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Gurkensaat

Gurkensaat

Titel: Gurkensaat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F Steinhauer
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hob unerwartet den Kopf, sah ihn kalt an und drohte: »Der, der meinem Wolfi das angetan hat, wird dafür büßen! Das schwöre ich!«
    Dann verlor sie das Bewusstsein.
     
    Albrecht Skorubski steckte den Kopf zur Tür herein. Hinter ihm drängte sich jemand durch und kniete neben der ohnmächtigen Frau nieder.
    »Der Arzt ist gerade gekommen – wie du siehst.« Vorwurfsvoll starrte er auf den Rücken des Neuankömmlings, der inzwischen seinen Arztkoffer geöffnet hatte und geschäftig mit einem Stethoskop hantierte. »Und Michael hat angerufen. Er ist im Büro. Es gibt eine ältere Akte zu Gieselke. Stell dir vor: Er wurde doch erpresst!«

28
    »Erpressung! Also doch! Warum haben Sie uns das nicht längst erzählt?«
    »Weil das eine alte Geschichte ist. Die hat nicht das Geringste mit der Ermordung meines Enkels zu tun. Nicht das Geringste!«
    »Ach, und das können Sie natürlich beurteilen?«
    »Ja!«
    Wutschnaubend standen sich Peter Nachtigall und Olaf Gieselke im Flur des Herrenhauses gegenüber.
    »Ich versuche hier eine Mordermittlung durchzuführen! Wir sind nicht im Kindergarten, wo man sich Geheimnisse noch leisten kann! Sie behindern meine und die Arbeit meiner Kollegen.«
    Albrecht Skorubski stand etwa zwei Schritte von den beiden Männern entfernt und sah ratlos vom einen zum anderen. Sollte er sich einmischen oder warten, bis einem von ihnen die Puste ausging und sich das Gespräch ruhiger fortsetzen ließ? Er hatte seinen Freund selten so wütend erlebt. Damals, als sie herausfanden, dass eine Gruppe von Leuten einem jungen Mädchen nachspioniert hatte, um es in den Selbstmord zu treiben, ja, da war er ähnlich in Rage geraten, erinnerte er sich. Aber das war schon lange her.
    »Diese Erpressungsgeschichte richtete sich gar nicht wirklich gegen mein Unternehmen. Sie betraf einige kleine Läden, die mit regional typischen Produkten handelten. Zufällig wählte der Kerl meine Gurken aus, um den Geschäften zu schaden.« Olaf Gieselke bemühte sich um einen versöhnlicheren Ton.
    »Nein, Herr Gieselke. Wir haben das recherchiert. Die Behörden gingen davon aus, dass sich die Anschläge sehr wohl gegen Ihre Firma richteten. Leider waren Sie schon damals nicht gerade kooperationsbereit«, widersprach Nachtigall vehement.
    »Meine Familie, Herr Nachtigall, löst Konflikte dieser Art seit altersher allein und ohne Unterstützung von außen!« Gieselkes rechte Augenbraue zuckte unkontrolliert. »Darauf waren wir noch nie angewiesen! Mit so einem miesen Erpresser wird ein Gieselke in jedem Fall fertig!«
    »Wir haben gehört, einige große Firmen aus den alten Bundesländern wären bereit, eine stattliche Summe für Ihr geheimes Gurkenrezept zu bezahlen.«
    »Ach – so etwas haben Sie gehört?«, höhnte der Hausherr. »Sie sollten nicht alles, was man Ihnen erzählt, unbesehen glauben. Das ist Humbug!«
    »Vor wenigen Stunden haben wir Wolfgang Maul im Wald gefunden. Mit eingeschlagenem Schädel. Der Gerichtsmediziner ist in diesen Minuten vor Ort. Haben die beiden Morde etwas mit den Gurken zu tun, Herr Gieselke?«, fragte Nachtigall gefährlich leise.
    Olaf Gieselke sah mit einem Mal alt aus. Sein Gesicht war grau, die Züge eingefallen. »Mit meinen Gurken hat das alles nichts zu tun!«
    Skorubski hatte den Eindruck, Olaf Gieselke sei geschrumpft. Doch das währte nur einen kurzen Moment, dann straffte er seinen Körper, richtete sich kerzengerade auf.
    »Niemals tötet jemand für Gurken!«, fügte er patzig hinzu. Er sah dem Hauptkommissar direkt in die Augen und wiederholte mit fester Stimme: »Niemals!«
    »Haben Sie den Erpresser damals bezahlt, um ihn loszuwerden? Er hatte immerhin menschliche Augen und abgetrennte Finger in Ihre Gurkengläser geschmuggelt. Das war sicher ziemlich geschäftsschädigend.«
    »Nein! Keinen Cent!«
    »Was wusste Wolfgang Maul über die Erpressung und das geheime Rezept?«, blieb Nachtigall stur am Thema.
    »Nichts – hoffe ich. Wir diskutieren Firmeninterna nicht mit Gärtnergehilfen!«
     
    Nachtigalls Handy brummte, als er gerade, noch immer zornig, das Haus Gieselke verließ.
    »Nachtigall!«, blaffte er und schob gleich ein »Entschuldigung« hinterher.
    »Michael. Nanu, hat’s Ärger g’ebe?«
    »Ja, nicht zu knapp. Das erzählen wir dir gleich, wenn wir wieder im Büro sind. Tatwaffe habt ihr keine gefunden?«
    »Nein. Dr. Pankratz ist noch draußen und sieht sich um. Du kennst ihn ja, immer supergründlich. Aber deswegen ruf ich eigentlich nicht an.

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