panik verdrängte den ärgerlichen Gesichtsausdruck, ihre Augen weiteten sich vor Schreck.
    »Wolfi? Ist ihm etwas passiert? Er war zum Frühstück nicht da und …« Ihre Stimme versagte. »Ich weiß, er schleicht sich manchmal weg, um sich mit Mandy zu treffen. Er glaubt, ich merke das nicht. Aber was soll ich sagen? Einer Mutter kann man nicht so leicht etwas vormachen, nicht wahr?«, plapperte sie entschlossen, um den Polizeibeamten keine Chance zu geben, ihr das Schreckliche zu erzählen. Etwas, das sie mit Sicherheit nicht hören wollte. Etwas, das sie nie und nimmer erfahren wollte.
    »Wir haben Ihren Sohn Wolfgang heute am frühen Morgen tot im Forst aufgefunden.« Nachtigall sah, wie alle Farbe aus dem Gesicht der Frau verschwand, selbst ihre Lippen wurden weiß. Er griff geistesgegenwärtig nach ihrem Arm und stützte sie, als sie zu schwanken begann.
    »Tot?«, hauchte Frau Maul fassungslos. »Tot?« Willenlos ließ sie sich zum Sofa führen und fiel in die Polster.
    »Ja. Es tut uns leid.«
    »Ein Wolf, ja? Eine von diesen Bestien hat ihn angefallen! Dabei war er so sicher, so etwas könne nie passieren! Ein schrecklicher Irrtum …«, sagte sie mehr zu sich selbst als zu den beiden Beamten. Mit fahrigen Bewegungen suchte sie in den Taschen ihrer Kittelschürze nach Taschentüchern. »Oder erfroren. Wahrscheinlich hat er über Stunden nur rumgesessen und nicht daran gedacht, dass er auskühlen könnte«, murmelte sie weiter, hatte endlich die Packung mit den Papiertaschentüchern gefunden und wischte sich über Augen und Wangen.
    »Nein, so war es nicht.« Der Hauptkommissar senkte seine Stimme. Ihm war bewusst, wie entsetzlich das, was er nun zu sagen hatte, für sie sein würde. »Weder wurde Ihr Sohn von einem Wolf angegriffen noch ist er erfroren. Jemand hat ihn ermordet.« Besorgt beobachtete Nachtigall, wie die Mutter diese neue, unfassbare Information aufnehmen würde. Sie zitterte plötzlich am ganzen Körper, bemerkte er beunruhigt, ihre Augen begannen zu flackern. Rasch bedeutete er Skorubski, er möge einen Arzt verständigen.
    »Nein, das ist ganz und gar unmöglich«, flüsterte Friederike Maul.
    Ein blauer Wellensittich, der aus sicherer Entfernung die Szene beobachtet hatte, nahm offensichtlich die angespannte Situation im Wohnzimmer wahr. Er hüpfte aufgeregt von Stange zu Stange, pickte nervös an den Stäben seines Käfigs und begann unvermittelt, eine sanfte Melodie zu pfeifen. Vielleicht, dachte Nachtigall, wollte er damit die unruhigen Wogen im Raum glätten.
    Nach langem Schweigen fragte Frau Maul: »Mein Wolfi kommt also nicht zurück?«
    »Nein. Ich weiß, wie furchtbar das für Sie sein muss.«
    »Was wissen Sie denn schon von mir? Nichts! Mein Sohn war mein Ein und Alles! Ich habe nur ihn!«
    Sie starrte vor sich hin. »Wie?«, flüsterte sie.
    »Jemand hat ihn erschlagen«, sagte Nachtigall und fügte nach kurzem Zögern hinzu: »Es ging schnell. Er hat sein Sterben wohl nicht mitbekommen.«
    »Schnell gegangen, nichts gemerkt, schnell gegangen, aus und vorbei, schnell gegangen …«, wiederholte Frau Maul monoton.
    »Wer könnte das getan haben? Hatte Ihr Sohn Feinde?«
    Sie starrte durch ihn hindurch, vielleicht war ihr gar nicht bewusst, dass man ihr eine Frage gestellt hatte. Der Wellensittich flatterte in heller Aufregung in seinem Käfig herum, landete schließlich am Gitter, legte den Kopf leicht schräg und beäugte den Cottbuser Hauptkommissar misstrauisch.
    »Ich bin nicht schuld«, versicherte Nachtigall, doch der Vogel rückte skeptisch von ihm ab, als er seinen Finger zwischen den Stäben hindurchschob. Vielleicht konnte er den Geruch von Katzen noch wahrnehmen. Aber wahrscheinlich wusste solch ein Käfigvogel nichts von pelzigen Raubtieren.
    »Gab es jemanden, der Ihren Sohn gehasst hat? Mit dem er im Streit lag?«, versuchte Nachtigall es erneut.
    Frau Maul

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